der Wald

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Der Wald ist dunkel und schattig, in die andere Richtung hinter den tiefhängenden grünen Tannenzweigen lichten sich die Bäume auf einem steil abfallenden Hang in eine Art Tal. Ein ganzes Stück weiter glänzt ein See.
Verträumt denke ich daran zurück, wie ich Draco von den Weasleys aus regelrecht entführt und in einen diesem nicht ganz unähnlichen Wald mitgenommen habe. Niemals hätte ich damals daran gedacht, dass ich eines Tages in eine weitaus schlimmere Lage wie diese geraten würde.
„Geh uns bloß nicht verloren, Greenskape!"
Naja, es hätte auch noch schlimmer ausfallen können. Ich lege etwas an Schritt zu, und hole die anderen drei wieder ein.
Der Mann, der mich gerufen hat, heißt Jackson – seinen Vornamen kenne ich nicht. Ich schätze ihn auf etwa 23 Jahre, und er ist der, mit dem aus unserer 'Gruppe' noch am ehesten zurechtkommen würde.
Auf den ersten Blick sieht Jackson recht unscheinbar aus, wenn man ihn aus der Ferne und im Vorbeigehen sieht. Aus der Nähe allerdings... Er ist genau die Art von Mensch, dem man in einem einsamen Wald nicht begegnen möchte. Ohne grob oder plump zu wirken hat er breite Schultern und ist sicherlich sehr stark. Das ist wieder etwas, das ich eher weniger gerne überprüfen würde. Am schlimmsten sind seine Augen, von einem fast unnatürlich hellen, eisigen Blau, und er macht keinen Hehl daraus, was er fühlt oder denkt.
Ich kenne kaum einen Menschen, der so intensiv und deutlich zeigt, was in ihm vorgeht. Jacksons Haltung, Ausdruck, seine zischende, raue Stimme schwanken so heftig und deutlich, wie bei niemandem sonst, den ich kenne, wenn sich irgendetwas in ihm regt.
Ich weiß, ich hätte nicht so zurückfallen sollen.
Jackson geht dicht hinter mir, mit gezücktem Zauberstab scheucht er mich vorwärts. Doch ich weiß, dass er nur blufft.
Nach den zwei Stunden, die ich Jackson nun kenne, weiß ich bereits, dass er nicht der Typ für rohe Gewalt ist, ganz im Gegensatz zu Greyback. Jackson geht es vielmehr darum, Angst zu schüren. Ich glaube, er liebt das Spiel zwischen sich und seinen Opfern; Die Opfer einschüchtern, ihnen dann etwas Raum lassen und sofort wieder umso stärker zurückdrängen.
Ich glaube nicht, dass Jackson irgendwen einfach aus Lust angreifen würde. Höchstens, wenn es nötig ist.
Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich ihn den anderen beiden als Teampartner vorziehen würde.
Greyback kenne ich für meinen Geschmack bereits viel zu lange und viel zu gut. Ihm werde ich nach Möglichkeit aus dem Weg gehen – wenn ich die Möglichkeit dazu haben werde.
Der andere... Mit gesenktem Kopf gehe ich wieder schneller. Besser gesagt, DIE andere ... Es mag lächerlich klingen, was es wohl auch ist, aber sie jagt mir Angst ein.
Ganz anders als bei Jackson kenne ich bloß ihren Vornamen. Jazymyn. Ich finde, schon der Name klingt schon kalt und scharf.
Im Grunde würde ich sagen, Jazymyn ist das komplette Gegenteil von Jackson. Aber auch Greyback ähnelt sie in keiner Weise.
Eigentlich ähnelt sie überhaupt nichts und niemandem.
Sähe ich Jazymyn ein paar Stunden nicht und würde ihr dann wieder über den Weg laufen – Ich wüsste nicht, ob sie es ist.
Normalerweise kann ich mir Gesichter gut merken, aber ich weiß nicht, was ich mir bei ihr merken soll.
Jetzt sehe ich nur ihren aschblonden, glatten Zopf von hinten, und bereits jetzt sind mir ihre Züge wieder entwichen. Ich weiß nicht, woran das liegt, aber sie sieht weniger menschlich aus als Greyback, obwohl ich sonst sagen würde, Jazymyn sieht ... normal aus.
Vielleicht kann ich nicht behalten, wie sie aussieht, weil ich keine einzigen Regungen in ihrem Gesicht entdecken kann.
Bisher habe ich sie auch noch kein einziges Mal sprechen gehört – sie hat nicht einmal genickt oder den Kopf geschüttelt oder sonst irgendetwas getan.
Ich kann auch nicht beurteilen, ob Jazymyn hübsch ist oder nicht, geschweige denn, wie alt sie sein könnte. Sie tut immer bloß das nötigste, was getan werden muss, und das sofort ohne dem eigentlichen Geschehen auch nur etwas Beachtung zu schenken.
So viel Gleichgültigkeit habe ich noch nicht einmal bei den Malfoys gesehen.

Die Malfoys... Draco. Verdammt, daran wollte ich doch nicht denken!
Frustriert verschränke ich die Arme. Es ist nicht das erste Mal, dass wir ziemlich entfernt voneinander weiterleben, seit wir uns im letzten Sommer ... wiedergefunden haben. Aber jetzt bin ich praktisch komplett abgeschnitten von ihm, von dem Rest der Welt, um genau zu sein.
Genauso schlimm wie die Tatsachen, dass ich Draco in keinster Weise kontaktieren kann, geschweige denn, ihn treffen, sehen, fühlen kann, ist, dass ich dieses Mal nicht einmal weiß, für wie lange das sein wird.
Es könnten zwei Wochen oder zwei Monate sein.
Oder zwei Jahre ...
Und was in der Zeit alles passieren kann ...
Es ist, wie einen Berg hinauf zu klettern, von dem ich die Spitze nicht sehen kann, ich kann kein Ende sehen, nicht einschätzen, wie lange ich hier sein werde. Oder woanders. Das ist egal.
Plötzlich, wo ich über Ziele – oder nicht-Ziele – nachdenken, und über Wege, um sie zu erreichen, muss ich nach all der Zeit wieder an Potter und seine Gefolgschaft denken.
Hermine – sie war mal meine beste Freundin! Schaudernd ziehe ich die Schultern hoch, während ich ein paar tief hängenden Zweigen ausweiche.
Wie lange ist das jetzt her ... Und da gab es ja noch Jumps... Mein Leben sah so anders aus!
Und jetzt?

Ich weiß nur, dass ich weiterlaufen muss, auch, wenn ich oft auf ein und der selben Stelle festhänge...

moon & miseryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt