Malfoy Manor

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~


Es sind nun drei Stunden vergangen, seit Isa sich zu Snape aufgemacht hat. Je mehr Sekunden, Minuten, Stunden vergehen, werde ich unruhiger. Es war schon spät als sie ging, und mittlerweile ist längst die Nacht hereingebrochen. Und ich habe noch immer nichts von ihr gehört.
Die Zeit vertickt, weiterhin stumm und leblos.
In der ersten Stunde habe ich mir nichts weiter gedacht, doch ein unruhiges Gefühl ließ sich die ganze Zeit über nicht abschütteln, egal, womit ich mich beschäftigte.
Weitere vier Stunden sind vergangen – und Isa ist noch immer nicht zurück. Die leichten Sorgen werden von Ärger verdrängt. Wieso schafft sie es nicht einmal einen Monat, ohne sich irgendwelche Probleme einzuhandeln? Es könnte so leicht sein, wenn sie auch einmal nur nicken und lächeln würde, es wäre so einfach. Aber nein, sie muss sich ja überall Feinde machen. Verdammt, ist das ätzend.
Ich merke, wie die Müdigkeit mich übermannt. Ich versinke in Taubheit und schwarzen Schatten.
Ich glaube, wenn Isa morgen früh wieder da ist, wird meine Wut nicht verschwunden sein.

Mit heftigen Kopfschmerzen wache ich auf.
Alles ist wie in der letzten Nacht. Alles.
Still, taub und nach wie vor ... leer.


~


Ich unterdrücke ein Gähnen. Es kann nicht mehr lange zur Dämmerung dauern. Das ewige Warten macht mich ganz verrückt – obwohl mir bewusst ist, dass Warten höchstwahrscheinlich besser ist als das, was kommen wird. Ich hasse Warten ...
Es ist so düster und kalt hier, dass ich mich jede Sekunde konzentrieren muss, nicht einzuschlafen. Doch das zieht die Zeit nur noch mehr in die Länge. Ich muss schon wieder gähnen. Das war verdammt noch einmal eine ätzende Idee von Snape.
Anstatt meinen Vater direkt zu benachrichtigen soll ich hier warten. Hier! Wie hirnrissig ist das eigentlich. Außerdem habe ich keine Ahnung, wann mein Vater hier vorbeischauen wird. Wenn ich Pech habe, erst bei der nächsten Todesserversammlung. Ein paar von denen sind bereits hier vorbeigekommen, doch niemand hat mich beachtet. Vielleicht – auch wenn ich es nicht hoffe - liegen einfach viel zu oft irgendwelche Leute in der Eingangshalle von Malfoy Manor herum, als dass es weiter aufregend wäre. Schon gar nicht irgend so ein Mädchen.
Nach und nach prasselt immer stärkerer Regen gegen die riesigen Kristallglasscheiben in den hohen Wänden. Ein unglaublich beruhigendes Geräusch – was nicht gerade praktisch ist, wenn man versucht, nicht ein zu schlafen. Aber der Mamorboden ist so schön kühl ... Und der Regen klingt so schön ... Von der Dunkelheit gar nicht zu sprechen ...
Ich gehe eine Weile auf und ab, um die Müdigkeit zu vertreiben. Ich beschließe, mich auf die untersten Stufen einer der breiten Treppen zu setzen. Da schlafe ich bestimmt nicht ein. Bestimmt nicht ...

Laute, tiefe Stimmen brechen durch mein Bewusstsein. Eine hellere Stimme, ruhig und neutral. Etwas hartes, kaltes drückt sich schmerzhaft in meinen Rücken. Wo bin ich eigentlich?
Ich schlage die Augen auf. In dem dämmerigen Licht nehme ich eine Art .. Geländer wahr. Ein Treppengeländer ... irgendetwas war da doch ...?
Rasch setze ich mich auf. Ich bin natürlich nach wie vor in Malfoy Manor.
Regungslos verharre ich auf meinen Stufen und lausche den Stimmen. Ich höre zwei laute, streitende Männerstimmen und war da nicht noch eine Frauenstimme? Ja, doch, ich höre sie wieder. Die Laute verlieren sich im stetig trommelnden Regen und in der Leere der großen Eingangshalle. Durch die Stäbe des Geländers beobachte ich die drei Gestalten. Jetzt bleiben sie stehen, etwa in der Mitte der Halle. Die kleinste der Personen streift ihre Kapuze ab und redet eindringlich und leise auf die beiden Größeren ein. Zu leise, als dass ich es verstehen könnte, dennoch habe ich in der Düsternis keine Zweifel, dass es sich um Mrs Malfoy handelt. Dann ist es sehr wahrscheinlich dass einer der anderen ihr Mann ist. Und der dritte? Oh verdammt.
Ein Glück, dass ich aufgewacht bin, als sie kamen.
„Halt!" Die Stimme von Mrs Malfoy. „Lucius, da ist jemand. An der Treppe."
Lucius und mein Vater ziehen ihre Zauberstäbe. Dass sie aber auch immer gleich einen Angriff erwarten ... So bedrohlich ist eine einzige Person nun auch wieder nicht.
Mit schmerzenden Gliedern von der unbequemen Nacht stehe ich auf. „Kein Grund zur Sorge, ich bin es nur."
Natürlich lässt mein Vater nicht den Zauberstab sinken, aber immerhin nimmt Lucius mich nicht mehr als Bedrohung wahr und Narzissa sowieso nicht.
„Was treibst du hier?" Auch schön, dich zu sehen, denke ich.
„Snape hat mich per Flohpulver her geschickt. Er meinte, dass ich hier eher auf dich treffe, als ... Zuhause."
Ich taste meine Taschen ab nach dem Brief für meinen Vater. Was Snape da wohl reingeschrieben hat? Obwohl ... eigentlich will ich das gar nicht wissen. Mit misstrauischem Blick nimmt mein Vater den Brief entgegen.
Dracos Eltern beobachten mich stumm. Bestimmt fragen sie sich, ob ich ihnen etwas von Draco erzählen kann oder ob ich ihn in meine Probleme mit hineinziehe.
Angespannt warte ich auf eine Reaktion meines Vaters.
„Du bist auch völlig bescheuert, oder!", schnauzt er. Hilfesuchend ziehe ich die Schultern hoch. Ich glaube, eigentlich sollte es nicht sein, dass man Angst vor dem eigenen Vater hat. Draco könnte mich wahrscheinlich, was das betrifft, gut verstehen.
„Womit habe ich das verdient, hm?" Ich schaue auf den Boden. „Das ist ..."
„Beruhige dich, Andrew", versucht Narzissa meinen Vater zu besänftigen. Vergebens.
„Wenn der dunkle Lord das zu hören bekommt... Und du bis Schuld!"
„Der dunkle Lord wird sich kaum um das Tun einer siebzehnjährigen Schülerin scheren", sagt Lucius Malfoy mit seiner klassischen, aufgesetzt gelangweilten Stimme.
„Das musste er schon oft genug", knurrt mein Vater. Dann wendet er sich wieder mir zu.
„Ich könnte dich auf der Stelle bestrafen, aber ich kann dein Gesicht gerade nicht ertragen." Damit geht er an mir vorbei, die Treppe hoch. In dem Moment schiebt sich die Sonne über den Horizone und taucht die kühle Halle in hellrote Strahlen.
Ich sinke zurück auf die Treppenstufen und vergrabe das Gesicht in den Händen, wobei mir egal ist, dass Dracos Eltern noch immer nur wenige Meter von mir entfernt stehen.
Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn!
Und Draco muss ich über meinen Verbleib vorerst wohl auch noch im Dunkeln lassen.

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