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Am Abend machte ich mich auf den Weg zu Snapes Büro. Ich war gespannt, worüber er mit mir reden wollte und irgendetwas ihn mir hoffte, dass Draco auch da sein würde. Ich hätte mich für diesen Gedanken am liebsten selbst geohrfeigt, aber wie wahrscheinlich jeder weiß, kann man Gedanken, vor allem nicht so welche, nicht einfach abstellen.
Als ich durch die unterirdischen Gänge ging, begegnete ich keinem.
Wie zur Beruhigung summte ich leise vor mich hin. Solange es keiner hörte, war es doch egal. Doch, bei meinem Glück, begegnete mir schon nach der nächsten Ecke ein grinsender Draco.

„Schöne Stimme, Clarisse.", sagte er und hob höhnisch die Augenbrauen. Ich ignorierte ihn und ging an ihm vorbei weiter in Richtung von Snapes Büro.
„Was will Professor Snape von dir?", fragte Draco und lief neben mich, sodass wir nebeneinander durch die Kerkergänge gingen. Ich ignorierte Draco noch immer und ging schneller. Ich wusste nicht, was er von mir wollte. Es war mir auch egal. Er sollte machen, was er wollte und mich in Ruhe lassen.
„Warum ignorierst du mich?"
Ich antwortete noch immer nicht und beschleunigte meine Schritte noch weiter.
„Clarisse Cole!"
Ich blieb stehen und fuhr zu Draco herum.
„Lass mich in Ruhe! Entweder, du redest mit mir und wir sind Freunde oder du redest nicht mit mir und lebst dein eigenes Leben.", zischte ich und ging weiter. Draco folgte mir.
„Clarisse, ich bin nicht derjenige der herum zickt!"
„Ach Draco halt den Mund!", zischte ich und klopfte an die Tür zu Snapes Büro. Draco blieb hinter mir stehen. „Was machst du noch hier?", fragte ich ungehalten und Draco grinste arrogant.
„Professor Snape hat mich zu ebenfalls in sein Büro eingeladen. Er sprach von Samstag Abend."
Ich ballte meine Hände zu Fäusten und setzte gerade zu einem bissigen Kommentar an, als Snape die Tür öffnete.
„Guten Abend, Ms. Cole, guten Abend Mr. Malfoy.", sagte er und bat uns mit einer Geste, einzutreten.
Ich war noch nie in Snapes Büro gewesen. In deckenhohen Regalen standen Einmachgläser mit gelben Flüssigkeiten darin, in denen leblose Körper von ekelhaften Wesen schwammen. Ein lila dampfender Kessel stand über dem Feuer und in den Regalen standen Bücher. Auf dem Schreibtisch lagen beschriebene Pergamente und Briefe, die noch nicht abgeschickt worden waren. Snape schob die Pergamente und die Briefe zusammen und legte sie in eine Schublade in seinem Schreibtisch, dann deutete er auf die beiden Stühle vor seinem Schreibtisch.
„Setzt euch doch."
Ich ließ mich widerwillig auf den Stuhl sinken und unterdrückte den Drang, von Draco wegzurutschen, der sich lässig auf seinen Stuhl gesetzt hatte.
„Also, was mach ich hier und warum ist die", Draco nickte mit seinem Kopf in meine Richtung und sah mich nicht einmal an. „auch hier?"
Snape hob eine Augenbraue und setzte sich auf einen Stuhl hinter seinem Schreibtisch.
„Sie beide sind, wie schon gesagt, meine besten Schüler, aber in letzter Zeit sind sie nicht bei der Sache. Ich würde von beiden gerne wissen, was sie so beschäftigt, dass sie nicht einmal in meinem Unterricht richtig mitarbeiten können.", sagte Snape und ich betrachtete meine Fingernägel, während Draco die Arme vor der Brust verschränkte.
„Also?", fragte Snape kühl und ich sah demonstrativ in eine andere Richtung. Ich würde ganz bestimmt nicht über meine Mutter oder über meinen Bruder reden, vor allem nicht, wenn Draco dabei war.
„Draco, was ist mit ihnen?"
„Das geht sie nichts an.", sagte Draco kühl. Und nickte mit dem Kopf wieder in meine Richtung.
Sie hat auch einen Namen!", zischte ich. Draco warf mir einen abfälligen Blick zu.
„Dann geht Clarisse für einen Moment raus. Ist das okay für sie?", fragte Snape an mich gewandt und ich zuckte die Schultern, dann stand ich auf und verließ das Büro wieder. Wozu war ich gekommen? Ich spielte mit dem Gedanken, einfach zu gehen, aber dann riss ich mich zusammen und setzte mich, den Rücken an die kalte Mauer hinter mir gelehnt, auf den Boden.

Etwa zehn Minuten später öffnete sich die Tür und Draco kam heraus. Als er mich sah, sagte er nichts, warf mir aber einen kalten Blick zu. Dann setzte er sich auf der anderen Seite der Tür auf den Boden. Ich stand auf und betrat das Büro. Die Tür fiel wie von selbst hinter mir ins Schloss und Snape bedeutete mir, mich hinzusetzen.
„Ihre Mutter... ich habe gehört es geht ihr schlechter!?"
Ich starrte Snape an.
„Woher wissen sie das?"
„Ihr Vater, Clarisse. Man könnte es Freundschaft nennen. Er will, dass ich auf seine Kinder, also sie und Claire, aufpasse, damit ihr nicht aus Verzweiflung den Unterricht vernachlässigt. Und hier bin ich. Ich hoffe, ich kann ihnen irgendwie helfen. Wollen sie darüber reden?"
„Woher kennen sie meinen Vater?"
„Er war einer der wenigen der mit mir geredet hat, zu unserer Schulzeit. Ich war... nicht gerade ein angesagter Schüler. Lily Evans, jetzige Lily Potter, und dein Vater waren die einzigen, die ich als Freunde bezeichnen konnte.", sagte Snape und ein seltsam einsamer, fast trauriger Ausdruck trat in seine Augen.
„Sie... sie waren ein Außenseiter?" Ich konnte mir die Frage einfach nicht verkneifen.
„Ich... man kann es nennen wie man will, aber jetzt bin ich hier und habe ihrem Vater versprochen, ihnen zu helfen. Also, wollen sie darüber reden?"
Ich starrte auf einen Punkt auf dem dunklen Holz des Schreibtisches. Mein Vater war mit Snape befreundet gewesen? Und der sagte mir, ich solle mich mit keinen Slytherins anfreunden?
„Sie wissen ja schon alles.", sagte ich leise. Snape sah mich an und es sah aus als würde er sich wirklich um mich sorgen. Als würde er wirklich wollen, dass es mir besser ging.
„Ich weiß nur das, was dein Vater mir erzählt hat.", sagte Snape.
Ich fuhr mir durch die Haare, dann sah ich zur Tür.
„Ich... naja, dachte eigentlich das Draco und ich befreundet wären, aber jetzt behandelt er mich wie Dreck. Ich weiß nicht, was es ist, aber irgendwie tut es weh. Vielleicht wissen sie, wie sich das anfühlt, wenn jemand, der einem sehr wichtig ist, plötzlich so tut, als wäre man nie da gewesen..."
Snape starrte mich an, dann nickte er.
„Ich weiß, wie es sich anfühlt. Man fühlt sich verraten, allein, man ist traurig. Man hat Angst, diese Person für immer verloren zu haben. Man will nichts mehr, außer das diese Person einen nicht mehr behandelt wie den letzten dreckigen Straßenköter!"
Ich starrte Snape an und plötzlich tat er mir Leid.
„Wer war es bei ihnen?"
„Ich bin immer noch ihr Lehrer, Clarisse!"
„Und sie sind der einzige wirkliche Freund meines Vaters!"
„Lily Evans."
Ich hob meinen Blick und sah in Snapes schwarze Augen, die so voller Sehnsucht waren. Wie konnte er die Mutter eines Jungen geliebt haben, den er hasste?
„Potters Mutter.", sagte ich leise. Snape sagte nichts.

„Holen sie Mr. Malfoy herein.", presste er nach einigen Minuten Stillschweigens heraus und ich stand leise auf.
„Komm", sagte ich kühl, als ich die Tür geöffnet hatte. Draco sah zu mir hoch, dann stand er auf und plötzlich stand er viel zu nah vor mir. Ich stolperte irritiert ein paar Schritte zurück, dann drehte ich mich zu Snape um, der uns beobachtete, und setzte mich auf einen Stuhl. Draco tat es mir gleich, doch irgendetwas war anders als sonst. Also noch mehr anders. Die Luft war wie elektrisiert.

he's just a boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt