Messer

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Für einen warmen Augenblick fühlt es sich an, als käme ich nach Hause, als würde ich gleich meine Hausaufgaben mit Draco vergleichen, dann in den Mädchenschlafsaal gehen, wo ich mit meinem hübschen Freund angebe, und in einem Himmelbett schlafen, wo ich dem dumpfen Rauschen des Sees um uns herum lausche.

„Passt auf", kreischt eine viel zu hohe Stimme und reißt mich in die Realität, „Der Werwolf ist hier! Ich will von so einem ekelhaften Tier nicht gefressen werden, ihr etwa?" Schrilles Lachen.

Pansy Parkinsons Worte fühlen sich an wie vorbei zischende Messer. Gefasst drehe ich mich zu ihr um.

„Kein Wolf würde dich auch nur ansehen wollen, sei er noch so hungrig", sage ich höhnisch, „Du siehst alles andere als appetitlich aus."

Pansy hat es die Sprache verschlagen und ich durchsuche mit den Augen den Raum nach meinem blondhaarigen Freund. Jemand wie Pansy kann mir meine gute Stimmung nicht madig machen – ich möchte Draco unbedingt erzählen... Ja, was einfach? Ich habe Jill schon alles erzählt und nun fühle ich mich so glücklich... dass ich dieses Glück teilen muss.

Ich finde Draco auf einem der Sofas direkt am knisternden Kamin neben dem dunkelhäutigen Jungen, den ich als Blaise Zabini wiedererkenne. Lächelnd gehe ich auf die beiden zu und setze mich zu ihnen – die mir folgenden Blicke ignorierend.

„Hey", sagt Blaise leichthin, sein Arm zuckt, als wollte er mir die Hand schütteln, doch er entscheidet sich für ein weniger förmliches Schulterklopfen. „Lange nicht gesehen, oder? Wie geht's so?"

Ich bin dankbar für seine unverfängliche Art, die freundlich, herzlich, aber keinesfalls mitleidig oder falsch ist. Wir quatschen, und er schaut mich nicht an, als wüchse mir im nächsten Augenblick ein Pelz. Ich erzähle von meinem Treffen mit Jill, wir reden über das Wetter, sämtliche Lehrer und den Unterricht.

„Ich bin ja noch nicht so lange wieder da und kann das vielleicht schlecht beurteilen", sage ich, „Aber es kommt mir so vor, als wäre der Stoff echt schwierig."

Blaise nickt. „Puh. Wirklich. Ich kann mich nicht beschweren, schließlich bin ich nicht auf den Kopf gefallen und komme klar, aber hart ist es schon. Ich schätze mal, jeder muss sich verdammt abmühen. Naja – bis auf Draco hier." Er grinst. „Den muss man nur etwas motivieren, aber dann läuft es wie von allein, oder, man?"

Draco, der die ganze Zeit nichts gesagt hat, gibt einen unbestimmten Laut von sich.

„Sage ich doch", sagt Blaise munter. Er sieht mich aufmunternd an. „Und du wirst das alles auch noch aufholen können. Naja, vielleicht nicht ganz, aber..." Er grinst. „Draco hilft dir bestimmt mit dem Stoff, nicht?"

Ich erwidere Blaise' Grinsen und antworte: „Klar. Es gibt keinen besseren Nachhilfelehrer als ihn."

„Tja", kommt es plötzlich von Draco, „Wenn es denn überhaupt mal dazu kommen würde..."

„Was meinst du?" Irgendetwas in Dracos Stimme macht mich misstrauisch.

„Ich weiß es nicht", sagt er spitz, „Sag du's mir."

Blaise blickt verwirrt zwischen uns hin und her. Eine kleine Falte bildet sich zwischen seinen Augenbrauen. „Was ist los, Draco?", will nun auch er wissen.

„Ach." Draco lehnt sich mit verschränkten Armen zurück, sein Gesicht ist beinahe ausdruckslos, bloß die grauen Augen blitzen zornig. „Ich weiß auch nicht", wiederholt er. „Vielleicht, dass du", er nickt in meine Richtung, „seit deiner Ankunft ungefähr... hm, zwei Blicke an mich verschwendet hast?"

Ich schaue hilfesuchend zu Blaise, doch er sieht genauso ratlos aus, wie ich mich fühle.

„Du hast dich also mit deiner tollen neuen Freundin getroffen, nicht wahr? Hast mit ihr geplaudert und alles erzählt, was dich bedrückt." Dracos Stimme wird mit jedem Wort finsterer und ist gleichzeitig voller Spott. „Dass wir beide nach dem Unterricht zusammen was machen solltest, ist dir da natürlich glatt entfallen."

Ich öffne den Mund, doch Draco redet weiter.

„Blaise kannst du gleich auch noch dein Herz ausschütten, aber keine Sorge, ich lasse euch gerne allein, euch oder dich mit wem auch immer du lieber deine Zeit verbringst."

Es tut mehr weh als der Hohn von Pansy. „Ich wollte dich nicht zu kurz kommen lassen", sage ich und in mir zieht sich etwas zusammen. „Ich... habe Jill so lange nicht gesehen, ich war einfach so... froh."

Draco zieht eine Augenbraue hoch. „Mich hast du auch lange nicht gesehen."

„Ich weiß", sage ich hastig, „Aber wir... wir haben-"

„Mehr Zeit? Ist es das was du sagen willst?" In Dracos blassen Zügen tanzen Wut und Verletztheit. „Du vielleicht. Für dich ist es etwas Besonderes, dass man dich überhaupt wieder in dieses Schloss gelassen hat, für dich ist alles wertvoll und alle deine tollen kleinen Freunde musst du natürlich wiedersehen... Während ich auf dich gewartet habe und nur für dich, du bist die Einzige, mit der sich alles besonders anfühlt." Seine Stimme wird leiser, und obwohl die Gespräche und das Geplaudere um uns herum anhält, wird es in mir ganz still. „Scheinbar ist es für dich nicht so... Da frage ich mich, habe ich meine Zeit verschwendet, als ich auf dich gewartet, dir Briefe geschrieben und mich um dich gekümmert habe – obwohl du ein-"

„Sag das nicht", sagt Blaise heftig. „Sag das nicht, Draco..."

„Doch", sage ich und erhebe mich von dem Sofa. Draco tut es mir gleich. „Sag es. Egal ob ausgesprochen oder nicht, Gedanken sind Wahrheit." Das flaue Gefühl der Schuld hat sich aufgelöst und zu einem wütenden Ball verformt.

Draco blickt mich kalt an. „Merkst du nicht, dass ich es versuche? Du bist so, so..." Er verstummt für einen Herzschlag. „Und trotzdem war ich immer da und..."

„Oh, ja", sage ich nicht minder kalt. „Verzeih mir, dass ich dir noch nicht auf Knien dafür gedankt habe, dass du... Was? Achja. Briefe hat der tapfere junge Mann geschrieben. Er hat auch gewartet und sich ein bisschen gekümmert, nachdem ich völlig zerstört wiedergekehrt bin von all den Orten und Erlebnissen, die im Vergleich mit Warten und Briefchen schreiben natürlich nur Lappalien sind."

„Wenigstens ein Danke wäre nett gewesen. Aber nein, stattdessen gehst du zu Anderen, um mit ihnen zu sprechen... Ich habe mich wohl nicht als vertrauenswürdig erwiesen, hm?"

Mit verschränkten Armen stehen wir uns gegenüber.

„Ich habe in die Falschen Vertrauen gesetzt", sage ich, die Stimme leise vor erstickender Wut. „Aber wenn es dich glücklich macht: Du hattest Recht. Sed hätte ich nicht vertrauen sollen. Er wollte mich umbringen. Und ich hatte Recht, vor Monaten, als ich gefühlt habe, dass ich dir nicht vertrauen kann."

Jegliche Farbe ist aus Dracos Gesicht gewichen. „Er... was?"

„Er wollte mich ermorden. Sed." Ich recke das Kinn. „Es war nett, dich gekannt zu haben, hübsches Mädchen", flüstere ich. „Das hat er zu mir gesagt, bevor er mich geschockt hat. Greyback wollte er zuerst ermorden. Er wollte, dass ich dabei zusehen kann, wie er stirbt. Nett von ihm, nicht wahr?" Ich schüttele den Kopf. „Und dir habe ich vertraut. Ich habe doch tatsächlich geglaubt, dass du dich für mich freuen würdest, dass du glücklich bist, wenn ich es bin. Wie es aussieht, habe ich mich getäuscht, wieder einmal. Vielleicht hätte Sed mich erledigen sollen."

„Vielleicht hätte er das."

Diese Worte treffen mich wie ein Messer in die Brust; Es macht keinen Unterschied, der Schmerz ist der gleiche. Ich atme scharf ein. „So willst du mich also gehen lassen. Gut zu wissen." Fast höre ich mein Herz zerreißen, als ich mich von Dracos grauem Blick abwende. Und gehe.

(Was sagt ihr zu diesem Streit?^^)

moon & miseryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt