„Ich nehme mir mal das Recht, vermuten zu dürfen, dass du meinen Sohn nicht in deine Unannehmlichkeiten mit hineiziehst?", fragt Lucius Malfoy abfällig.
„Nein", antworte ich leise. „Draco ... Ihm geht es, den Umständen entsprechend, gut."
Plötzlich fällt mir etwas ein. „Er weiß gar nicht, was los ist. Wo ich bin." Ich hebe den Kopf und schaue Mrs Malfoy an. „Sie ... Könnten Sie ihn vielleicht benachrichtigen? Ich weiß nicht, schreiben oder so? Ich schätze, ich muss wohl noch ein Weilchen hier bleiben." Dracos Vater schnauft verächtlich. „So weit kommt es noch, dass wir uns von jemandem wie dir Befehle geben lassen. Entschuldigt mich, ich habe zu erledigen."
Narzissa nickt leise. „Selbstverständlich. Ich nehme an, du wurdest angewiesen, hier zu verweilen?" „Ja." „Du warst bereits des Öfteren hier – du findest dein Zimmer?" Ich nicke.
Sie blickt mich an, und ich habe keine Ahnung, was in ihr vorgeht. Ich stehe mühsam auf, atme tief durch und mache mich auf den Weg zu 'meinem' Zimmer.
Auf dem Absatz drehe ich mich noch einmal um. „Schreiben Sie Draco, dass es mir gut geht, bitte."
Der graue Tag vor meinem Fenster sieht kalt aus. Kalt und ungemütlich. Und obwohl das wahrscheinlich mein geringstes Problem ist, habe ich das Gefühl vor Langeweile um zu kommen. Das ist fast so schlimm wie das Warten auf das Ungewisse, wobei beides sich sehr nahe kommt. Ich kann nicht einmal sagen, ob ich es vorziehe, hier im Manor zu vergammeln oder in Hogwarts zu versauern. Wenigstens bin ich in Hogwarts nicht alleine, ganz im Gegensatz zu hier.
Hier bin ich alleine, alleine mit dem Staub, mit der Kälte, der Stille und allein mit der Einsamkeit.
Und allein mit mir selbst. Das ist wahrscheinlich das Schlimmste. Man selbst ist das Einzige, dem man nicht entfliehen kann. Man ist gefangen in dem eigenen Kopf, in den eigenen Gedanken, für immer. Und wenn man so viele Fehler macht wie ich, und dann noch scheinbare Ewigkeiten für sich allein ist, fängt man irgendwann an, wenn man über alles andere schon nachgedacht hat, sogar nachzudenken über das über was man nachdenkt. Ziemlich verwirrender Gedanke. Aber auch das geschieht nicht, ohne dass man vorher über all die Fehler und Probleme nachgedacht hat, die es sonst so gibt. Warum kann es nicht einfach in der Natur des Menschen liegen, über die schönen Dinge dieser Welt nachzudenken, wenn ihm langweilig ist?
Das wäre zu einfach. Zu schön, zu gut. Und gute, schöne Dinge liegen mir nicht.„Kennst du das, wenn man sich einfach nur fragt, wozu das alles führen soll?" Die Person vor mir nickt. „Jah... Ich auch ... Sagt man zu sowas nicht; 'So ist das Leben?'" Sie nickt wieder. Und schaut mich mitleidig an. „Irgendwie habe ich dieses Gefühl in letzter Zeit irgendwie ständig. Echt ätzend, das kannst du mir glauben. Und überhaupt, wenn hinter allem doch immer bloß ein Warum steht, macht doch alles keinen Sinn. Meinst du, es gibt etwas, das man nicht hinterfragen muss? Gibt es sowas? Dass etwas passiert, und es ist genau wie es sein sollte? Ja?" Die Person nickt heftig. „Was denn? Ach komm", sage ich verächtlich, „Du meinst Freundschaft und Liebe? Du bist mir echt zu kitschig! Manchmal hasse ich dich echt. Ja ich weiß, dass du das weißt. Aber im Ernst, vielleicht hätten wir etwas weniger Stress, wenn du ein bisschen anders wärst. Irgendwie ... schlauer... besser ... vernünftiger, richtiger ... und du solltest vielleicht weniger Selbstgespräche führen." Die Person zieht skeptisch die Augenbrauen hoch. „Nein!", sage ich energisch, „Ich bin nicht verrückt! Und jetzt halt den Mund! Oder ... nein, red weiter. Warte mal!" Ich muss lachen. „Stell dir mal vor, Draco würde das alles mitbekommen!" Mein Hals ist rau, und trotzdem lache ich laut weiter. „Der würde mich doch für völlig Banane im Kopf halten! Aber ist auch egal ... Er ist in Hogwarts, und ich bin hier ... Er in Hogwarts, sie ist in Hogwarts, es ist in Hogwarts ... jeder und alles ist in Hogwarts, und ich, nur ich, ich bin hier, und ich bin ganz alleine und wahrscheinlich bald wirklich verrückt. Stell dir vor, ich bin in diesem Zimmer hier eingesperrt!" Die Person vor mir schüttelt entsetzt den Kopf. „Doch! Und mir ist langweilig! Seit drei Tagen ist mir langweilig. Hast du eine Idee, was ich machen kann? Nein, hast du nicht, sonst hätte ich nämlich eine Idee ... Nicht mal Hauselfen besuchen mich! Weißt du, warum ich so alleine bin? Nein, weißt du nicht! Ich auch nicht ... Mir ist nicht nur langweilig, ich habe Durst! Weißt du, vielleicht sterbe ich ja mal irgendwann! Das Leben ist so langweilig, aber wenn ich vielleicht tot bin kann meine Seele bestimmt so schön hüpfen und ich kann durch Wände laufen, wie die Geister in Hogwarts! Selbst die Geister sind alle in Hogwarts!" Ich lasse mich nach hinten fallen und lege meine Wange an den kühlen Boden. „Und dann hüpfe ich und ... hüpfe und ..." Ich muss gähnen. Dabei müsste es bald Morgen sein. Vermute ich. Genau kann ich es nicht sagen; Die Fenster sind fest verschlossen, ebenso die Türen. Nur spärliches Licht durchdringt mein Zimmer in Malfoy Manor. Allerdings sagt mein Gefühl, dass etwa drei Tage vergangen sein müssen. Ob es mein Vater war, der mich eingeschlossen hat? Wahrscheinlich.
Ich setze mich auf und schaue wieder die Person vor mir an.
„Stell dir nur vor", sage ich ernsthaft, „Mir ist so langweilig, dass ich mit meinem Spiegelbild rede. Verrückt, was?" Sie nickt, ich nicke. Ich grinse mein Abbild an. „Ich glaube, in nächster Zeit könnte ich wirklich noch ein bisschen verrückt werden. Verrückter, meine ich. Im Ernst, jetzt bilde ich mir schon ein, Schritte zu hören! Oder angehendes Licht zu sehen und eine Tür sich öffnen zu hören ... Vielleicht wünsche ich mir auch einfach so sehr, dass irgendjemand, irgendjemand zu mir kommt. Verrückt, was?"„Wie tief kann man nur sinken? Und wie oft willst du mich noch blamieren? Führst du jetzt schon Selbstgespräche?"
„Verschwende doch keine Zeit mit Reden, du siehst doch, sie redet nur noch mit sich selbst!" Gehässiges Lachen.
„Freut mich, dass dich das so amüsiert, Greyback, aber mir missfällt das, trotz all dem anderen, wichtigeren..."
Starr vor Angst sitze ich da, die Augen geschlossen. Ich muss mich an das Licht erst wieder gewöhnen.
Habe ich mir echt gewünscht, irgendjemand würde zu mir kommen? Wie dumm von mir. Man sollte vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht. Es könnte wahr werden.
„Komm schon, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!"
Ich muss mich beruhigen. Der Gedanke macht sich in meinem Kopf breit und schwappt wie Wellen durch mich wie die Ringe, die sich bilden, wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Wenn ich Angst habe, macht es das bloß noch schlimmer, alles wird schlimmer sein. Es war nicht zu vermeiden, dass mein Vater irgendwann kommt. Mit oder ohne Greyback wird kaum eine Rolle spielen.
Sie merken es, wenn ich Angst habe, und das wird nicht zu meinen Gunsten sein.
Ich stelle mir Dracos Gesicht vor. Seine gerade Nase, die sturmgrauen Augen und seine kühlen Lippen. Die geraden Falten auf seiner Stirn, wenn ihm etwas missfällt. Das akurat gekämmte, fast weiße Haar. Wie er blinzelt und leicht den Kopf neigt, wenn er genervt ist.
Ich stehe auf.
Ich gehe weiter. Dracos gerade Schultern und seine langen Beine. Diese einzigartige Präzision, wenn er sich bewegt.
Wie aus weiter Ferne spüre ich, wie Greyback meinen Arm packt und mich weiter zerrt.
Ich stelle mir vor, wie Draco meine Hand drückt. Er ist stärker, als er aussieht, manchmal vielleicht ein wenig zu stark und besitzergreifend. Ein bisschen sehr bestimmt und doch stets ruhig. Genau wie ich gerade. Vielleicht kann ich so ruhig werden wie Draco.
Irgendwo hinter mir wird eine Tür fest zugestoßen.
Draco, wie er meinen Namen ruft, manchmal etwas genervt und hektisch, aber genauso auf der Suche nach mir.
Ich bin weit weg mit meinen Gedanken, doch das hinter mich nicht daran, den Zauberstab zu bemerken, der sich auf mich richtet.
Auch wenn nicht anwesend, so ist Draco vielleicht doch auf irgendeine andere Art in meiner Nähe, egal, was passiert. Was passiert ist, was passiert und was passieren wird.
(Hallöle, die Autorin hier :) Wie gefällt euch die Geschichte bis jetzt? Ich freue mich immer über konstruktive Kritik und Kommentarehhhhhhh *-*)
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moon & misery
Fanfiction(Abgeschlossen!) Eine Geschichte um Draco Malfoy und Iris-Isabelle van Greenskape, die im siebten Schuljahr untragisch beginnt. Iris-Isabelle, die lieber Isa genannt wird, ist schockiert, als sie erfährt, dass sie zusammen mit Draco Malfoy Schulspre...