Potterwatch

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Draco lässt mich sofort los, als er mein Gesicht sieht. Als ich vorhin an einem Spiegel vorbei gelaufen bin, habe ich mich selbst erschreckt. Drei gezackte, tiefe Schnitte verlaufen quer durch mein ganzes Gesicht, ich hatte noch keine Gelegenheit, das Blut ab zu waschen, ein Auge ist rot und geschwollen. „Ich sagte doch, verzieh dich." Draco sieht aus, als wäre ihm schlecht. Aber er geht nicht. „Das sieht übel aus." „Tja, ich habe mich auch schon mal besser gefühlt." Draco schweigt einen Moment lang und mustert mich nachdenklich. „Wieso musstest du mich erst entführen, mich zu den Weasleys schleppen und gefoltert werden, bis ich tatsächlich kapiere, wie bescheuert diese ganze Bagage hier wirklich ist?" „Das solltest du nicht zu laut sagen, Draco."

Erschrocken hebe ich ruckartig den Kopf und fühle im nächsten Moment, wie weiteres Blut über mein Gesicht läuft.

Am Treppenansatz steht Narzissa und mustert uns mit unergründlicher Miene. Mit langsamen Schritten kommt sie zu uns herunter. „Habe ich dir denn gar nichts beigebracht, Draco?" Narzissa mustert ihren Sohn missbilligend. Der Angesprochene runzelt die Stirn. „Du hast mir eine ganze Menge beigebracht, Mutter. Worauf genau willst du also hinaus?"

„Wenn eine Person, mit der man ein gutes Verhältnis führt – was bei euch ja an sich schon untertrieben ist – Hilfe benötigt-" „Ich kann keine Heilzauber! Das hat mich nie interessiert" verteidigt sich Draco, während ich gleichzeitig die Lüge „Mir geht's prima" von mir gebe.

Narzissa hebt abwehrend die Hand. „Man muss keine Heilzauber können, um jemanden zu helfen. Zur Not könntest du auch einfach einen Hauselfen holen. Und was dich betrifft, Isa, so kann man dir in deinem Zustand kein Wort glauben. Kannst du gehen?" Mühsam richte ich mich auf. „Natürlich kann ich gehen."

Draco bringt mich vorerst hoch in sein Zimmer, wo Narzissa mit irgendeinem Zauber mein Gesicht zusammenflickt.

Nachdem sie den Raum verlassen hat, entsteht eine unangenehme Stille zwischen mir und Draco.

„Danke" sage ich schließlich. Draco legt den Kopf schief. „Für was?" „Keine Ahnung. Alles?" Er nickt. „Ist zwar unlogisch, aber verständlich."

In den folgenden Wochen tun so gut wie alle Todesser so, als hätte es den kleinen Zwischenfall nicht gegeben.

Nach Möglichkeit gehen Draco und ich irgendwelchen größeren Todessereinsätzen aus dem Weg, was bei ihm nicht weiter schwierig ist, da er ja erst 17 und noch kein ausgebildeter Zauberer ist. Was mich betrifft, sieht das schon schwieriger aus. Ein paar Mal testet der dunkle Lord meine Treue; Lässt mich bei Hausdurchsuchungen potentieller Verdächtiger mitmachen, bei Überfällen auf nicht vom dunklen Lord genehmigten Läden in der Winkelgasse oder auch in Hogsmeade und bei gelegentlichen Versammlungen richtet er öfter als normal ein Wort an mich. Zum Glück dauert diese Test-Reihe nicht länger als zwei Wochen. Trotzdem bin ich weiterhin vorsichtiger mit dem was ich sage und tue, besonders, da der dunkle Lord aus unerfindlichen Gründen beschlossen hat, dass ich dauerhaft in Malfoy Manor wohnen soll. Aber nicht vorsichtig genug.

Ich sitze ich einem bequemen Sessel in dem mir zugeteilten Zimmer und spiele gelangweilt an einem kleinen, verstaubten Radio herum, dass ich in einem der ziemlich unbenutzten Zimmer von Malfoy Manor gefunden habe. Überall das Gleiche; Unerwünschter Nr 1, Potter ist doof, Ministerium sucht den und die und das, Potter noch nicht gefunden, keiner hat den unerwünschten Nr 1 gesehen, Wir alle glauben an Potter, Uner-

Was? War? Das? Wir alle glauben an Potter?

Hastig versuche ich, den Sender wieder rein zu kriegen. Nichts. Habe ich gerade irgendetwas anders gemacht? Ich runzle die Stirn. Ja, doch.

Ich habe dummerweise in den letzten Tagen die Angewohnheit entwickelt, mit meinem Zauberstab herum zu spielen.

Zum Test tippe ich denselben Rhythmus auf das Radio, wie vor wenigen Sekunden.

„Natürlich ist er immer noch nicht gefunden." Ein Lachen. Ich kenne die Stimme. „Tatsächlich haben selbst die Todesser des ach so dunklen Lords selbst unseren netten kleinen Sender noch nicht zu hören bekommen. Gar nicht mal so schlau, nicht wahr?" „Wer hat je geglaubt, dass die schlau sind?"

Ich werfe einen hastigen Blick zur Tür. Verschlossen. Augenblicklich entspanne ich mich. Das Haus ist groß. Trotzdem stelle ich mit zitternden Fingern leiser, bis ich die Stimmen von Fred und George kaum noch hören kann. Sicher ist sicher. Ich muss lächeln.

Es tut gut, freundliche, gut gelaunte Stimmen zu hören.

„Heute sind wir leider nur zu zweit, da die anderen Vertreter unseres Senders alle dienstlich unterwegs sind. Aber das soll uns nicht davon abhalten, euch Potterwatchers auf den neusten Stand zu bringen."

Oh mein Malfoy.

Neuigkeiten. Verbindung zur Außenwelt. Ich tick' aus.

„Seit unserer letzten Sendung gab es erstaunlicherweise keine Mordfälle. Ist das nicht unglaublich? Scheint, als hätten die Todesser tatsächlich etwas anderes zu tun." Ja, denke ich, mich überwachen zum Beispiel. Der andere – also Fred, glaube ich, - fährt fort: „Nur an Hausdurchsuchungen wurde nicht gespart. An dieser Stelle wollen wir einen kleinen Gruß an unsere liebe Eule ohne Flügel da draußen schicken." Wie? Wer ist das denn jetzt? „Tja, anstatt uns per einem kleinen, hüpfenden Drachen auf dem Laufenden zu halten, verschmort sie gerade wohl in Malfoy Manor. Ob sie uns wohl auch manchmal hört, George?" „Aaach, ich weiß nicht. Das Heim des Drachen ist doch ein einziger Überwachungsstaat."

Wie immer brauche ich ein bisschen, bis der Sinn der Worte zu mir durchdringt.

Drache. Sie sprechen über Draco. Und, Moment mal, hüpfen, Drache – Jumps!

Mich. Sie sprechen auch über mich! Ich bin die Eule ohne Flügel! Aber wieso Eule ohne Flügel? Weil ich keine Post bringe... Ich springe auf, plötzlich ganz zappelig. Ich bekomme gerade noch „Das Passwort für den nächsten Termin ist Phönix-" mit, bevor ich aus dem Zimmer laufe, um meiner Energie freien Lauf zu lassen.

(Hallo! Ich wollte mich ganz kurz melden, mich für über 110 Aufrufe und die Reviews bedanken und sagen, dass bis Freitagabend keine neuen Kapitel kommen werden, da ich da auf Stufenfahrt bin. Man sieht sich :))

moon & miseryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt