„Sie weiß nichts."
Ich stehe in dem Arbeitszimmer meines Vaters, der mich über seinen Schreibtisch hinweg ansieht. „Geh und frag sie selbst, wenn du mir nicht glaubst. Eigentlich hättest du dabei sein sollen, Vater." Ich verschränke die Arme. „Vielleicht könntest du dann eingesehen, dass ich ein würdiger Todesser sein kann, wenn ich will."
Ich höre nicht zu, als Vater mich lobt und behauptet, er hätte nie an meinem Können gezweifelt. In Gedanken bin ich immer noch bei dem Gespräch mit Luna. Eigentlich bin ich, seit ich ein Todesser bin, ein besserer Mensch geworden. Zumindest innerlich. Ich darf, ich kann es nicht zeigen, aber alles, was geschieht, tut mir Leid, ebenso alles, was ich je getan habe. Die Zeit würde ich zurück drehen, wenn ich könnte. Doch dafür ist es zu spät. Oder nicht? Ich bin erst siebzehn Jahre alt. Siebzehn Jahre von... wie viele Jahre werden wohl noch kommen? Doch mittlerweile bin ich überzeugt, dass diese siebzehn Jahre nur ein kleiner Teil meines Lebens sein werden, und eine größere, bessere Zeit noch kommen wird. Hoffnung, da ist sie wieder, die verfluchte Hoffnung auf ein besseres Leben.
„MALFOY!"
Vater springt auf und ich stolpere fast, so schnell drehe ich mich zur Tür um. Instinktiv weiche ich zurück, bis ich gegen den Schreibtisch stoße.
Schwer atmend und so verfilzt und schmutzig wie immer steht Fenrir Greyback in der Tür, das Gesicht zu einem gefährlichen Grinsen verzogen.
„Greyback! Was... was wird das?" Doch Greyback hat keinen einzigen Blick für Vater übrig. Hinter ihm betreten zwei weitere Todesser den Raum, eine Frau und ein Mann. Beide halten mit ihren Zauberstäben Vater unter Kontrolle, während Greyback sich mir zuwendet. Der stinkende Werwolf rückt mir so dicht auf die Pelle, dass ich seinen fauligen Atem riechen kann. „Also, Kleiner", sagt er höhnisch, „Du beantwortest mir nur eine Frage, und wir lassen dich und deinen Daddy zufrieden. Kapiert?"
Hastig nicke ich. Doch leider ist nicht jeder so kooperativ veranlagt wie ich. „Was soll das, Greyback?", fragt Vater. Da er hinter mir steht, kann ich ihn nicht sehen, doch ich stelle mir vor, wie er bei diesen Worten arrogant das Kinn hebt, in dem Versuch, autoritär zu wirken. „Wie redest du mit meinem Sohn, in meinem Haus! Du bist nicht einmal ein vollwertiger Todesser, Werwolf. Also bilde dir nicht ein-"
„Halt die Klappe, alter Mann", knurrt Greyback, ohne den Blick von mir abzuwenden, „Hör auf zu labern, oder dein feiner Sohn wird bald nicht mehr so hübsch aussehen."
Ich schließe die Augen und hoffe inständig, dass Vater schlau genug ist, still zu sein. Doch mein Vater wäre nicht mein Vater, wenn er so schnell zu beeindrucken wäre. „Wie kannst du es wagen-", versucht er es wieder. In einer einzigen, schnellen Bewegung packt Greyback mich am Kragen meines Umhangs, dreht mich um und schlingt einen Arm um meinen Hals, sodass ich nun Greyback im Rücken habe und meinen Vater ansehen kann. Mit seiner freien Hand fährt Greyback in eine seiner Umhangtaschen und ich rechne damit, dass er seinen Zauberstab zieht, doch stattdessen hält er breites Messer in der Hand. Spielerisch legt er es an mein Gesicht und ich werfe Vater einen flehenden Blick zu. „Bist du jetzt ruhig, Malfoy?", fragt Greyback mit süßlicher Stimme. Mit angespanntem Kiefer nickt Vater schließlich.
Greyback gibt ein hämisches Lachen von sich. „Dein kleiner Sohn ist schlauer als du, alter Mann. Er wusste von Anfang an, dass es klüger ist, mich nicht zu reizen. Und das bleibt auch so, oder?" Die Klinge seines Messers schneidet langsam in meine Schläfe und wandert bis zu meinem Kinn hinunter. „Oder?", wiederholt Greyback mit einer Warnung in der Stimme. Ganz vorsichtig nicke ich, und das Messer bohrt sich etwas tiefer in meine Haut. „Gut so", schnurrt der Werwolf, „Aber vielleicht sollte ich doch wieder etwas öfter bei euch vorbeischauen. Deinem Vater scheint es an Respekt zu mangeln. Also..." Die Klinge wandert unter meinem linken Ohr am Hals auf meine Kehle zu, und ich wage es kaum zu atmen. Ich spüre ein warmes Rinnsal von Blut über mein Gesicht und meinen Hals laufen. „Ich hoffe für dich, dass deinem Vater diese Lektion nun etwas länger in Erinnerung bleibt. Es ist doch ein Jammer, dass du immer wieder für das Fehlverhalten deines Vaters herhalten musst, nicht wahr, kleiner Malfoy?" Ich spüre den brennenden Blick meines Vaters auf mir, doch ebenso spüre ich das Messer an meinem Hals. Also nicke ich erneut, was Greyback dazu bringt, laut auf zu lachen. „Oh, ich kann deine Angst riechen, Kleiner. Sehr schön. Aber eigentlich bin ich bloß hier, um dich etwas zu fragen... Wäre dein Vater nicht gewesen, hättest du jetzt nicht diese hübsche Verzierung im Gesicht." Seine Stimme schwankt wieder in diese spöttische Süße, die mir mehr Angst macht als jede laut ausgesprochene Warnung. „Dann wirst du jetzt auch sicher ganz ehrlich meine Frage beantworten, nicht wahr?" Greyback lässt mich los und ich atme erleichtert aus, als er das Messer sinken lässt. Er wirft die glänzende Waffe von einer Hand in die andere, seltsam geschickt und behände, besonders im Vergleich zu seinem üblichen, grobmotorischen Gehabe. Dann beugt er sich zu mir herunter und bringt sein Gesicht so nah an meins, dass ich seinen heißen Atem auf meiner Haut spüre. Diesmal setzt er mir die kalte Spitze seines Messers an die Brust, ehe er endlich seine Frage stellt.
„Wo. Ist. Sie."
DU LIEST GERADE
moon & misery
Fanfiction(Abgeschlossen!) Eine Geschichte um Draco Malfoy und Iris-Isabelle van Greenskape, die im siebten Schuljahr untragisch beginnt. Iris-Isabelle, die lieber Isa genannt wird, ist schockiert, als sie erfährt, dass sie zusammen mit Draco Malfoy Schulspre...