„Clarisse, ist alles okay mit ihnen? Sie sehen ein wenig angeschlagen aus.", sagte Snape. Ich wischte mir wieder über die Wangen.
„Alles gut, Sir.", sagte ich leise und machte Anstalten zu gehen, aber Snape hielt mich am Arm fest.
„Wollen sie nicht darüber reden?"
„Nein.", sagte ich und befreite meinen Arm aus Snapes Hand. „Danke, Sir."
„Ich will nur helfen, Clarisse! Es tut mir Leid, wenn ich ihnen Angst gemacht habe."
Ich zwang mich zu Lächeln.
„Haben sie nicht."
„Gute Nacht, Clarisse."
„Gute Nacht, Sir."Als ich in der Bibliothek saß, fragte ich mich was Snape nur in mir sah, was andere nicht sahen. Warum wollte er mir helfen? Er war doch zu allen immer... unfair! Zu allen, die nicht Slytherin waren. Und sogar zu manchen Slytherins. Manchmal....
Was, wenn Draco ihm von mir erzählt hatte?
Clarisse, bilde dir bloß nichts ein!, flüsterte eine Stimme in mir und ich biss mir auf die Lippe. Die Stimme hatte Recht. Als ob Draco irgendjemandem von mir erzählen würde! Er hasste mich. Genauso, wie ich vorgab, ihn zu hassen. Vielleicht gab er auch nur vor, mich zu hassen... vielleicht spielte er alles genauso wie ich... aber aus welchem Grund? Welchen Grund sollte Draco haben um so zu tun als würde er mich hassen?
„Hör auf, Clarisse.", murmelte ich. Wenn ich anfing, zu grübeln, nahm das meistens kein gutes Ende.„Clarisse?", fragte jemand hinter mir und ich drehte mich um. Terry stand, an ein Bücherregal gelehnt ein paar Meter hinter mir. Erst jetzt fiel mir auf wie dunkel es war.
„Wie spät ist es?", fragte ich leise und sah aus dem Fenster.
„Gleich halb zehn.", antwortete Terry.
„Was?" Wie lange hatte ich hier gesessen und nichts gemacht? Außer über Draco nachzudenken...
„Was guckst du so geschockt? Was dachtest du denn?"
„Keine Ahnung...", murmelte ich verwirrt und starrte, plötzlich irgendwie verlegen auf meine Fingernägel.
„Was ist los?", fragte Terry und kam näher. Ich bemerkte plötzlich mehr denn je seine strahlend blauen Augen und das seine schwarzen Haare bestimmt sehr, sehr weich waren, wenn man sie anfasste. Ich unterdrückte den Impuls, meine Hand nach ihnen auszustrecken. „Clarisse?"
„Hm?" Ich senkte den Blick von seinen Haaren zu seinem irritierten Gesicht.
„Ist alles okay?"
Ich nickte zerstreut und betrachtete wieder meine Fingernägel. Wie peinlich....
„Ich..." Terry zögerte, dann nahm er sich einen Stuhl und setzte sich zu mir. Fragend hob ich den Blick.
„Was?"
„Ich... wollte nur fragen... ob alles okay ist. Also wirklich. Nicht nur so daher gesagt, sondern wie es dir wirklich geht!"
Ich sah ihn einen Moment lang an und ein „Gut!" lag mir auf den Lippen, aber im Kontrast zu meinen Augen, die sich schon wieder mit Tränen füllten, hätte das wahrscheinlich schwach geklungen. Schwächer, als wenn ich einfach sagen würde, dass es mir beschissen ging.
Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen.
„Ist... schon gut."
Terry sah mich an und unter seinem Blick wurde meine Zunge schwer.
„Wenn du darüber reden willst...", sagte Terry leise und ich wollte „Ja" schreien, aber irgendetwas in mir weigerte sich, zu reden.
„Nein. Ich... komme schon, wenn ich reden will! Aber... danke für das Angebot!" Ich zwang mich, zu lächeln, dann stand ich auf, klappte das Buch zu, welches vor mir gelegen hatte, und stellte es zurück ins Regal.
„Clarisse?"
Ich blieb mit dem Rücken zu Terry stehen und wischte mir über die Augen.
„Ja?"
„Wenn du reden willst, kannst du immer zu mir kommen, ja? Nur... damit du das weißt!"
Ich drehte den Kopf zu Terry, dann lief ich schüchtern auf ihn zu und umarmte ihn.
„Danke!", flüsterte ich leise. Terry drückte mich kurz an sich, dann löste er sich aus der Umarmung.
„Wenn-"
„Schschsch" Ich legte mir einen Finger auf die Lippen.
Terry sah mich nicht an und wandte sich zum Gehen. Ich folgte ihm und versuchte, nicht an meinen Bruder oder meine Mutter oder geschweigedenn an Draco zu denken.Als ich im Bett lag, konnte ich nicht schlafen. Die Kissen um mich herum dufteten nach Waschmittel und waren weich und fluffig, aber ich bekam meine Augen einfach nicht dazu, zuzufallen. Ich drehte mich von der einen auf die andere Seite und sang mir im Kopf ein Schlaflied von früher vor, aber nichts half. Schließlich, es musste schon lange nach Mitternacht sein, stand ich auf, schlüpfte in eine große Kapuzenjacke und meine Hausschuhe und lief in den Gemeinschaftsraum. Drei ältere Schüler saßen in einer Ecke des Gemeinschaftsraumes und sahen mich komisch an, als ich mich auf einen der Stühle setzte, die am Fenster standen, ansonsten war der Raum leer. Ich starrte aus dem Fenster auf das, in Schatten gehüllte Gelände Hogwarts'.
„Musst du nicht schon lange im Bett sein?", fragte plötzlich jemand neben mir und ich zuckte zusammen. Als ich zur Seite blickte, sah ich ein Mädchen, vielleicht drei, vier Jahre älter als ich, dass mich anlächelte. Es hatte dunkle Haare und grün leuchtende Augen.
„Ich konnte nicht schlafen.", sagte ich leise und das Mädchen nickte verständnisvoll.
„Kenne ich. Kann ich mich zu dir setzen?"
Ich nickte und das Mädchen nahm sich einen Stuhl.
„Ich bin Rachel.", sagte sie und ich lächelte.
„Ich bin Clarisse."
„Bist du nicht die Schwester von Claire? Der Freundin von Lee Jordan und Fred und George Weasley?"
Ich nickte.
„Ja. Bin ich."
„Weißt du zufällig... ob Lee Jordan eine Freundin hat?"
Ich beobachtete das Mädchen namens Rachel. Sie wirkte wie vierzehn, vielleicht fünfzehn. Ich hatte Angst, ihr zu sagen, was ich wusste. Vielleicht würde sie mich danach hassen oder sie wäre zu Tode zerstört. Aber konnte man mit vierzehn schon so... so sehr lieben, um danach vor Liebeskummer im Bett zu verschwinden und nie wieder aus den, von Tränen nassen Kissen auftauchen zu wollen?
„Er..." Ich wollte nicht lügen und sagen, ich wüsste es nicht. „Er ist, glaube ich, mit meiner Schwester zusammen.", sagte ich leise. Rachel sah weg, aber ich sah Tränen in ihren Augen aufblitzen.
„Ich wusste es! Diese-" Sie unterbrach sich. „Entschuldige, ich meine nicht deine Schwester!"
Ich nickte nur. Selbst wenn sie meine Schwester gemeint hätte, ich war mit meinen Gedanken sowieso woanders. Würde ich mit vierzehn auch mit Tränen in den Augen an diesem Tisch sitzen, weil ich erfahren hatte, dass Draco eine Freundin hatte? Warum dachte ich jetzt überhaupt an Draco? Sollte ich nicht... an eine unbestimmte Person denken? Oder an Terry? Warum war ich mit den Gedanken sofort bei Draco? Ich war... elf!
„Clarisse?", fragte Rachel leise und ich sah zu ihr.
„Ja?"
„Danke das du... ehrlich warst! Tut..." Sie stockte und eine Träne rollte über ihre Wange. „Tut mir Leid das ich dich mit den Sorgen einer Vierzehnjährigen belästigt habe. Vielleicht... solltest du jetzt schlafen gehen, es ist spät!"
Sie lächelte. Ich erwiderte das Lächeln, dann stand ich auf.
„Du hast mich nicht belästigt. Gute Nacht."
Sie lächelte und wischte sich eine Träne von der Wange.
„Gute Nacht"
Ich winkte, dann ging ich zur Tür zu den Schlafsälen.
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he's just a boy
Fanfic*teil 1* Ich glaube, Draco Malfoy wird von vielen missverstanden, weil sie nicht sehen, was er eigentlich ist. Weil sie nur das sehen, was Harry sieht. Wie wäre es, wenn man die ganze Geschichte mal aus der Sicht eines Menschen sieht, der Draco über...