der dunkle Lord

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Ich schaue unsicher zu Draco, doch er weicht meinem Blick aus. Ich hole tief Luft und betrete die Halle. Langsam hebe ich den Blick, schaue an den beiden Reihen der Todesser vorbei zum dunklen Lord. Ich mache den Fehler, ihn direkt anzusehen. Zwar hat das keine konkreten Folgen, allerdings ist das ziemlich einschüchternd. „Stellt euch an das Tischende dort... mir gegenüber. So können wir alle euch gut sehen." Das ist noch eine Milliarde mal einschüchternder.
Alle Todesser haben ihre Blicke auf Draco und mich gerichtet und das sind schon einige.
Ehrlich gesagt habe ich gerade keine Ahnung, wie ich das mit dem nicht-lügen anstellen soll. Aber eine andere Möglichkeit gibt es nicht. „Also..." Ich räuspere mich. „Also...Ich war, bevor die Todesser die Hochzeit überfallen haben, relativ unfreiwillig eine kurze Zeit bei den Weasleys, da ich...Ich auf sie gestoßen bin. Dann ging alles so schnell und Draco wurde weggebracht, zusammen mit mir..." Ich habe ja Draco weggebracht und auch mich, von daher geht das wohl als umgeschriebene Wahrheit durch. „Wir waren sozusagen auf der falschen Seite und den falschen Leuten unterworfen." Nämlich den Anhängern des dunklen Lords. „Aber ich war wohl besonders überzeugend, so von wegen jetzt zur richtigen Seite bekehrt. Dann sind wir hier her zurückgekehrt." Einige Sekunden ist es still. Aber dann... nickt der dunkle Lord. „Du hast nicht gelogen. Ich glaube dir. Allerdings berichtete dein Vater mir von einigen Unartigkeiten deinerseits..." Wie bitte? Was? Oh. Natürlich. Ich habe etwas gegen den dunklen Lord gesagt, Anfang der Sommerferien. Draco blickt mich verwirrt an. „Was hast du jetzt wieder angestellt?" „Deine kleine Freundin hat einige untreue Sätze von sich gegeben!" gackert Bellatrix.
Ich senke den Blick. Was kommt jetzt? „Bereust du es?" fragt der dunkle Lord. Stumm nicke ich. „Gut...allerdings, getan ist getan. Wenn du jetzt diesen Raum verlassen würdest und zu deinem Vater gehst?" das fragende ist eher rhetorisch. Jetzt erst fällt mir auf, dass mein Vater nicht anwesend ist. „Und..Wo ist er?" „Geh einfach." Innerlich verdrehe ich die Augen. Super. Draußen schließe ich die Tür. Plötzlich stupst etwas mein Knie an. Als ich nach unten schaue, steht da ein Hauself. „Sie müssen mitkommen" piepst der.
Das kleine Geschöpf führt mich ein paar Treppen hoch, lässt mich vor einer Tür stehen und verschwindet dann wieder. Zögernd trete ich ein. Mein Vater sitzt auf einem einsamen Stuhl, mitten im Raum. Obwohl, er ist nicht mein Vater, höchstens eben mein Erzeuger. Richtige Väter schauen ihre Töchter nicht so hasserfüllt an. „Für dein Verhalten hat der dunkle Lord mich verantwortlich gemacht und mich schon dafür zahlen lassen." „Aber... Das war doch nur so daher geredet!" „Und jetzt, Iris-Isabelle, bist du an der Reihe!"
~
Nachdem Isa verschwunden ist, musste ich mich an meinen Platz neben meinem Vater setzen und der dunkle Lord dröhnt uns mal wieder mit irgendwelchen Reden zu.
Ich zucke zusammen, als von relativ weit entfernt ein Schrei zu hören ist. Isa. Definitiv. Wenn Vater mich nicht reflexartig am Arm festgehalten hätte, wäre ich fast aufgesprungen. Er wirft mir einen warnenden Blick zu. Ein weiterer schmerzerfüllter Schrei ist zu hören. Wegen ein paar Sätzen? Ich balle die Hände zu Fäusten. „Hört sich ganz nach dem Crutiatus-Fluch an! Armes, armes Mädchen!" Wer hätte gedacht, dass der Lord Humor hat. „Sie hat es verdient!" lacht Bellatrix. Am liebsten hätte ich diesem ganzen elenden Pack einen Fluch aufgehalst. Tue ich aber nicht.


Eine Stunde später ist die Versammlung zu Ende. Ich weiß nicht, wie lange ungefähr Isa gefoltert wurde, nach Möglichkeit habe ich weg gehört.
Ich bleibe einfach sitzen. Die meisten Todesser haben zu tun, und wenn nicht, verbringen die ihre Zeit nicht damit, in Malfoy Manor zu versauern.
Es ist ein komisches Gefühl, ganz allein in dem großen, dunklen Raum zu sein. So still. Ich lege den Kopf auf die kühle Tischplatte vor mir und schließe die Augen. Still und dunkel.
Was genau mache ich hier eigentlich? Vielleicht auf Isa warten. Obwohl, sie würde vermutlich eher zu meinem Zimmer kommen. Auf einmal ploppt es leise vor mir und ich reiße den Kopf hoch. Der Hauself scheint bei meinem Anblick einen tierischen Schreck bekommen zu haben. „Reg dich ab" knurre ich genervt. „Wenn du schon hier bist, weißt du wo Isa steckt?" Der Hauself – ich habe seinen Namen vergessen – deutet schüchtern auf die Tür. Ich runzle die Stirn. Was soll das bedeuten? „Canny glaubt, sie wollte sich kurz ausruhen. Aber Canny glaubt, dann ist sie eingeschlafen." Ich stehe auf, gehe langsam zur Tür und schaue vorsichtig in die kleine Vorhalle. Isa sitzt, angelehnt an die erste Stufe, an der Treppe nach oben. Ich kann ihr Gesicht nicht sehen, da ihr Kopf auf ihrer mir abgewandten Schulter liegt, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie schläft.
Ein paar Sekunden stehe ich einfach so da. Schließlich setze ich mich neben sie.
„Verzieh dich." Isas Stimme klingt rau. Offenbar habe ich sie gerade geweckt. „Und wieso?" „Weil deine schönen grauen Augen mich nicht so sehen sollen. Ich hätte nicht gedacht, dass du dich noch hier rum treibst." Ich hänge da noch ein, zwei Gedankengänge zurück. Ich soll sie wie nicht sehen? Ich sitze doch neben ihr. Allerdings sehe ich Isas Gesicht nicht. „Was ist? Zeigen." „Nichts, das dich interessieren sollte", weicht sie aus. „Tut es aber", beharre ich, packe Isa bei den Schultern und drehe sie grob zu mir.

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