böses Erwachen

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Ich weiß nicht, wann ich angefangen habe, zu schreien, doch so stehe ich da: Die Finger in mein Gesicht gekrallt, mit einem heiseren Schrei auf den Lippen. Ich weiß nicht, wann ich angefangen habe zu schreien. Doch ich weiß, was es bedeutet: Sed ist tot.

Greyback tritt an mir vorbei, lehnt sich vorsichtig über die Kante des Abhangs, auf der Suche nach Sed. Offenbar sieht er, was er sehen wollte, denn er stößt ein zufriedenes Grunzen aus.

Ich habe die Hände sinken lassen. Mit herabhängenden Armen bin ich erstarrt, zitternd, unfähig, mich zu rühren. Das kann nicht sein. Sed wollte Greyback töten. Er wollte mich töten. Und jetzt ist er tot.

Durch den trüben Dunst meiner pochenden Gedanken bekomme ich mit, wie Greyback ein zweites Mal in der Hütte verschwindet. Doch es interessiert mich nicht. Er kommt wieder und ich weiß nicht, was er macht oder vorhat. Es interessiert mich auch nicht. Ich will nur, dass alles, was passiert ist, ungeschehen gemacht wird. Ich kann immer noch nicht begreifen, dass Sed mich umbringen wollte. Ich hätte auf Draco hören und ihm nicht vertrauen sollen. Aber es ist zu spät.

Greybacks lautes Fluchen rüttelt mich wach.

„Verdammte Scheiße", knurrt er. Er hält seinen eigenen Zauberstab in der Hand, zerbrochen, und müht sich ab, ihn mit einem fremden Stab wieder zu reparieren. Doch die Magie wirkt nur lustlos und der Stab fällt sofort wieder auseinander. Unverständlich vor sich hin brummend und knurrend schiebt er die zerstörten Überreste in seine Tasche. Mir fällt ein, dass er sich vermutlich nicht die Mühe gemacht hat, auch meinen Zauberstab von Seds abgestürztem Körper herbei zu rufen. Als nächstes fällt mir ein, dass Greyback sehr, sehr, sehr wütend auf mich sein muss. Angst kriecht meine Kehle hoch, als er sich mir nähert. Den Zauberstab, den er sich von seinen Opfern in der Hüte genommen hat, trägt er immer noch.

„Du lernst auch echt nichts, oder? Guck mich an!"

Ich presse mich mit dem Rücken an die harte Holzwand und hebe langsam den Kopf.

Greyback tobt vor Wut. „Du wolltest mich also umbringen? Hab ich dir nicht beigebracht, dich nicht gegen mich zu wehren? Kleine Verräterin! Dafür wirst du bezahlen. Offenbar war es dir bis jetzt noch nicht genug!" Sein Blick wandert von mir zu seinem neuen Zauberstab und wieder zurück. Dann steckt er den Stab weg.

Der erste Schlag trifft mich in den Magen. Der zweite gegen die Schläfe. Ich stürze und finde mich im Schnee wieder. Die Arme schützend vor meinem Gesicht harre ich aus und lasse zu, dass Greyback seine Wut an mir auslässt, wohl wissend, dass der Schnee meine Schreie verschlucken wird.

~(Draco)

Mit auferzwungener Disziplin sitze ich an dem Schreibtisch im Schlafsaal der Schulsprecher und mühe mich mit einem Zaubertrank-Aufsatz ab. Missgelaunt setze ich den Federkiel so stark auf das Pergament, dass die Spitze der Feder abbricht. Ich will sie gerade reparieren, als es an der Tür klopft.

Ich könnte mich nicht mehr wundern, als Blaise seinen Kopf zur Tür herein streckt. „Draco?"

„Was gibt es?" Eigentlich will ich nicht so unfreundlich sein... aber meine Laune lässt es nicht anders zu.

„Ich hab dich ewig nicht gesehen, Mann."

„Ich war ja auch kaum hier", brumme ich als Antwort.

Blaise schließt vorsichtig die Tür hinter sich. Ich seufze. Mir ist klar, was das hier werden soll. „Hör zu", stöhne ich und stehe auf, „Ich weiß nicht wer, aber ich weiß dass dich jemand geschickt hat. Du kannst also sofort wieder verschwinden. Ich habe nicht das Verlangen, irgendjemandes Gesellschaft zu teilen, besonders nicht so gezwungen. Du musst dich nicht mit mir herumschlagen, vielen Dank."

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