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Heute würde das erste Quidditchspiel der Saison sein. Ravenclaw gegen Slytherin.

Als ich an diesem Samstagmorgen aufstand, war mir schlecht.
Heute würde ich gegen Draco spielen.

Ich saß neben Terry am Tisch und keiner von uns rührte sein Essen an.
„Leute, ihr müsst was essen!", sagte Sue und deutete auf mein Schokocroissant.
„Keinen Hunger.", sagten Terry und ich gleichzeitig. Sue sah uns mitfühlend an.
„Ich weiß das ihr aufgeregt seid, aber wenn ihr nichts esst, dann werdet ihr vom Besen fallen!"
Ich presste die Lippen aufeinander. Das mir nicht schlecht war, weil ich gleich spielen musste, sollte weder Sue, noch Terry erfahren.
„Ich..."
„Nichts ich. Essen!", sagte Sue energisch und schob uns unsere Teller hin.
Terry, dessen Gesicht blass war und dessen Augen ständig fast ängstlich hin und her huschten, hob den Blick nicht von seinen verknoteten Händen.
„Terry", sagte ich so leise, dass die anderen es nicht hörten.
Terry drehte seinen Kopf zu mir, die Lippen, ähnlich wie ich vor einigen Sekunden, aufeinander gepresst.
„Was?", fragte er, ebenso leise.
„Du musst etwas essen! Bitte. Wenn du keine Kraft hast..."
„Du bist bescheuert! Du musst genauso etwas essen wie ich."
„Ich... glaube ich frage jemand anderen ob er für mich spielt. Ich kann nicht spielen."
Terry sah mich ungläubig an, dann, ganz langsam, hoben sich seine Mundwinkel und er fing an zu lachen.
„Du hast einen riesengroßen Schaden!"
Ich starrte ihn an.
„Terry, das war mein Ernst! Ich werde nicht spielen. Nicht gegen Slytherin!"
Terrys Grinsen verschwand sofort.
„Nur weil Malfoy in der Slytherinmannschaft spielt? Nur, weil du es nicht aushältst, dass ihr schon seit einem Jahr nicht mehr befreundet seid?", fragte Terry wütend. „Ich bin dein bester Freund und glaubst du, wenn du nicht dabei bist, werde ich auch nur auf meinem Besen sitzen können, geschweige denn einen Schläger in der Hand halten können?"
Ich sah ihn an, dann sah ich zu Draco, der gelassen in einen grünen Apfel biss.
Plötzliche Wut durchfuhr mich.
„Okay, ich werde spielen. Aber nur, wenn du mir einen Gefallen tust!"
Terry sah mich mit großen Augen an.
„Und der wäre?"
„Schleuder Draco einen Klatscher in die Fresse!"

Das war der Moment, in dem meine Wut siegte. Der Moment, in dem sich der Schleier von meinen Augen hob und mich die Wahrheit sehen ließ. Draco. Und zwar nicht als den netten Jungen, der sich im Zug mit mir unterhalten hatte und mit mir zusammen aufgeregt war, als wir in der Großen Halle standen, diesen Jungen gab es nicht mehr. Nein, jetzt sah ich, was er wirklich war. Er war ein Arschloch. Er war feige, bekam nichts ohne seine dummen, hässlichen Freunde auf die Reihe und war viel zu stolz, als dass er auch nur ein einziges Mal zugeben konnte, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er war zu stolz um sich zu entschuldigen und zu stolz um zu zeigen das auch er Schwächen hatte.

Das war der Moment, in dem ich begann, seinen Hass zu erwidern.

Wenn er mich ignorierte, dann ignorierte ich ihn eben auch.
Wenn er mich beschimpfte, beschimpfte ich ihn eben auch.
Wenn er gemein zu mir war, war ich eben auch gemein zu ihm.

Als ich neben Terry den Rasen zum Stadion hinunterlief, waren wir beide bester Laune. Ich, weil ich Draco endlich hinter mir gelassen hatte und Terry aus dem selben Grund.

„Ich werde deinen Gefallen mit Gefallen erfüllen.", grinste er, als wir die Kabine betraten, in der wir uns unsere Umhänge überwarfen.
„Das ist wunderbar!", grinste ich und band meine Haare zu einem Zopf.
Terry beobachtete mich grinsend, dann deutete er zu Roger, der aufgestanden war.

„Dieses Spiel ist wichtiger, als fast alle anderen! Dieses Spiel entscheidet, ob ich eine gute Mannschaft gewählt habe, oder nicht. Und wenn ihr euch als Reinfall herausstellt, werdet ihr nicht einfach so davonkommen! Habt ihr mich verstanden?"
Ich sah, dass Terry neben mir sich eine Bemerkung verkniff und auch ich war kurz davor die Hände zu heben und zu rufen: „Gnade, Gnade, es tut uns Leid, wir wollten sie nicht so mit unserer Anwesenheit belasten, Herr! Wir bitten um Verzeihung!". Aber ich unterließ es. Vielleicht war es in manchen Situationen besser, die Klappe zu halten.
Deswegen nickte ich nur ergeben, wie es auch die anderen taten.
„Aber da ich weiß, dass diese Worte bei euch nichts bringen," Fehlte nur noch das er „Volk" dahintersetzte. „werde ich euch das sagen, was beim letzten Mal euren Teamgeist gefördert hat: Werdet eins mit eurem Besen! Vergesst, dass ihr eigentlich eine Affäre mit einem eurer Gegenspieler habt oder das einer der Gegenspieler euer bester Freund ist! Werdet der Jäger, der den Quaffel in die Ringe befördern muss, der Treiber, der die Klatscher von den anderen Spielern fernhalten muss, der Hüter, der die Ringe vor Angriffen schützen muss und der Sucher, der den goldenen Schnatz fangen muss!
Cho, Malfoy ist noch jung, ich weiß nicht, ob er schnell und wendig genug ist, den Schnatz zu sehen und dann auch zu fangen. Außerdem weiß ich nicht, ob er wirklich so gut ist, wie er vorgibt zu sein, es geht das Gerücht um, dass er sich mit Besen in die Slytherinmannschaft eingekauft hat, das würde heißen, dass er nicht wegen seines Talents in der Mannschaft ist! Also wisse immer, du bist deinem Gegner überlegen!"
Jetzt musste ich mich wirklich zusammenreißen, um nicht laut loszuprusten. Terry zerquetschte meine Hand, als würde er alle Kraft, nicht zu lachen, in seine Hände fließen lassen.
„Und Clarisse, du bist nicht umsonst in dieser Mannschaft! Du bist eine begabte Spielerin, zweifle nie wieder an deinen Künsten, ja?"
Ich sah ihn überrascht an, dann nickte ich.
„O...okay!?"
Terry grinste mich an und ich musste lächeln.
Dieses Spiel würden wir gewinnen!
Roger sprach auch Terry gegenüber ein Lob aus, er habe wirklich viel Kraft in seinen Armen, dann stand er auf.
„Jetzt müssen wir raus."
Ich spürte, wie die Aufregung im ganzen Raum anfing, wie Wellen über unseren Köpfen zusammenzuschlagen.
„Gruppenumarmung!", sagte Darya bestimmt und ich sah Roger die Augen verdrehen.
Wir alle standen auf und umarmten uns in der Mitte des Raumes.
Aufregung hielt uns zusammen, Nervosität ließ uns uns an den neben uns klammern, der Drang zu gewinnen, ließ jeden von uns tapfer lächeln.

„Wir können das!", sagte Roger leise, sehr leise. Jeder von uns nickte.
„Ja", sagten einige von uns zustimmend, andere nickten nur und schluckten.

Dann öffnete sich das Tor und wir flogen ins Stadion.

Das Spiel fing an, sobald Madam Hooch in ihre Pfeife geblasen hatte.
Vierzehn Besen erhoben sich in die Luft und flogen auf ihre Positionen.
Ich stand gegenüber von Adrian Pucey in der Luft und sah ihm in die Augen. Er starrte mich an und sobald Madam Hooch erneut pfiff und der Quaffel in die Luft geworfen wurde, stürzten sich sechs Jäger gleichzeitig darauf.
Darya fing ihn auf und flog durch die Slytherins hindurch und auf die Ringe zu. Als Marcus Flint auf sie zugeflogen kam, sah sie kurz zu mir und warf den Quaffel dann Noel zu, der ihn geschickt auffing und einen Bogen über das ganze Feld zog. Ich blieb in einigem Abstand unter ihm, damit die Slytherins unseren, einzig mit Blicken ausgefochtenen Plan nicht durchschauten. Sobald Marcus Flint und Tom Levoy auf ihn zusteuerten und versuchten ihm den Ball aus der Hand zu schlagen, ließ Noel ihn fallen und ich fing ihn unter ihm auf. Ich sah mich nicht um, als ich auf die Ringe zuflog, die sich jetzt vor mir auftaten wie riesige Mäuler, die jeden Ball fraßen, den sie kriegen konnten, denn jede Sekunde Ablenkung hätte den Slytherins genügt um mich einzuholen.
„Und hier bekommt ihr euren Quaffel!", murmelte ich, bevor ich nach vorne schoss und den Quaffel durch die linke Ecke des rechten Ringes warf. Miles Bletchley, der Hüter, sah verwirrt vom Ring, durch den der Quaffel geflogen war, zu mir und wieder zurück, aber ich hatte keine Zeit ihm zuzurufen, dass er mich, nur weil ich klein und erst zwölf war, nicht unterschätzen sollte. Ich flog zu Noel und klatschte ihm ab, bevor dieser den Quaffel wieder zugeworfen bekam.
„10 Punkte für Ravenclaw!", hörte ich Lee unten auf der Tribüne schreien und das Publikum jubelte. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, bis ich bemerkte, dass ein Klatscher direkt auf mich zuflog. Ich wusste nicht, von wem er gekommen war, aber ich wusste, dass ich ausweichen musste.
Also warf ich mich zur Seite und der Klatscher sauste zischend an mir vorbei. Terry, der jetzt vor mir aufgetaucht war, das Gesicht grimmig und den Schläger bereit, murmelte irgendetwas von umbringen und Slytherin. Ich verdrehte grinsend die Augen und fing den Quaffel auf, den Darya mir zuwarf.

Keine zwanzig Minuten später stand es siebzig zu dreißig für Ravenclaw und ich sah Roger vor seinen Ringen strahlen.

Und schließlich, nach drei weiteren Toren für uns und zwei weiteren für Slytherin, fing Cho den Schnatz.
Das Spiel hatte gerade einmal eine Dreiviertelstunde gedauert!
Glücklich landete ich auf dem Boden und umarmte Terry lange, der mit ausgebreiteten Armen auf mich zugelaufen war.

„Prinzessin von Hogwarts, sie waren großartig!", murmelte er in meine Haare. Ich musste lachen.
„Oh, sie auch, verehrter Bruder!"
Lachend lösten wir uns voneinander und ich umarmte Noel, der mich grinsend darauf hindeutete, dass Draco einen Klatscher ins Gesicht bekommen hatte und Cho den Schnatz deswegen vor ihm wegschnappen konnte. Grinsend drehte ich mich zu Terry um, der beide Daumen in die Luft hob. Ich musste lachen, aber irgendeine verhasste Stelle in mir hoffte, dass Draco nichts ernstliches passiert war.

Nachdem Roger uns ausgiebig gelobt hatte, stapften wir glücklich zum Schloss zurück.
„Nein, eine neue Mannschaft muss ich wirklich nicht zusammenstellen!", sagte Roger und klopfte mir auf die Schulter. Ich grinste zu ihm hoch und lief dann auf Davis, Michael und Anthony zu, die am Tor auf uns warteten.

„Ihr habt gewonnen!", rief Davis und nahm mich in den Arm. Lachend drückte ich ihn an mich.
„Ja"
Anthony und Michael legten ihre Arme ebenfalls um mich und schließlich kam Terry angelaufen und warf sich in unsere Gruppenumarmung, sodass wir lachend zu fünft dastanden und uns glücklich umarmten.
„Unsere Kleine hat das erste Tor geschossen!", grinste Michael und ich lachte fröhlich.
„Tja, man sollte kleine Menschen nicht unterschätzen!"
Die anderen lachten und Arm in Arm liefen wir ins Schloss.

he's just a boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt