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Als wir nach drei, scheinbar endlosen Stunden Fahrt endlich in London ankamen, war ich schon fast eingeschlafen, doch die Vorfreude auf meine Freunde war zu groß, als das ich wirklich schlafen könnte.

„Wir sind da!", rief mein Vater und parkte unser Auto ein. Ich sprang hinter Lilly nach draußen und holte meinen Koffer aus dem Kofferraum, bevor ich den Tropfenden Kessel betrat. Drinnen war die Luft stickig und voll mit Qualm, aber es war eben der Tropfende Kessel, deshalb war es keineswegs unangenehm, eher beruhigend. Irgendwie ein Heimatgefühl.

Nachdem wir unsere Sachen auf die Zimmer gebracht hatten (ich würde mit Mandy und Sue in einem Zimmer schlafen), ging ich hinunter um auf die anderen zu warten.
Kaum betrat ich den großen Raum, kam mir auch schon Mandy entgegen und umarmte mich.
„Da bist du ja! Wir haben dich schon überall gesucht."
Ich lachte in die Umarmung hinein.
„Die anderen sind auch schon da?"
Mandy löste sich aus der Umarmung und nickte.
„Ja, die Jungs sind gerade noch oben, aber Sue ist da vorne!" Sie deutete auf einen Tisch in einer der hinteren Ecken, an dem Sue saß und zu uns herüberwinkte.
„Komm, wir gehen hin!"
Nachdem ich auch Sue umarmt hatte, setzten wir uns und warteten auf die Jungs, die keine zehn Minuten später die Treppen herunterkamen.
„Terry!", rief ich und fiel meinem besten Freund um den Hals. Er lachte und drückte mich fest an sich.
„Hallo Kleine"
Ich umarmte auch Davis und Anthony, dann setzten wir uns wieder hin und begannen uns über die Ferien zu unterhalten.

„Wollen wir raus in die Winkelgasse? Gilderoy Lockhart soll gerade im Flourish&Blotts sein!", sagte Sue plötzlich und Mandy quiekte auf.
„Echt jetzt?"
„Wer zur Hölle ist Gilderoy Lockhart?", fragte ich verwirrt und Terry warf mir einen amüsierten Blick zu.
„Irgendson Schönling, der Bücher über seine ,Abendteuer' geschrieben hat. Alle Mädchen und Frauen finden den irgendwie toll weil er ja so unfassbar gut aussieht."
Ich nickte, obwohl ich immer noch keine Ahnung hatte wer er war.
„Aha. Wie alt ist der?"
Davis lachte.
„Vierzig oder so."
Ich fing an zu lachen und sah zu Mandy und Sue herüber.
„Und den findet ihr heiß?"
Mandy warf Davis einen bösen blick zu und Sue zuckte die Schultern.
Ich grinste.
„Okay, ich sag nur eben meiner Familie Bescheid, Treffen in fünf Minuten draußen vor der Winkelgasse?"
Die anderen stimmten zu und ich lief zum Zimmer meiner Eltern.
Nachdem ich ihnen Bescheid gesagt hatte, machte ich mich auf den Weg nach unten, wo ich auf Claire stieß.
„Was machst du denn hier?"
Claire grinste.
„Fred, George und Lee sind gleich da."
Ich nickte und sah mich um. Die anderen waren noch nicht aufgetaucht.
„Und worauf wartest du?", fragte ich Claire schließlich, als sie immer noch keine Anstalten machte die Mauer mit ihrem Zauberstab zu öffnen.
Claire zuckte grinsend die Schultern.
„Auf deine Freunde, dann können wir zusammen rein gehen."
Ich grinste ihr zu, dann kamen die anderen.

Als wir die Winkelgasse betraten, fühlte ich mich sofort wohl. Die vielen Läden, der Geruch, die Hexen und Zauberer die sich überall tummelten und meine Freunde, mit denen ich in Richtung Buchladen ging. Claire neben mir, die Bemerkungen zu ungefähr jedem Laden machte und uns darauf aufmerksam machte, dass Gilderoy Lockhart der größte Schnösel aller Zeiten war, woraufhin sie sich einen bösen Blick von Sue und Mandy einhandelte. Wir lachten.
Als wir schließlich beim Buchladen ankamen, war er schon ziemlich voll. Sue und Mandy nahmen uns an den Händen und zogen uns nach vorne, damit wir Gilderoy Lockhart auch wirklich sehen konnten. Claire grinste und meinte, sie bliebe lieber hier hinten, damit sie nicht kotzen müsse.

Als wir vorne standen, sah ich mich um. Eigentlich liebte ich diesen Laden, mit den vielen Büchern, aber jetzt war er so überfüllt von Hexen von elf bis sechzig Jahren, dass ich mir nicht sicher war, ob dieser Buchladen noch das war, was er einmal für mich gewesen war. Ein Rückzugsort. Zudem lagen überall Bücher mit demselben ekelhaft grinsenden Gesicht herum.
„Da kommt er, oh mein Gott!", rief Sue und Terry und ich mussten grinsen.
Gilderoy Lockhart war ein wirklich um die Vierzig wirkender goldblonder Zauberer mit einer komischen Welle in den Haaren und einem widerlichen Zahnpastalächeln. Terry und ich mussten uns nur ansehen und prusteten los.
„Oh Gott!", sagte ich. Da das definitiv nicht positiv gemeint, fing ich mir einen bösen Blick von meinen Freundinnen ein. Lockhart posierte und lächelte sein Zahnpastalächeln und ich fragte mich, was sein Ziel war, gute Fotos oder das Publikum davon zu überzeugen das er der (meiner Meinung nach nicht) Schönste war.
Gerade fing Lockhart an zu sprechen, als ich von etwas abgelenkt wurde. Terry hatte einen Arm um mich gelegt und tat gerade so, als müsse er sich übergeben, als ich nach oben blickte und meine Stimmung sofort sank.
„Scheiße.", murmelte ich und Terry sah mich fragend an.
„Was? Musst du wirklich kotzen?"
Ich grinste schwach, aber als ich wieder zu Draco hochsah, verschwand auch dieses Grinsen aus meinem Gesicht. Dracos Blick lag auf mir und Terry, während er an dem Geländer lehnte und herablassend auf uns heruntersah. Ich wünschte plötzlich, ich wäre nicht hier, sondern irgendwo anders. Überall, nur nicht hier, in einer Meute von Hexen, die alle einen schrecklichen Schönling bewunderten und neben meinem besten Freund, der den Arm um mich gelegt hatte und besorgt meinem Blick folgte, bis er Draco sah.
„Malfoy.", murmelte er leise und ich sah zu Terry, dessen Gesichtsausdruck jetzt bitter und wütend war.
Draco wandte jetzt seinen Blick von uns ab zu etwas hinter uns. Harry Potter wurde an uns vorbeigezogen und neben Lockhart gestellt. Fotos wurden gemacht und Potter wurde einige Sachen gefragt. Doch ich war zu abgelenkt, als dass ich mitbekam, was er gefragt wurde und was er antwortete. Ich sah nur, dass er dreckig und verrußt war und eher weniger begeistert aussah. Wieder sah ich hoch zu Draco, der jetzt wieder zu mir schaute. Sein Blick war fast bedauernd, sehnsüchtig, aber als ich genauer hinsah, war es wieder der herablassende, höhnische Gesichtsausdruck, den er immer aufsetzte, wenn er mich sah. Ich wünschte plötzlich, ich wäre dort oben um ihm eine zu klatschen, aber vielleicht war es ganz gut, dass ich hier unten bei Terry war, denn der hatte jetzt zwar seinen Arm von meinen Schultern genommen, dafür aber seine Hand um mein Handgelenk gelegt, wahrscheinlich, um mich genau daran zu hindern. Also zu Draco zu laufen und ihn zu schlagen.

Ich versuchte, mich wieder auf Lockhart zu konzentrieren, aber mein Interesse war vollständig versenkt worden. Eigentlich war doch viel interessanter, was Draco hier machte, schließlich wollte er doch nach Irland, das hatte er auf jeden Fall bei Snape im Büro erzählt.
Wie auf's Stichwort zog Terry mich durch die Menge nach hinten, wobei wir an Fred und Georges Familie vorbeikamen. Fred und George jedoch waren nirgendwo zu sehen.
„Er war auch bei Snape, oder?"
Ich hob eine Augenbraue.
„Wer?"
„Malfoy."
Ich sah Terry einen Moment ang sprachlos an, dann zog ich etwas unsanft mein Handgelenk aus seinem Griff.
„Wie kommst du denn jetzt darauf? Und woher willst du das überhaupt wissen?"
„Keine Ahnung, nur so ein Gefühl. Warum erzählst du mir nicht, was Snape zu euch gesagt hat, als ihr da wart?"
Ich sah Terry einen Moment lang an, dann seufzte ich.
„Weil das nicht geht. Es ist zu kompliziert! Du würdest es sowieso nicht verstehen."
„Versuch es doch wenigstens zu erklären!"
Ich sah noch einmal zu Draco, der uns immer noch beobachtete. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt. Ich sah Terry wieder an, dann nahm ich seinen Arm und zog ihn in eine Ecke des Ladens, in der Draco uns nicht sehen konnte.
„Hör zu, du erzählst mir nicht, was mit Padma und dir passiert ist, dass ihr euch immer noch nicht vertragen habt und ich erzähle dir nicht, was bei Snape im Büro passiert ist!"
Terry sah aus, als wollte er noch etwas sagen, aber anscheinend beschloss er, dass es besser war, die Sache sein zu lassen.
„Na gut... aber meinst du nicht das..." Es fiel ihm deutlich schwer es auszusprechen. „du und Malfoy eventuell mal... reden solltet? Weil du magst ihn doch, oder? Und er mag dich auch."
Ich sah Terry an und fast hätte ich gelächelt. Ich wusste, wie sehr er Draco hasste. Und trotzdem versuchte er, mich glücklich zu machen, mich dazu zu bringen, mit Draco zu reden, damit ich nicht jedes Mal, wenn ich ihn sah, schlechte Laune bekam.
„Ich... glaube nicht das er mich mag. Außerdem ist es schon lange vorbei. Das letzte Mal, dass wir uns gut verstanden haben war Halloween und das ist schon fast ein Jahr her. Ich glaube es soll nicht sein. Naja... vielleicht bekomme ich irgendwann keine schlechte Laune mehr, wenn ich ihn sehe."
Terry sah mich kurz an, dann lächelte er und nahm mich in den Arm.
„Okay. Hoffen wir es!"
Ich rang mir ein Lächeln ab und sah über Terrys Schulter. Draco kam die Treppe hinunter, den Blick auf uns, wütend. Doch als er meinen Blick bemerkte, sah er weg und griff nach einem Buch, das auf einem Stapel neben ihm lag. Er schlug es auf, überflog die Seite und riss sie dann heraus, nachdem er sich kurz umgesehen hatte. Dann warf er mir noch einen kurzen Blick zu und ging die Treppe weiter hinunter aus meinem Blickfeld. Terry seufzte und nahm meinen Arm.
„Komm, wir gehen zu den anderen!"

he's just a boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt