Warten

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Warten. Ich werde so lange da sein und warten, bis Isa wieder da ist und mich eingeholt hat, auf diesem komischen Pfad, den wir überleben müssen.

Als Isa wieder aus dem Bad kommt, ist mein erster Gedanke, dass sie nie schöner ausgesehen hat. Von dem warmen Wasser sind ihre Wangen rot geworden, ihre langen, tropfenden Haare sind verknotet, aber nicht mehr so strähnig. Man könnte sagen, sie sieht nicht mehr ganz so leblos aus wie vorher. Wortlos gibt sie mir meinen Zauberstab zurück. Dabei weicht sie meinem Blick aus. Während ich eingehend ihr Gesicht mustere, fällt mir ein, wie sehr die Verletzung in meinem Gesicht gebrannt hat, jedes Mal, wenn er mit Wasser in Berührung kam. „Tun die weh?", frage ich und deute auf Isas Gesicht. „Die Schnitte, meine ich."

Sie zuckt erst mit den Schultern, dann nickt sie einmal.

Unschlüssig schwankt mein Blick zwischen meinem Zauberstab, der nun wieder in meiner Hand ist, und ihrem Gesicht.

Sanft führe ich Isa zu meinem Bett. „Setz dich", weise ich sie an, „Und bleib am Besten ganz ruhig."

Mit großen Augen blickt sie mich an, als ich meinen Zauberstab hebe. Tatsächlich wehrt sie sich nicht, während ich vorsichtig über die Verletzungen in ihrem Gesicht streiche.

„Früher konntest du keine Heilzauber", stellt sie fest.

„Stimmt", erwidere ich, „Mutter hat es mir beigebracht. Sie meinte, es wäre ganz nützlich."

„Da hat sie auch Recht", stellt Isa fest.

Ich lasse den Zauberstab wieder sinken, und Isa erhebt sich. „Ich habe dich vermisst", kommt es mir ungeplant über die Lippen.

Isa legt Kopf schräg und betrachtet mein Gesicht eingehend. „Ich glaube", erwidert sie stockend, „Ich habe dich auch vermisst. Sehr sogar", fügt sie nachdenklich hinzu. Plötzlich weicht sie vor mir zurück und flüstert: „Tut mir Leid. Ich kann dir nicht... Ich habe dir überhaupt nichts zu bieten." Isa schlingt die Arme um sich und schaut mich mit geweiteten Augen an, während ich nur mit offenem Mund dastehe. „Du hast das nicht verdient", wispert sie, „Ich bin viel zu kaputt. Ich werde nie wieder so sein wie früher. Du verschwendest nur deine Zeit."

„Was redest du denn da? Bist du verrückt?"

„Ich werde nie wieder ,die Alte'. Und das kann ich dir nicht antun."

Kopfschüttelnd mache ich einen Schritt auf sie zu. „Ich will nicht die alte Isa wieder haben. Es ist mir egal, wie du früher warst. Es ist mir egal, wie du jetzt bist. Ich will nur dich. Egal, was das bedeutet. Ich werde dich nicht zwingen, bei mir zu bleiben. Aber wenn du jetzt gehst..." Meine Stimme zerfällt in der Luft, und ich muss mich neu sammeln. „Wenn du jetzt gehst, dann verletzt du damit nicht nur dich selbst." Ich mache einen weiteren Schritt. „Dann verletzt du auch mich. Es bleibt bei dir. Ich will dich nicht zwingen. Aber ich kann dich bitten. Also. Bitte bleib. Bei mir. Und bei dir. Ich will nicht zusehen müssen, wie du zerfällst wie eine vertrocknete Blume. Und dabei nur eine Ruine übrigbleibt." Ich mache einen letzten Schritt und bleibe so dicht vor ihr stehen, dass nur noch ein sehr dünnes Buch zwischen uns passen würde. Isa weicht nicht zurück.

„Ich werde nicht überleben", haucht sie, „Nicht, wenn ich dorthin zurück muss."

„Dann werde ich dafür sorgen, dass das nicht passiert. Ich werde dich mit bloßen Händen verteidigen wie ein Drache seinen Schatz, wenn es sein muss", schwöre ich entschlossen. Grimmig balle ich die Hände zu Fäusten. „Niemals hätte ich von mir selbst gedacht, dass ich so etwas einmal empfinden würde. Aber du willst nicht hören, was ich diesem Hund antun will, dafür, was er mit dir angestellt hat. Ich werde dich vielleicht nicht für immer vor Greyback beschützen können. Aber ich werde das tun, was ich kann. Und jetzt", füge ich aus einem weiteren Impuls hinzu, „Will ich dich umarmen, weil ich dich viel zu lange nicht gesehen habe und Ewigkeiten darauf gewartet habe, dich wieder zu haben, und es ist mir egal, ob du mir deswegen beide Arme brichst."

Ich überbrücke den letzten Abstand zwischen uns und lege, so fest ich kann, die Arme um sie.

Endlich. Endlich. Endlich.

Obwohl Isa weder die immer noch verschränken Arme sinken lässt, noch die Umarmung erwidert, ist es die beste, die ich je hatte. Ich schließe die Augen und atme tief ein. Ich spüre, wie Isa ihren Kopf auf meiner Schulter ablegt und drücke sie noch fester an mich.

„Bitte lass nicht zu, dass ich wieder in den Untergrund muss", wispert sie. „Hast du mir denn gar nicht zugehört?" murmele ich. Uns beiden ist klar, dass ich Isa nicht vor Greyback beschützen kann. Aber wenigstens ich weiß, dass es sich möglicherweise vermeiden lässt, dass sie in den Untergrund zurückkehren muss. Dieses Mal werde ich die Hoffnung nicht so schnell aufgeben.

Ohne anzuklopfen betrete ich Vaters Arbeitszimmer, wo er sich den ganzen Tag verkriecht, seit der Werwolf hier ist. „Weißt du zufällig, wo Greyback steckt?", frage ich ohne Umschweife.

Vater blickt stirnrunzelnd von seinem Buch auf. „Soweit ich weiß, ist er in der Bibliothek. Unserer Bibliothek", fügt er finster hinzu.

Mir fällt fast die Kinnlade herunter. Was macht der ungebildete Typ denn in der Bibliothek?

„Frag nicht. Ich weiß es selbst auch nicht", erklärt Vater, „Was willst du überhaupt von ihm?", fragt er misstrauisch.

„Gar nichts", murmele ich, immer noch verwundert, und lasse Vater wieder allein.

(Was macht jemand wie Greyback wohl in der Bibliothek? Und was will Draco von ihm? ;))

moon & miseryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt