Es ist noch genau wie früher. Trotzdem ist alles anders.
Eine dicke Staubschicht hüllt mein Zimmer in Grau; Es sieht nicht so aus, als wäre jemand hier gewesen, seit ich... selbst nicht mehr hier war.
Mein Bett ist ungemacht, Feder und Pergament liegen auf meinem Schreibtisch und als ich meinen Kleiderschrank öffne, ist nichts darin ordentlich gefaltet und gestapelt.
Ja, dieses Zimmer hat eindeutig der Person gehört, die ich mal war.
Ich verlasse es nur, wenn ich Hunger bekomme. Ansonsten sitze ich wie in einem köchelnden Kessel, springe auf und setze mich wieder, möchte lernen, um mich abzulenken, um im nächsten Moment meinen Rucksack aus- und wieder einzuräumen. Ich habe Angst. Ich bin wütend. Ich bin traurig. Ich packe meine Tasche sieben Mal neu, weil mir immer etwas Wichtigeres zum Mitnehmen einfällt. Dieses Mal weiß ich, dass ich gehen muss – dieses Mal werde ich vorbereitet sein.
Ich nehme wärmere Kleidung mit, tausche Feder, Pergament und Tinte gegen ein Bild von Jumps und mein Messer und packe sogar etwas zu Essen ein – wer weiß. Immer wieder lege ich mir die Hand auf meine Brust um zu fühlen, ob Dracos Kette noch da ist. Jedes Mal, wenn ich sie berühre, durchläuft mich ein warmer Schauder. Ich vermisse ihn jetzt schon.
Am Aufbruchstag ist es noch dunkel, als ich aufwache, ohne dass ich geweckt wurde. Mein Herz hämmert und ich setze mich kerzengerade auf, schüttele den Kopf und versuche, die Traumbilder zu verscheuchen. Ich greife nach der Kette, die ich auch im Bett nicht ablege, und atme ruhiger. Es war nur ein Traum, sagt Dracos Stimme in meinem Kopf und ich murmele: „Es war nur ein Traum."
Ich stehe mühsam auf. Mein Körper fühlt sich schwerer an als üblich, ich kann kaum aufstehen, aber noch weniger kann ich liegen bleiben.
Ich mache kein Licht, stattdessen tappe ich auf bloßen Füßen durch die Dunkelheit in meinem Zimmer. Das Licht ist aus, doch es kommt mir vor, als hätte die Finsternis meine klare Wahrnehmung angeschaltet: Ich spüre den kalten Boden unter meinen nackten Sohlen, höre den Wind draußen um das Haus schleichen, und bin mir plötzlich meines eigenen Körpers schrecklich bewusst.
Ich ziehe mich an, mache mein Bett, verschließe den Schrank und rücke die Sachen auf meinem Tisch ein letztes Mal zurecht. Dann setze ich meinen Rucksack auf, der plötzlich viel schwerer ist als gestern, und verlasse mein Zimmer. Die Tür schließt sich mit einem unheilvoll endgültigen Klicken.
Erstes Morgenlicht legt sich über das Sofa im Wohnzimmer, auf dem ich mich niederlasse, um zu warten. Genau hier saß ich, als Draco mir den Antrag gemacht hat. Der Stoff fühlt sich unheimlich vertraut an... wie aus einem anderen Leben.
Die Szene spielt sich immer wieder und wieder und wieder in meinem Kopf ab. Hätte ich nur Ja gesagt... Alles wäre anders, da bin ich mir sicher. Aber es ist nicht so gekommen. Ich reibe mir die Augen. Ich muss hier bleiben, in der Realität, ich darf mich nicht in irgendwelchen Tagträumen verrennen.
Ich höre die Tür aufgehen und springe auf.
„Hier steckst du." Greyback lehnt sich gegen die Wand und beobachtet mich. „Ich habe dich in deinem Zimmer gesucht... hätte nicht gedacht, dass du schon wach bist."
Dass er in meinem Zimmer war, erfüllt mich mit Ekel. „Ich bin früh aufgewacht", sage ich mit unbewegtem Gesicht.
„Los", knurrt er. Der Werwolf scheint keine gute Laune zu haben. „Wir machen uns aus dem Staub, bevor dein Papi wach wird. Das wird dir wahrscheinlich auch in den Kram passen."
Ich stehe rasch auf und folge ihm nach draußen. In Gedanken verabschiede ich mich von dem Ort, der viele Jahre mein Zuhause war und es fühlt sich an, als würde ich einen Teil von mir verabschieden. Unwillkürlich taste ich nach Dracos Kette, und der Ärmel meines linken Armes verrutscht ein wenig.
Greyback stößt ein so bedrohliches Grollen aus, dass ich vor Schreck einen Satz zur Seite mache. Mit pochendem Herzen klammere ich meine Finger um den grünen Stein, als könnte ich mich daran festhalten.
Er stiert meinen Arm an, wobei er düster vor sich hinmurmelt. Ich folge seinem Blick – und schiebe meinen Ärmel eilig wieder über das dunkle Mal, voller Unbehagen. Was hat er? Er hat das Mal doch sicher schon hunderte Mal gesehen, mindestens an seinem eigenen Arm... oder nicht? Plötzlich kommt mir ein merkwürdiger Gedanke: Der dunkle Lord verachtet Halbblüter aller Art – auch Werwölfe? Ich habe mein Mal bekommen, bevor ich gebissen wurde...
Unsere Blicke treffen sich und Greyback verzieht verächtlich das Gesicht. „Ganz richtig", sagt er leise, als hätte er meine Gedanken gehört, „Ein Werwolf ist in der Regel nicht wert, dass er das dunkle Mal tragen darf, es wird mir bloß gestattet, einen Todesesserumhang zu tragen und für unseren Lord zu arbeiten..." Seine Stimme ist gefährlich leise und ich weiche vor ihm zurück. Langsam verstehe ich. Greyback fährt fort, spricht nun mehr zu sich selbst: „Er wird mir nie wieder so große Aufgaben anvertrauen... jedem anderen hätte er verziehen, aber mir... weder ganz Mensch, noch ganz Todesser..." Sein Blick findet zurück in den Moment. „Du solltest dich glücklich schätzen, dass du das Mal tragen darfst, Kleine. Dann hast du wenigstens einen Ort, wo du hingehörst."
Ich widerspreche nicht und mit diesen Worten dreht Greyback sich um. Ich bin nicht glücklich über mein Mal, lieber würde ich, wie der andere Werwolf, nirgends hingehören... ich brauche keinen Ort, keine Gemeinschaft. Ich brauche nur eine Person. Ich verstecke die Halskette unter meinem Kragen und folge Greyback nach draußen.
Sobald wir das Grundstück hinter uns lassen, tritt Jackson zwischen ein paar Bäumen hervor. Ich muss mich zwingen, bei seinem schrecklich bekannten Anblick nicht stehen zu bleiben.
Er kommt mit weiten, federnden Schritten auf uns zu und seine eisblauen, durchdringenden Augen jagen mir genau so viel Angst ein wie beim Allerersten Mal. „Aber Hallo", sagt er und sieht mich durchdringend an. „Lange ist's her, hm? Hat Greyback dich wohl wieder eingefangen?" Er lacht und nickt Greyback zu.
Ich antworte nicht.
„Haben wir schon weitere Informationen?", fragt der andere Werwolf.
Jackson nickt. „Es geht um das Tabu."
Greyback gibt ein verstehendes „Ahh", von sich.
Ich hingegen verstehe eher... nichts. Ich nehme meinen Mut zusammen: „Was habe ich verpasst?" Fast zucke ich zusammen, als Greyback und Jackson mich gleichzeitig ansehen. Sie tun dir nichts, sage ich mich und taste wieder nach der Kette. Meine zitternden Finger beruhigen sich ein wenig.
„Unser dunkler Lord hatte eine glänzende Idee, womit wir verdammte Verräter und Blutsverräter finden können." Jacksons Stimme sprudelt beinahe über vor Begeisterung, während mir bloß Übles schwant. „Wenn Abschaum den Namen unseres Lords beim Wort nennt, werden wir sie finden. Schon Mal was vom Phönixorden gehört?"
Ich nicke langsam. „War das nicht eine Organisation, die vom Dumbledore gegründet wurde?"
Er verzieht abfällig das Gesicht. „Allerdings. Dieser verdammte selbsternannte Orden war bekannt dafür, den heiligen Namen unseres Herrn respektlos zu benutzen... Eine geniale Idee, oder nicht?"
Mir wird allmählich schlecht, aber ich lasse mir nichts anmerken. „Das heißt... Wenn jetzt jemand seinen Namen benutzt – dann finden wir diese Person? Aber wie funktioniert das?"
Jackson deutet auf seinen linken Unterarm. „Damit. Wenn jemand, der die große Ehre hat, das dunkle Mal tragen zu dürfen, einen Zauber spricht, gewissermaßen aktiviert, dann verspürt derjenige eine Art... Ziehen. Er kann apparieren und der Zauber des Mals wird ihn zu dem Verräter führen, der am nächsten die Respektlosigkeit begeht, den Namen unseres Lords laut auszusprechen." Er zeigt ein teuflisches Grinsen. „Der Name hat also ein sogenanntes Tabu – zusätzlich sind, sobald er gesagt wird, alle Schutzzauber um den oder die Verräter herum aufgehoben. Zusätzlich kennen wir einige Gebiete, in denen bereits öfter Schulschwänzer geschnappt wurden, die wir durchsuchen. Man weiß ja nie."
Ich kann keinen der beiden Männer ansehen, stattdessen starre ich in den Wald hinaus. „Das klingt sehr effektiv", murmele ich nur.
„Das ist es auch. Nicht wahr, Greyback?"
Der macht einen drohenden Schritt auf Jackson zu. „Willst du dich wirklich mit mir anlegen?" Immerhin verstehe ich, weshalb er so wütend ist – er hat nicht die ‚Ehre' ein Mal zu haben.
„Nein." Jackson grinst unverschämt und fährt sich durch die Haare. „Ich will mich nur über dich lustig machen, Hund. Der dunkle Lord war nicht erfreut über deine Fehler... mittlerweile weiß jeder hier, dass du kein dunkles Mal hast. Und den Zauber des Mals kennen auch nur wenige..." Stolz reckt er das Kinn.
„Mach nur deine Späße", knurrt Greyback, „Aber wir werden ja sehen, wer-"
„Achja?" Der Todesser legt die Stirn in Falten, doch das Grinsen bleibt. „Bist du so scharf darauf, dass unser Herr dich wieder bestrafen lässt?" Er lacht dreckig. „Ich kann mir vorstellen, dass ein Hund wie du das richtig gut findet..."
Unwillkürlich weiche ich vor den streitenden Männern zurück. Greyback sieht aus, als ginge er jeden Moment auf Jackson los; und der... hat seinen Spaß. Plötzlich wendet er sich von dem Werwolf ab und winkt mich wieder näher.
Mit wackligen Knien folge ich seiner Aufforderung. Jackson streckt je einen Arm nach mir und Greyback aus und erklärt: „Wir sollten jetzt apparieren. Scabior und Jazymyn sind schon... vorgegangen. Ich weiß, wo sie auf uns warten, also – los."
Ich schließe die Augen vor der Dunkelheit des Apparierens und bete, dass es nicht allzu schlimm werden wird.
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moon & misery
Fanfiction(Abgeschlossen!) Eine Geschichte um Draco Malfoy und Iris-Isabelle van Greenskape, die im siebten Schuljahr untragisch beginnt. Iris-Isabelle, die lieber Isa genannt wird, ist schockiert, als sie erfährt, dass sie zusammen mit Draco Malfoy Schulspre...