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Die Tage vergingen und der Schnee hatte sich inzwischen wie eine schützende Decke über Hogwarts und seine Ländereien gelegt.

Ich hatte beschlossen, über Weihnachten mit Padma, Terry und Seamus bei Mandy zu bleiben, auch wenn der Gedanke daran, dass ich es vielleicht verpasste, ein letztes Mal meine Mutter zu sehen, mich von innen auffraß.

„Tschüss, große Schwester!" Lilly umarmte mich und ich nickte.
„Tschüss, grüß schön!"
Lilly nickte.
Ich sah auf und bemerkte, dass Claire auf mich zusteuerte.

Sie zog mich zur Seite und sah mich fassungslos an.
„Warum zur Hölle kommst du nicht mit?"
Ich riss die Augen auf.
„Mandy ist versteinert worden und ich würde gerne bei ihr bleiben!", sagte ich fest.
„Und dann lässt du Mom einfach Zuhause? Mandy ist auch nach den Ferien noch da, aber Mom... sie... verdammt Clarisse, sie hat nicht mehr lange!"
Ich schluckte.
„Mach es mir doch nicht noch schwerer als es ist!"
„Ich verstehe ja, dass du bei Mandy bleiben willst und in jeder anderen Situation würde ich das unterstützen, aber nicht, wenn wir nicht wissen, wie lange Mom noch lebt! Nicht, wenn du nicht weißt, ob du sie je wieder siehst!"
Ich sah weg.
„Claire..."
„Mom ist dir total egal! Hauptsache dir geht es gut!"
„Weißt du überhaupt, wie scheiße es mir geht?", fragte ich enttäuscht.
„Ehrlich gesagt ist es mir komplett egal, wie es dir geht! Deine Mutter ist todkrank und dir ist es auch egal. Deine ganzen Wehwehchen interessieren mich überhaupt nicht. Wenn du meinst, deine Mutter im Stich lassen zu müssen, okay. Viel Spaß dabei!"
Ich starrte sie an.
„Claire... wie kannst du-"
„Halt doch den Mund!"
Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging.
Ich sah ihr hinterher und Tränen traten mir in die Augen.
Ich wusste selbst nicht, warum ich hier blieb.

Als ich die Eingangshalle durchquerte, kam gerade Draco die Treppe hinunter. Unsere Blicke kreuzten sich und eine der, die ganze Zeit zurückgehaltenen Tränen tropfte von meinen Wimpern und lief über meine Wange.
Dracos Augen weiteten sich und fast sah er besorgt aus. Ich drehte mich um und stürzte wieder aus der Halle.

An der Stelle, an der wir Mandy versteinert vorgefunden hatten, ließ ich mich an einem Stein heruntersinken und brach in Tränen aus.

Claire hatte Recht. Ich sollte jetzt mit ihr zu meiner todkranken Mutter fahren und nicht hier bleiben, um jeden Tag am Bett meiner versteinerten besten Freundin zu sitzen, die meine Anwesenheit sowieso nicht spürte.

Ich lehnte meinen Kopf an den Stein hinter mir und ließ die Tränen über meine Wangen laufen.

„Hey"
Ich schreckte auf und wischte mir über die Wangen. Als ich den Kopf hob, schluckte ich.
„Was machst du denn hier?"
Damian Armstrong zuckte die Schultern.
„Eigentlich war ich nur ein bisschen spazieren, da habe ich dich gesehen. Und schon wieder weinst du."
Ich zuckte die Schultern.
„Wenn man ein beschissenes Leben hat, hat man eben manchmal Grund dazu. Außerdem treffen wir uns immer in den falschen Situationen."
„Du bist eigentlich nicht so eine Heulsuse, oder?"
Ich starrte auf meine Hände.
„Eigentlich nicht."
Damian sah sich um.
„Warum sitzt du hier? Ist dir nicht kalt?"
Ich sah auf den Schnee zu meinen Füßen und plötzlich realisierte ich, wie lange ich nur im Pulli auf dem Boden im Schnee gesessen hatte.
„Ich brauchte Ruhe. Und ja, mir ist kalt."
Damian sah mich an und seine grünen Augen wurden plötzlich dunkel.
„Willst du meine Jacke?"
Ich zuckte die Schultern.
„Ich wollte jetzt sowieso reingehen..."
„Nein wolltest du nicht."
Ich hob eine Braue.
„Doch!?"
„Nein."
„Doch."
Damians Mundwinkel zuckten.
„Ich glaube es dir immer noch nicht, aber wenn du gerne willst."
Ich stand auf.
„Du denkst wirklich, dass ich eine Heulsuse bin, oder?"
Damian schüttelte den Kopf.
„Du kannst ja nichts für dein Leben und deine Tränen. Außerdem sehe ich dich immer irgendwo, wo eigentlich nie jemand hinkommt, also denke ich, dass du vor anderen nicht so häufig weinst."
Ich nickte.

he's just a boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt