Am nächsten Morgen wachte ich davon auf, dass jemand mir die Decke wegzog.
„Wenn du jetzt nicht aufstehst bekommst du nichts mehr zu essen.", rief Mandy und ich drehte mich murrend weg. Dann schlichen sich die Ereignisse von letzter Nacht wieder in meinen Kopf und am liebsten wäre ich nie aufgestanden.
„Clarisse, komm, die anderen warten schon!"
Mandy setzte sich neben mich aufs Bett, als ich mir die Decke, die ich vom Boden wieder auf mein Bett gezerrt hatte, wieder bis zu meiner Nasenspitze zog und mich zusammenrollte. Am liebsten wäre ich wieder in Tränen ausgebrochen.
„Was ist passiert?", fragte Mandy jetzt sanfter und ich grummelte leise.
„Warum merkst du immer, wenn irgendwas passiert ist?"
Mandy lächelte.
„Ich bin doch nicht umsonst deine beste Freundin, oder?"
Ich schüttelte den Kopf, bevor ich stöhnend den Kopf in den Nacken schob und einige Sekunden lang so liegen blieb.
„Was glaubst du, was Dracos Problem ist?"
Mandy sah mich einfach nur an.Wir redeten nicht oft über Draco, meistens nur, wenn Terry sich über ihn beschwerte, aber kein anderer erwähnte auch nur seinen Namen. Er war so etwas wie ein Tabuthema bei uns, welches keiner häufig anschnitt. Und eigentlich bemerkte auch keiner wie sehr Draco mich beschäftigte. Keiner, außer Mandy. Und das, obwohl ich nie mit ihr darüber redete.
Jetzt nickte sie kurz.
„Ich glaube er hat Angst."
Ich hob eine Augenbraue.
„Hast du nen Schaden?"
Mandy lachte kurz leise auf.
„Nein, ich meine es ernst. Ich glaube, er hat Angst!"
Ich schüttelte den Kopf.
„Als ob. Wovor sollte er denn Angst haben?"
Mandy sah aus dem Fenster.
„Davor, dass du ihn dazu bringst, dass er so ist, wie er ist. Wenn du bei ihm bist, flackert seine gute, seine echte Seite auf, die von seinen Eltern unterdrückt wird und die weder Parkinson, noch seine dümmlichen Freunde sehen sollen. Ich glaube, er ist nur so wütend auf dich-"
„Woher weißt du das er wütend auf mich ist? Wir haben nie darüber geredet!"
Mandy zuckte die Schultern.
„Ich beobachte ihn. Und dich auch."
„Okay, das ist gruselig!"
Mandy lachte.
„Ich meinte, dass man viel sieht, wenn man wenig redet."
Ich sah sie nachdenklich an, dann riss sie mich aus meinen Gedanken, indem sie weiterredete.
„Also ich glaube, er ist nur so wütend auf dich, weil du aus ihm herausholst, was er unterdrückt. Und das will er nicht."
Ich sah aus dem Fenster, gegen das jetzt Regen peitschte.
„Aber woher soll er denn wissen das ich diese Seite in ihm hervorhole, wenn er nie mit mir redet?"
Mandy sah mich wieder an.
„Erinnerst du dich noch an deinen allerersten Abend hier? An den Abend, an dem wir uns kennengelernt haben?"
Ich nickte.
„Da warst du sehr gut mit Draco befreundet. Ich habe erst gedacht, ihr würdet euch schon ganz lange kennen, so vertraut saht ihr aus. Ihr habt gelacht und geredet und euch angesehen, als währt ihr schon seit Jahren befreundet. Ich glaube, als du dann nach Ravenclaw kamst, hat er plötzlich bemerkt, wie er war, als du bei ihm warst, und sich abgewandt. Er hatte Angst, dass du ihn veränderst, weil er Angst davor hat, verändert zu werden."Ich sah Mandy einige Sekunden lang an, dann stand ich auf und zog mich an.
„Und was, wenn das alles nicht wahr ist und er einfach nur sauer auf mich ist, weil ich in Zaubertränke besser bin als er?"
Mandy lachte laut auf.
„Das glaubst du ja wohl selber nicht!"
Ich musste kurz grinsen.
„Aber..."
„Ich habe doch schon gesagt, wenn man nicht so viel redet, bekommt man viel mehr um sich herum mit!"
Ich verdrehte lächelnd die Augen.Als wir den Gemeinschaftsraum betraten, saßen die anderen an unserem Stammtisch und standen ungeduldig auf, als wir zu ihnen kamen.
„Wie lange braucht ihr bitte, um euch umzuziehen?", fragte Terry und ich grinste ihn an.
„Ich lag noch im Bett."
„Ja okay dann...", grinste Terry. „Das du faul bist, wissen wir ja schon."
Ich boxte ihm gegen den Arm und lachend verließen wir den Gemeinschaftsraum.„Jetzt mal im Ernst, warum habt ihr so lange gebraucht?", fragte Terry mich leise, als die anderen schon vorgingen. Ich hob die Schultern.
„Ich war eben müde, dann dauert das immer bis ich aufgestanden bin, habe ich doch schon gesagt.", versuchte ich mich rauszureden. Ich hatte keine Lust Terry von Draco zu erzählen. Er würde sowieso wieder ausrasten und mir vorwerfen, dass ich nicht loslassen könnte.
„Lüg doch nicht.", sagte Terry argwöhnisch und ich verfluchte ihn dafür, dass er mein bester Freund war und Lügen aufspüren konnte wie ein Lügendetektor.
„Terry, das war die Wahrheit!", sagte ich und irgendwo stimmte das ja auch.
Terry verdrehte die Augen.
„Okay, dann war es eben die Wahrheit, aber das erklärt nicht, warum ihr so-"
„Privatgespräche, okay?"
„Über dich?"
Ich seufzte.
„Warum sollte es um mich gegangen sein?"
„Weil Mandy nie über sich selbst redet, nur, wenn man sie dazu zwingt, und das dauert noch länger als die Zeit, die ihr gerade gebraucht habt."
Vielleicht war Terry nach Ravenclaw gekommen, weil er so verdammt gut kombinieren konnte.
„Du bist schrecklich!"
Terry grinste.
„Ich weiß"
„Aber deswegen wirst du noch lange nicht erfahren worum es in unserem Gespräch ging."
„Es ging um dich und es bedrückt dich.", stellte Terry fest.
„Wie kommst du darauf?"
Terry warf entnervt den Kopf in den Nacken.
„Mädel, du bist meine beste Freundin, ich sehe dir an wenn etwas ist."
Ich ging, stur geradeaus guckend, weiter.
„Clarisse"
Ich ignorierte Terry. Ich wollte nicht mit ihm über Draco reden.
Terry hielt mich am Arm fest.
„Clarisse!"
Ich blieb stehen.
„Was?"
Terry sah mir in die Augen.
„Geht es dir gut?"
Ich sah ihn sprachlos an.
„W...was?"
„Ob es dir gut geht."
„Ja klar.", log ich, sah ihn aber nicht an.
„Wirklich?" Terrys Stimme war plötzlich sanft. Ich spürte einen Kloß in meinem Hals aufsteigen und versuchte, meine Tränen zu unterdrücken, die plötzlich ohne jeden Grund in mir aufstiegen.
„Ja", sagte ich tonlos, schüttelte aber, ohne es kontrollieren zu können, den Kopf.
Terry nahm mich in den Arm.
Ich fühlte mich hilflos, wie ich in seinen Armen hing, wie ein kleines Mädchen, aber in diesem Moment konnte ich mich nicht einmal dagegen wehren das mir eine Träne von den Wimpern tropfte und heiß über meine Wange lief.
Terry strich mir sanft über den Rücken und ih fühlte mich so undankbar, weil ich ihn nie in den Arm nahm, wenn es ihm schlecht ging, sondern er immer nur mich.
Ich löste mich von ihm.
„Terry..."
Terry schüttelte den Kopf.
„Schon okay."
Er nahm meine Hand und ein Gefühl der Geborgenheit wallte in mir auf. Ich drückte seine Hand und nebeneinander gingen wir den Korridor entlang zur nächsten Treppe.„Wie geht es deiner Mom?", fragte Terry mich leise, als wir um die Ecke bogen und sahen, dass die anderen am Ende des Flures auf uns warteten. Ich zuckte die Schultern.
„Ganz gut, denke ich."
Terry lächelte.
„Grüß sie im nächsten Brief lieb von mir."
Ich strahlte.
„Mach ich."Ich war Terry so unfassbar dankbar, dass ich es nicht in Worte fassen konnte. Ich war ihm dankbar dafür, dass er mich nicht mit meiner Mom verschonte, sondern einfach darauf ansprach, dankbar dafür, dass ich mit ihm über alles reden konnte (okay, alles außer Draco), dankbar dafür, dass er mein bester Freund und immer für mich da war. Ich war ihm dankbar dafür, dass er mich nicht verurteilte, dankbar, dass er mich behandelte wie sonst, auch wenn er wusste das es mir scheiße ging und dankbar dafür, dass er mich damals auf dem Weg von Hogsmeade zu den Boten nach Hogwarts aufgefangen hatte, als ich fast hingefallen wäre.
„Danke", murmelte ich leise. Überrascht sah Terry mich an.
„Du bedankst dich nie! Und vor allem nicht ohne Grund!"
Ich musste lächeln.
„Ich habe aber einen Grund."
„Und der wäre?"
Terrys Augen leuchteten.
„Alles."
Terry grinste und hob eine Augenbraue.
„Alles?"
„Danke für alles."
Terry lächelte, dann nahm er mich wieder in den Arm.
„Ich danke dir auch, Prinzessin"
Ich lächelte in seine Umarmung hinein und war glücklich, obwohl ich eigentlich unglücklich war.Als wir bei den anderen ankamen, sahen sie uns still und skeptisch an.
„Was ist los?", fragte ich und Anthony deutete auf Terrys und meine verschränkten Hände.
Terry grinste.
„Denkt ihr jetzt das wir zusammen sind?"
Mandy und Davis brachen in schallendes Gelächter aus.
„Oh mann, nein!"
Sue beobachtete und skeptisch und Padma hatte höhnisch eine Augenbraue hochgezogen und den Kopf ein wenig abgewandt.
„Euer Ernst?", fragte Terry und Padma lachte kurz falsch auf.
„Was soll unser Ernst sein? Hoffst du etwa, wir wären eifersüchtig?", fragte sie und Terry verdrehte die Augen, ignorierte sie und sah zu Sue, die immer noch nichts gesagt hatte. Als Terry sie ansah und aufmunternd einen Mundwinkel nach oben zog, lächelte sie widerwillig. Padma gab einen abwertenden Laut von sich, bevor sie mich kurz ansah und ich eine Augenbraue hob. Sie schüttelte nur den Kopf, drehte sich um und lief die Treppe hinunter in die Eingangshalle. Ich hilfesuchend zu Anthony, der nur die Schultern zuckte.„Karma", murmelte er, als ich an ihm vorbeiging. Ich hob überrascht die Augenbrauen.
„Warum?"
Anthony winkte ab.
„Egal"
Ich zuckte die Schultern. Wenn ich ehrlich war, interessierte es mich gerade relativ wenig, Padma und ihre Launen gingen mir nämlich ziemlich auf den Geist.
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he's just a boy
Fanfic*teil 1* Ich glaube, Draco Malfoy wird von vielen missverstanden, weil sie nicht sehen, was er eigentlich ist. Weil sie nur das sehen, was Harry sieht. Wie wäre es, wenn man die ganze Geschichte mal aus der Sicht eines Menschen sieht, der Draco über...