Behutsam klopfe ich an die Tür aus Ebenholz, welche zu dem Arbeitszimmer meines Vaters führt. Auf ein widerwilliges „Herein!" betrete ich den Raum. Hohe Regale mit wertvollen Büchern und teuren, teilweise schwarzmagischen Artefakten zieren die Wände. Vater sitzt wie üblich hinter seinem schweren Schreibtisch. Seufzend legt er die Feder aus seiner Hand. „Was gibt es, Draco?"
Schweigend schiebe ich die Nachricht über den Tisch zu ihm herüber. Als Vater wieder aufsieht, frage ich: „Was ist der Untergrund?" Einen Moment sieht mein Vater mich mit vereistem Ausdruck an, ehe er sagt: „Es ist nicht nötig, dass du das weißt, Draco. Verschwende deine Zeit nicht mit solchen Nichtigkeiten." Wütend trete ich näher, stütze meine Hände auf dem Schreibtisch ab und beuge mich vor. „Was. Ist. Der. Untergrund." Vater sieht mich leicht perplex an – so etwas ist er nicht von mir gewohnt. Er hat Recht, früher hätte ich mich so etwas nie getraut und seine Antwort einfach akzeptiert. Doch so bin ich nicht mehr.
Vater stößt ein ergebenes Seufzen aus. „Der... Untergrund, ja. Das ist eine Art Organisation, die Greyback gehört. Im Grunde besteht der Untergrund aus einem großen Netz an Tunneln unter London. Greyback hortet dort eine... Gruppe... Gemeinschaft... Armee an Werwölfen. Er lässt sie ausbilden zum Kämpfen und Jagen." Er zögert, bevor er weiter spricht. „Nicht Wenige dort unten kommen dank der brutalen Kämpfen und der schlechten Hygiene und Versorgung um. Aber ich glaube nicht, dass Greyback Isa sterben lassen würde, dazu bräuchte er den Befehl vom dunklen Lord. Wenn andere Halbblüter sterben ist das egal, aber da Isa eine vollwertige Todesserin ist..."
Ich höre Vater nicht weiter zu, sondern verlasse, ohne mich zu entschuldigen, den Raum.
~(Isa)
Als ich von dem Licht geweckt werde, weiß ich nicht, wie lange ich geschlafen habe. Greyback steht in der Tür und bellt mich an, ich solle mich beeilen.
Immer noch müde und mit schmerzenden Glieder rappele ich mich auf um ihm zu folgen. Ich kann mich hier unten nicht auf mein Zeitgefühl verlassen. Ich weiß nicht, ob wir Tag oder Nacht, Morgen oder Abend haben. Vor einer anderen Tür machen wir halt. „Sorg einfach dafür, dass die halbwegs ruhig bleiben", knurrt Greyback bloß als Erklärung, ehe er mich durch die Tür schiebt und mich wieder alleine lässt. Dieser Raum ist so groß wie ein Klassenzimmer und es stehen sogar Tische und Stühle darin. Doch liegen auf dem Boden ebenfalls abgenutzte Matratzen und sogar zwei oder drei schmutzige Kuscheltiere. Grauen macht sich in mir breit, als ich begreife was Greyback meinte, als er Welpen sagte.
Etwa ein Dutzend Kinder befinden sich in dem Raum. Eine kleine Gruppe scheint zu spielen, doch alle anderen Kleinen sehen todunglücklich aus. Sie sitzen zusammengedrängt auf den Matratzen oder Stühlen und verhalten sich definitiv nicht so, wie sich Kinder normalerweise verhalten sollten. Ein enges Seil aus Trauer scheint sich um mein Herz zu schlingen, während ich begreife, dass all diese Kinder gebissen und von ihren Familien weggerissen und hier eingesperrt wurden. Ich schätze, die Kinder sind zwischen fünf und zwölf Jahren. Ein paar wenige blicken auf, als ich den Raum betrete, aber wenden schnell wieder den Blick ab. Ich mache ein paar zögernde Schritte, da entdecke ich ein Mädchen, das hier vermutlich zu den ältesten gehört, aber eigentlich auch bloß elf oder zwölf Jahre alt ist. Es sitzt zusammengekauert unter einem der Tische, die Arme um den Körper geschlungen. Sie weint.
„Hey", sage ich vorsichtig und hocke mich zu ihr unter den Tisch. Ist alles okay?, will ich schon fragen, aber dann kommt mir das dumm vor. Also versuche ich es stattdessen mit: „Ich bin Isa. Wie heißt du?" „Mallory", flüstert das Mädchen. Mit großen, dunkelbraunen Augen schaut sie mich an. Ihr buschig abstehendes Haar und ihre Haut sind fast so dunkel wie ihre Augen. Bei den Tränen, die auf ihren Wangen schimmern, muss ich schlucken. Die armen Kinder. „Wieso weinst du denn?", frage ich behutsam.
Mallorys ohnehin schon große Augen weiten sich vor Schreck. „Bitte nicht", haucht sie, „Es tut mir leid." Hastig wischt sie sich mit ihren kleinen Händen die Tränen weg.
„Was tut dir Leid?" Ich versuche Freundlichkeit und Wärme auszustrahlen, aber ich weiß nicht, ob mir das gelingt, denn Mallorys Lippen beginnen wieder zu zittern. Tapfer blinzelt sie und versucht, die Tränen zurückzuhalten. „Dass ich wieder geweint habe", kommt die geflüsterte Antwort.
„Dafür musst du dich doch nicht entschuldigen", sage ich leicht verwirrt.
Aber Mallory wispert voller Angst: „Der große Mann hat gesagt, wenn ich nicht aufhöre zu weinen bringt er meine Eltern um." Das Trauerseil zieht sich noch etwas enger um meine Brust. „Er hat gesagt, alle anderen Kinder bekommen Angst wenn ich weine. Und dann nerven sie. Und er bringt sie alle um." Ein Bild taucht in meinem Kopf auf, wie Greyback kleine Kinder bedroht. Ich kann es mir nur zu gut vorstellen.
„Wenn ich da bin, darfst du weinen. Aber es wäre mir trotzdem lieber, wenn du es nicht tätest. Ich möchte nicht, dass du so traurig bist. Willst du mir vielleicht erzählen, warum du weinst?" Mallory schnieft leise. „Ich bin erst seit letztem... Monat hier. Alle anderen Kinder sind schon lange hier. Und ich habe so große Angst. Ich will kein Wolf sein. Ich will nach Hause."
Ich ziehe Mallory in meinen Arm und streiche ihr beruhigend über den Rücken. „Keine Sorge", flüstere ich ihr ins Ohr, „Es wird alles gut." Auf einmal steigt kochende Wut in mir auf. Das sind Kinder, will ich schreien, Kinder, verdammt! „Mallory", sage ich, und sehe dem Mädchen fest in die Augen, „Ich verrate dir ein Geheimnis. Aber du darfst es niemandem verraten. Ganz besonders nicht dem großen Mann, verstanden?"
Mallory nickt ehrfürchtig. Leise, so leise dass ich mich selbst kaum höre, hauche ich in ihr Ohr: „Ich werde dafür sorgen, dass ihr hier raus kommt. Egal wie. Versprochen."
DU LIEST GERADE
moon & misery
Fanfiction(Abgeschlossen!) Eine Geschichte um Draco Malfoy und Iris-Isabelle van Greenskape, die im siebten Schuljahr untragisch beginnt. Iris-Isabelle, die lieber Isa genannt wird, ist schockiert, als sie erfährt, dass sie zusammen mit Draco Malfoy Schulspre...