35

2.3K 115 37
                                    

Heute war das Wochenende der Quidditchauswahlspiele. Ich wusste, dass ich ganz okay war, deswegen wollte ich mein Glück versuchen. Vielleicht einfach nur mal zum Spaß. Genommen wurde ich wahrscheinlich sowieso nicht.

„Meinst du, wir kommen beide in die Mannschaft?", fragte Terry mich und ich musste lachen.
„Bestimmt nicht, wir sind nur Zweitklässler!"
Terry zuckte die Schultern.
„Na und? Wir haben geübt und Potter hat es auch schon im ersten Jahr geschafft!"
Ich zuckte die Schultern.
„Naja, mal gucken."
„Vielleicht ist er auch einfach ein Naturtalent.", sagte Terry und ich drehte mich zu ihm um.
„Vielleicht. Verdient hat er es nicht."
Terry seufzte.
„Mädchen..."
„Nenn mich nicht Mädchen. Terry, bei Potter trennen sich unsere Meinungen und das ist okay, also belass es dabei, ja?"
Terry nickte, dann hob er seinen Besen in die Luft.
„Wir rocken Ravenclaw!"
Ich lachte.
„Definitiv!"

Ich hätte es nie gedacht, aber ich schaffte es. Und was noch besser war, Terry schaffte es auch! Allerdings als Treiber und ich als Jägerin.

Ab jetzt war jeden freien Nachmittag, manchmal bis spät Abends, Training angesagt. Roger Davis war unser Kapitän und, sagen wir es so, er war nicht unbedingt mitfühlend. Hatte Terry Kopfschmerzen, weil er einen Klatscher gegen die Stirn bekommen hatte, zuckte Roger nur die Schultern und befahl mir, kurz mit Terry in den Krankenflügel zu gehen, ihn aber spätestens in zehn Minuten wiederzubringen. Wenn Cho Chang, die Sucherin, den Schnatz nicht fing und er irgendwo verschwand, wurde Roger wütend und hielt ihr einen Vortrag darüber, wie wertvoll Schnatze waren. Dann sah Cho den Schnatz meistens doch und flog mitten in Rogers Vortrag los, um ihn zu fangen, woraufhin Roger wütend wurde, weil dem Kapitän zuzuhören war. Wenn Darya den Quaffel über fünf Mal daneben warf, erwartete sie unten eine Standpauke von Roger, dass er sie nicht nochmal ins Team genommen hatte, damit sie Ravenclaw in den Ruin führte. Wenn ich den Quaffel fallenließ, um einem Klatscher auszuweichen, predigte er mir, wenn ich zu müde wäre, könne er nicht mit mir arbeiten.

Als wir eines Abends im Nebel trainierten, war es das erste Mal seit den Auswahlspielen, dass Roger keinen von uns zurechtwies. Er sprach sogar ein Lob aus, als wir uns kurz zur Teambesprechung auf dem Rasen trafen.

„Wow, heute seid ihr echt der Hammer. Wir nähern uns dem Niveau, das wir haben müssen, um die Slytherins zu besiegen." Dann merkte er offenbar, dass er soeben nett zu uns gewesen war. „Aber es reicht noch lange nicht. Ihr müsst mit eurem Besen eins werden, wenn ihr spielt. Wenn ich euch zugucke, sehe ich nur einen Schüler auf einem Besen, der in einer Schulmannschaft spielt. Ich erwarte mehr von euch, seid nicht ihr, seid nur der Spieler. In dem Moment, in dem ihr eure Besen besteigt, dürft ihr an nichts anderes mehr denken, außer daran, den Quaffel in die Tore zu werfen, die Klatscher von euren Mitspielern fernzuhalten, die Bälle von den Ringen wegzuhalten und den goldenen Schnatz zu fangen. Habt ihr mich verstanden?"
Terry und ich wechselten einen Blick, dann taten wir es den anderen gleich und nickten.

Als wir wieder auf unsere Besen stiegen, waren wir mit einer Energie gefüllt, wie sie nur ein Team haben konnte, welches wusste, wie es spielte.
Wir spielten zusammen, warfen uns den Quaffel zu, ohne ihn auch nur einmal fallen zu lassen, trafen das Tor, ohne auch nur einmal zu verfehlen und klatschten uns schnell genug ab, um den Quaffel sofort wieder aufzufangen. Die Treiber schlugen mit aller Kraft nach den Klatschern, sodass sie durch die Luft flogen, wie Wurfgeschosse und keinen von uns trafen, der Hüter fing jeden Quaffel, die er fangen musste und Cho hatte nach zehn Minuten den Schnatz gefangen.
Jetzt war er da. Der Teamgeist. Der Drang zu gewinnen, die Zusammenarbeit, die jeden einzelnen von uns in diesem Spiel wichtig machte.
Roger lobte uns.

Als wir lachend und uns unterhaltend den Rasen zum Schloss hinaufgingen, war ich glücklich. Wir würden dieses Spiel gewinnen!

Das war, bevor ich wusste, wer Slytherins neuer Sucher war.

Eines Nachmittags saß ich lesend im Schatten eines großen Baumes auf dem Hof und genoss die letzten warmen Sonnenstrahlen dieses Jahres, als ich das Gryffindorteam auf den Hof marschieren sah.
Und von der anderen Seite kam das Slytherinteam. Beide Mannschaften in ihren Teamumhängen. Das konnte kritisch werden.

Als die Mannschaften in unmittelbarer Entfernung von mir stehen blieben, ließ ich meinen Blick über die Teams gleiten. Gryffindor hatte dasselbe Team wie letztes Jahr, Oliver Wood als Kapitän und Hüter, Fred und George als Treiber, Angelina Johnson, Katie Bell und Alicia Spinnet als Jägerinnen und Harry Potter als Sucher. Bei den Slytherins stand Miles Bletchley als Hüter da, Marcus Flint, der Kapitän, zusammen mit Adrian Pucey und Tom Levoy als Jäger, Damian Armstrong und Blake Cooper als Treiber und... Draco Malfoy als Sucher.

Mir stockte für einen Moment der Atem. Was tat Draco da? Warum war er in der... naja, ich war schließlich auch in die Mannschaft gewählt worden.

Die Kapitäne der beiden Teams fingen an zu streiten und Flint erzählte bestimmt und überheblich, sie müssten ihren neuen Sucher ausbilden. Draco wurde durchgelassen und grinste selbstsicher. Aus dem Gespräch entnahm ich, dass Dracos Vater, Lucius Malfoy, wie ich wusste, der ganzen Mannschaft neue Besen spendiert hatte.
Hermine Granger und Ron Weasley kamen dazu und Hermine erklärte bissig, dass sich aus der Gryffindormannschaft wenigstens niemand einkaufen musste, wo ich ihr, zu meinem eigenen Unwillen, zustimmen musste.
Draco machte einen Schritt auf Granger zu, dann sah er mich. Ich sah plötzlich Wut in seinem Blick aufflammen. Und diese Wut legte er in die hasserfüllten Worte, die er nun zu Hermine Granger sagte.
„Keiner hat dich nach deiner Meinung gefragt, du dreckiges kleines Schlammblut!", zischte er. Ich starrte ihn an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Am liebsten hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen. Natürlich mochte ich Granger nicht, aber er konnte sie nicht Schlammblut nennen! Tränen schimmerten in Grangers Augen, als Fred und George wütend auf Draco zustürzten und Flint sich vor Draco stellte, damit Fred und George Draco nicht schlugen. Alicia Spinnet rief etwas wie „Wie kannst du es wagen" und Ron Weasley zog seinen, wie ich jetzt sah, mit Tesafilm zusammengehaltenen Zauberstab.
„Dafür wirst du bezahlen, Malfoy!", sagte er wütend und richtete seinen Zauberstab auf Draco. „Spuck Schnecken!" Doch der Zauberstab gab einen seltsamen grünen Strahl ab, der nicht Draco, sondern Ron selbst traf. Dieser wurde einige Meter nach hinten geschleudert und blieb dort liegen. Hermine Granger schrie auf.
„Ron, Ron! Alles in Ordnung bei dir?"
Sie lief zu ihm und hockte sich neben ihn. Die anderen Mannschaftsmitglieder versammelten sich um ihn herum und ich sah, dass Ron Weasley kurz vor dem Kotzen stand. Und zwar wirklich. Er beugte sich zur Seite und übergab sich. Aber statt Erbrochenem kam aus seinem Mund eine große, schleimige Schnecke.
Angewidert sah ich weg.
Die Slytherins lachten höhnisch, doch Dracos Blick ruhte auf mir. Ich klappte mein Buch zu und stand auf.
Als ich auf Draco zuging, verschwand das Grinsen von seinem Gesicht. Ich nahm seinen Arm und zog ihn einige Meter von den anderen weg.
„Was habe ich dir getan das du so sauer auf mich bist?", fragte ich wütend. Draco sah mich an und es war, als würde plötzlich ein Schalter in seinem Kopf umgelegt werden. Er ballte die Hände zu Fäusten und setzte zum Sprechen an, aber Flint zog ihn, immer noch lachend weg. Draco sah mich noch einmal hasserfüllt an, dann drehte er sich zu Flint um und lachte wieder.
Dreckskerl.

Dracos Beschimpfung an Hermine ging mir noch lange im Kopf herum. Warum hatte er das gesagt? Ich wusste, dass es ihm herausgerutscht war, weil seine Wut auf mich in ihm aufgeflammt war, aber warum? Warum war er so sauer auf mich? Was hatte ich getan? Er war der, der mich ignorierte, nicht umgekehrt.

he's just a boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt