Schmerzen

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Greyback drückt mich grob auf einen schmalen Stuhl und ich spüre, wie sich hinter meinem Rücken magische Handfesseln um meine Handgelenke schlingen.
Der Raum, in dem wir uns befinden ist kahl, bloß ein Tisch und eine Kommode stehe schmucklos an der Wand neben der Tür.
Während mein sogenannter Vater sich im Hintergrund hält, beugt sich Greyback, die Hände auf meinen Knien abgestützt, vor. Ich kann das Animalische fiebrig in seinen Augen glänzen sehen.
Soweit es geht, weiche ich ihm aus.
„Ich frage dich hier und jetzt, hast du schlecht von unserem dunklen Lord geredet?" Ich schüttele den Kopf. Die erdrückende Angst verbietet mir das Sprechen.
„Ach, nein?", fragt Greyback spöttisch, „Da kennen wir aber etwas ganz anderes."
Erneut zückt er seinen Zauberstab. „Eine Chance kriegst du noch ... Also. Willst du deine Antwort ändern?"
Erneut kann ich nur den Kopf schütteln. Der verwahrloste Werwolf hat mich in seiner einschüchternden, brutalen Art gefangen.
„Muss das wirklich sein, Greyback? Die letzten Male hast du es auch übertrieben." Die letzten Male ... Greybacks Grausamkeit scheint bis in die Unendlichkeit zu reichen. Greyback knurrt missmutig, doch er dreht sich nicht zu meinem Vater um. „Du könntest auch Veritaserum nutzen. Es geht schneller und wenn sie doch nichts getan hat, wird sie weniger beschädigt sein und besser im Stande sein, sich unseren Aktivitäten wieder anzuschließen."
Ich merke, wie Greyback sich nur mühsam beherrschen kann, nicht auch auf meinen Vater los zu gehen.
„Verdirb mir nicht den Spaß, Greenskape." Mein Vater seufzt ergeben. „Es war nur ein Vorschlag, letztlich liegt es in deiner Hand. Wie dem auch sei, ich habe noch einiges zu erledigen. Melde dich, wenn du soweit bist, Greyback."
Ich versuche, meinem Vater einen bittenden blick zu zu werfen, als er den Raum verlässt, doch er dreht sich nicht einmal nach mir um, nicht ansatzweise.
„Jetzt sind wir also endlich alleine und ungestört", stellt Greyback zufrieden fest. Ich höre die Gier und den Blutdurst in seiner Stimme, und mir wird schlecht.
„Vielleicht wirst du jetzt die Wahrheit sagen. Crucio!"
Ein stechender Schmerz macht sich in mir breit. Ich meine, mir würden die Rippen verdreht und herausgerissen werden, während kalter, schneidender Schmerz durch meinen Kopf geht. Einzig und allein die magischen Fesseln erhalten mich aufrecht, während ich den Kopf zurücklege und schreie, als könnte ich damit dem Schmerz aus mir heraus schreien. Ich schreie, bis mir die Luft ausgeht und ich keinen neuen Atem schöpfen kann, weil meine Lungen zerfetzt werden. Schwarze Schatten tanzen vor meinen Augen, während ich um Luft ringe.
Greybacks Pranke scheint in Flammen zu stehen, als er mir den Mund zuhält.
„Willst du dass es aufhört? Ich kann es beenden. Du musst mir nur eine kleine Frage beantworten: Hast du den dunklen Lord verraten?" Ich will Nein sagen, sagen, aber ich kann den Mund nicht öffnen. Ich will den Kopf schütteln, aber ich habe keine Kraft.
Der heiße Schmerz verebbt. Atemlos schnappe ich nach Luft. Einzig der Gedanke an das, was kommen wird, wenn ich wirklich die Wahrheit sage, gibt mir das letzte bisschen Kraft, weiter leugnen zu wollen, wie sehr ich den dunklen Lord tatsächlich verraten habe.

„Was jetzt?", faucht Greyback ungehalten und kommt mir noch näher.
Mit schwacher Stimme streite ich es nach wie vor ab. In Greybacks wutverzerrtem Gesicht kann ich sehen, dass er mir nicht glaubt.
Er packt mich an den Haaren, zerrt mich von meinem Stuhl auf und schleudert mich zu Boden. Ich lande ungünstig auf dem Rücken und meinen noch immer gefesselten Armen muss erneut um Atem kämpfen. Wieder richtet Greyback seinen Zauberstab auf mich. Er ist kein guter Zauberer, er kann die Auswirkungen des Crutiatus oder eines sonstigen Zaubers nicht kontrollieren.
Ungezügelte Magie sticht mit inexistenten Messern auf mich ein. Ganz nebenbei bekomme ich mit, wie Greyback sich durch das Zimmer bewegt, sich und seinen Zauberstab jedoch nicht von mir abwendet.
Beinahe so schnell wie sie gekommen sind verschwinden meine Schmerzen wieder, mein Peiniger steht direkt über mir. In meinen Krämpfen habe ich mich auf den Bauch gedreht. Greyback stellt einen Fuß auf meinen Rücken und hält mich weiterhin fest zu Boden gedrückt. Als wenn ich sonst die Kraft besäße, mich aufzurichten...
Ein zweites Mal reißt er an meinen Haaren, diesmal jedoch nur um mich zu zwingen, ihn anzusehen.
Ohne dass ich es erwarte, beugt sich Greyback zu mir herunter und zwingt mich, etwas von einer mir unbekannten Substanz zu schlucken. Ich wehre mich nicht, zu lange habe ich nichts zu Trinken bekommen.
Wenn es nicht Greyback wäre, der hier über mir steht, würde ich vermuten, dass es sich um Wasser handelte, da ich nichts geschmeckt habe. Allerdings ist er nun mal Greyback, also tippe ich eher auf Veritaserum.
Der Werwolf lässt mich los und tritt ein paar Schritte zurück. Ich presse die Stirn auf den kühlen Mamorboden, erleichtert, wie freier atmen zu können.
Mit einem Mal klären sich meine Gedanken, nichts Abstraktes geht mir mehr durch den Kopf, nur Fakten. Wahrheiten.
Ich liege hier auf dem Boden, vor Greyback, der mich völlig in seiner Gewalt hat.
Ich kann nicht ahnen, wie lange ich das noch ertragen muss.
Ich werde möglicherweise sterben.
Nicht einmal an Draco kann ich normal denken, eher scheint es mir, als hätte mir jemand einen Steckbrief an die Stirn geheftet, denn das ist das einzige über ihn, das ich sehe, wenn Draco eine Sekunde durch meine Sinne geistert.
„Ich frage dich noch ein letztes Mal", lenkt Greyback meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn., Ein letztes Mal', das klingt gut. „Du kannst jetzt gar nichts anderes als die Wahrheit sagen." Bevor ich darüber nachdenken kann, habe ich bereits „Ja, das habe ich schon gedacht", gesagt. Greyback grinst böse und zeigt seine gelben Zähne.
„Hast du in letzter Zeit schlecht über den dunklen Lord geredet, warum wir dich auch hergeholt haben?"
Ich werde die Wahrheit sagen. Ich werde sie sagen müssen.
Ich setzte an zum Sprechen, öffne den Mund und bringe nur ein einziges Wort hervor: „Nein."

Dann wird alles schwarz.

moon & miseryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt