Ich hätte es wissen müssen. Wie konnte ich ihnen das bloß antun. Es ist alles meine Schuld.
Diese Gedanken rasen glühend durch meinen Kopf, während ich starr vor Schreck die drei Körper ansehe. Ordentlich aufgereiht liegen sie da, Antonia, Vanessa und Valerie. Die Augen weit aufgerissen, reglos, stumm. Alle drei sind tot. Doch das ist nicht das Einzige. Greyback schickt mir ein Zeichen, dass er uns schon die ganze Zeit beobachtet hat. Bei Antonia ist es der Bauch. Ein tiefer Schnitt zieht sich quer über ihren Unterleib. Bei Vanessa ist die Kehle durchgeschnitten. Valeries Füße und Beine sind voller Blut. Ich denke an Antonias Kind, das sie nun nie wieder sehen wird und an Vanessa, die jetzt nie Sängerin werden kann und daran, dass Valerie nie wieder Balett tanzen wird.
Ich stolpere wieder hinaus in die kalte Dunkelheit. Ohne es zu bemerken, habe ich angefangen zu weinen. Ich starre zu Boden und sehe zu, wie meine Tränen herab fallen. Und da bemerke ich es: Das Feuer ist erloschen.
Als ich wieder aufsehe, steht er nur drei Meter von mir entfernt. Greybacks Augen scheinen in der Nacht zu glühen. Obwohl es dunkel ist, erkenne ich sein bösartiges Grinsen. „Hast du mich vermisst?" Erst da begreife ich, dass es keine Einbildungen waren. Die ganze Zeit über war er da. Sein animalisches Lachen aus der Ferne. Keine Einbildung, sondern echt. Er hat bloß seine Spielchen mit mir getrieben.
Er steht bloß da und macht keine Anstalten, mich zu ergreifen. Ich mache einen Schritt rückwärts. Dann noch einen. Greyback rührt sich immer noch nicht. Schließlich drehe ich mich um und fange an zu rennen. Es ist so dunkel, dass ich kaum die Hand vor Augen sehe. Immer wieder stürze ich, fange mir noch mehr Verletzungen ein. Doch es bleibt still. Keine schweren Schritte verfolgen mich. Atemlos bleibe ich stehen. Ich weiß nicht mehr, aus welcher Richtung ich gekommen bin. Einen Moment lang starre ich panisch ich die Dunkelheit. Dann drehe ich mich um und fange wieder an zu rennen. Doch ich komme nicht weit. Greyback steht so plötzlich vor mir, dass ich gegen ihn laufe. Mit einer Hand schlägt er mich weg und ich falle direkt auf den Rücken. Ich krümme mich vor Schmerz am Boden und versuche, etwas Luft zu schnappen. Greyback ist nicht mehr da. Langsamer jetzt stolpere ich durch den Wald, die Hände fast blind vor mir ausgestreckt. Und auf einmal steht er wieder da. Ganz ruhig. Ich taumele weiter in die andere Richtung, doch egal wohin ich mich wende, hinter jedem Baum wartet Greyback auf mich. Völlig orientierungslos drehe ich mich im Kreis. Als Greyback das nächste Mal vor mir steht, halte ich an. Ich erwarte, dass er jetzt auf mich zukommt, mich gefangen nimmt und tötet. Doch das tut er nicht. Wieder wartet er nur. Ich weiß, dass es irrational ist, dass ich keine Chance habe und Greyback mich früher oder später fassen wird, doch ich wage einen letzten Versuch, eine letzte Flucht.
Wenn du dich vor einem aggressiven Hund fürchtest, dann sollte das Letzte, was du tust, Wegrennen sein. Denn der Hund wird dich jagen.
Genau das ist es, was Greyback tut: Er beginnt, mich zu jagen. Die Erde scheint unter seinen schweren Stiefeln zu zittern und ich spüre, wie er näher kommt. Zweige peitschen mir ins Gesicht und meine Lunge schmerzt von der vielen, kalten Luft. Doch ich muss, muss, muss weiter laufen, immer weiter.
Als ich das Rauschen des Flusses höre, bleibe ich abrupt stehen. Es kommt mir lauter und stärker vor, als zuvor. Vielleicht ist der Fluss hier noch tiefer und breiter. In der Dunkelheit kann ich das nicht erkennen.
Hinter mir ist es still. Zu still. Gefährlich still.
Urplötzlich und mit einem Krachen, als würde ein Baum umfallen, stößt ein sehr großes und schweres Etwas gegen meinen Körper. Im nächsten Moment ist alles, was ich weiß, dass ich nicht atmen kann, und alles, was ich fühle, ist Kälte. Eine Kraft, die größer ist als ich, hält meinen Kopf unter Wasser. Ich trete um mich und gebe mir alle Mühe, mich frei zu kämpfen. Doch von meiner Kraft ist so gut wie nichts mehr übrig. Meine Bewegungen erlahmen. Mein Kopf pocht, und das Pochen wird ebenfalls immer langsamer. Gerade, als mir schwarz vor Augen wird, zieht Greyback mich an den Haaren aus dem Wasser. Sein gelbes Grinsen blitzt vor meinen Augen auf und mir bleibt nur eine Sekunde, um nach Luft zu schnappen, ehe er mich wieder unter Wasser zwingt. Dieses Mal kämpfe ich nicht. Ich gebe von Anfang an auf. Ich hoffe sogar darauf, dass die Schwärze meinen Geist übermannt und der Albtraum hier ein Ende findet. Für immer. Doch in allerletzter Sekunde zieht Greyback mich wieder an die Luft, und mein verzweifelter Körper schnappt reflexartig nach Luft. Die Zeit, die ich unter Wasser überstehen kann, wird immer kürzer. Immer häufiger lässt Greyback mich nach Luft schnappen, eher er mich sofort wieder in die Wellen drückt.
Bis auf das letzte Mal. Er drückt mich so tief unter Wasser, dass ich auf den Grund gepresst werde. Ich habe das wage Gefühl, dass er nun einen Fuß auf meinem Rücken abstellt, um mich unter Wasser zu halten. Der Druck auf meinem Körper wird immer größer, der Druck von außen und von innen. Meine Lunge fühlt sich an, als könnte sie jeden Moment bersten.
Vielleicht wird er es jetzt beenden. Ich will es beenden. Bitte lass es ein Ende haben.
Rasender Schmerz füllt meine Lungen, als ich die Luft nicht länger anhalten kann. Jetzt ist es gleich vorbei, denke ich. Oder hoffe ich es? Wasser füllt meinen Mund und meine Lunge.
Und dann, endlich, überrollt die Schwärze mich endgültig.
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moon & misery
Fanfiction(Abgeschlossen!) Eine Geschichte um Draco Malfoy und Iris-Isabelle van Greenskape, die im siebten Schuljahr untragisch beginnt. Iris-Isabelle, die lieber Isa genannt wird, ist schockiert, als sie erfährt, dass sie zusammen mit Draco Malfoy Schulspre...