~(Isa)
Snape runzelt die Stirn, als wir gemeinsam sein Büro betreten.
„Ich hatte nur Sie herbestellt, Miss Greenskape", tadelt er uns.
„Ich weiß-"
„Das ist meine Schuld", sagt Draco rasch, „Ich habe darauf bestanden, sie zu begleiten, Professor."
Der Schulleiter erhebt sich und sieht uns mit einer steilen Falte zwischen den Augenbrauen ernst an. Mein Herz pocht so schnell, dass ich Angst habe, es könnte stolpern. Oder stehenbleiben. Ich klammere mich an Dracos Hand und fühle mich wie ein kleines Kind. Ich spüre, wie er sanft mit dem Daumen über meinen Handrücken streicht und ich atme tief durch. Nur keine Panik.
„Das tut jetzt nichts zur Sache", sagt Snape, blickt kurz zu Draco und konzentriert sich anschließend wieder auf mich. „Ich habe eine Nachricht erhalten. Vor zwei Tagen hat man Greyback gefunden und mir nun mitgeteilt, dass er mittlerweile wieder imstande ist, zu... arbeiten." Pause. „Der dunkle Lord ist selbstverständlich sehr enttäuscht von ihm und er wird in neuen Aufgabenbereichen eingesetzt, bei denen er weniger Verantwortung trägt. Sie, Miss Greenskape, werden natürlich wieder in seinen Schatten treten und noch heute Abend zu Ihnen nach Hause reisen, wo Ihnen alles weitere erklärt werden wird."
Der Boden scheint sich unter mir zu drehen und die Wände verzerren sich, bis alles vor meinen Augen verschwimmt und mir ganz schwindelig wird. Es geht zurück. Die schöne Zeit ist vorbei. Atme ich noch? Bin ich noch auf den Beinen? Ich weiß es nicht. Ich fühle nur mein rasendes Herz und den schwankenden Boden unter mir.
Doch plötzlich ist da noch etwas anderes.
Draco drückt meine Hand und zieht mich aus dem Sog meiner Panik. Halte ich mich an ihm fest oder muss er mich halten? Ich zwinge mich, bewusst und ruhig zu atmen und die Welt um mich herum nimmt wieder feste Formen an.
Plötzlich höre ich ihn sagen: „Ich gehe mit ihr."
Erschrocken reiße ich die Augen auf. Er weiß nicht, was er da sagt.
Snape zieht spöttisch die Augenbrauen hoch. „Das ist wohl kaum möglich, Mr Malfoy."
„Ich bin volljährig."
Nicht, will ich sagen, es hat keinen Zweck... Doch der große egoistische Teil in mir hofft, will, dass Draco mit mir kommt, dass wir zusammen bis zum Ende der Welt gehen und Hand in Hand sterben.
Doch Snape erstickt die verdammte Hoffnung im Keim. Seine Stimme ist drohend sanft und eine unausgesprochene Warnung liegt in seinen Worten, als er sagt: „Sie mögen volljährig sein, dennoch gibt es einige Personen die in der Hierarchie weit über Ihnen stehen. Sie werden Miss Greenskape nicht begleiten. Sie gehen über die Ferien zu ihren Eltern ins Malfoy Manor."
Ich bringe kein Wort über die Lippen. Ich spüre, wie Draco sich neben mir trotzig versteift, seine Hand hält die meine so fest, dass ich weiß: Er will mich wirklich nicht gehen lassen. Plötzlich überrollt mich die Erkenntnis, dass er mich liebt, wie eine Flutwelle und obwohl ich weiß, dass wir wieder getrennt werden, könnte ich weinen vor Glück.
Egal, was ich durchmachen muss – es gibt eine Person, die mich aufrichtig liebt, was auch mit mir geschehen mag, er liebt mich, und ich liebe ihn... Und dafür bin ich unendlich dankbar. Nicht jeder hat das Glück, so eine Person zu haben.
„Wer sagt das?", fragt Draco und ich ahne, was ihm durch den Kopf geht: Er will mich nicht gehen lassen und er will nicht alleine in dieses große, düstere Anwesen mit all den unheimlichen Gestalten dort drin zurückkehren.
„Ihre Mutter möchte Sie sehen." Snape klopft ungeduldig mit den Knöcheln auf den Schreibtisch.
„Warum das?", fragt Draco verdutzt.
Snape sieht von Sekunde zu Sekunde genervter aus. „Ich nehme an, weil sie Ihre Mutter ist, Mr Malfoy. Sie werden pünktlich zum Ferienbeginn abreisen, Miss Greenskape hier hat es jedoch etwas eiliger, wenn ich also bitten darf..." Er schaut zu mir und in seinen Augen liegt ein seltsamer Ausdruck. „Ich erwarte sie heute Abend um acht in meinem Büro. Verspäten Sie sich nicht."
Ich sitze auf meinem Bett und halte den Rucksack auf meinem Schoß fest umschlungen. In fünf Minuten muss ich mich aufmachen und ich brauche etwas, woran ich mich festhalten kann.
Draco setzt sich neben mich. Seit einer Weile haben wir kein Wort über die Lippen gebracht. Es gibt keine Worte, die uns helfen könnten.
„Ich habe etwas für dich", sagt er schließlich und streckt mir seine Hand entgegen. „Komm."
Ich antworte nicht, lasse mich aber von ihm zu dem Wandspiegel ziehen. Der Anblick meiner kurzen Haare ist für mich noch ungewohnt und ich suche auf dem Glas nach Dracos Blick. Im Spiegel beobachte ich, wie er hinter mich tritt und mir sanft eine Kette um den Hals legt. „Ich hoffe, sie gefällt dir."
Ich trete näher an das spiegelnde Glas und betrachte das Geschenk. Die Kette ist dünn und silbern und trägt einen länglichen grünen Stein, der nadelspitz zuläuft und facettenreich funkelt, als Anhänger. Ich finde es wunderschön. „Danke", sage ich leise. „Sie ist so schön... aber sie sieht so teuer aus."
Draco kommt mir noch näher und mustert ernst unser Spiegelbild. Ich spüre seinen warmen Körper direkt hinter mir. „Nicht ansatzweise so teuer, wie du mir teuer bist." Er neigt seinen Kopf herab und raunt mir ins Ohr: „Stich dich nicht daran. Die Spitze ist sehr... spitz." Er lacht traurig und ich merke, dass in diesen Worten noch etwas anderes steckt. Meine Gedanken driften ab und ich stelle mir vor, wie ich die schillernde Spitze des Steins durch die Haut eines mir wohlbekannten Feindes stoße. „Pass auf dich auf."
Ich drehe mich zu Draco um. „Du auch."
„Du musst zu mir zurück kommen."
„Bitte warte auf mich."
„Das werde ich."
Mein Herz fühlt sich schwer an, so schwer, als wollte es mich auf alle Ewigkeiten hier festhalten; als wollte es mich zwingen, bei ihm zu bleiben. Bei Draco. Zu gerne würde ich diesem verzweifelten Wunsch nachgeben... doch größere Mächte zwingen mich zum Gehen.
„Du hast dich nicht von Jill und Blaise und den anderen verabschiedet." Es ist eine Feststellung, und ich bin froh, dass er nicht nach dem Warum fragt.
„Grüß sie von mir." Das Sprechen fällt mir schwer. Halt mich fest, will ich schreien, lass mich nicht los, lass mich nicht gehen... Ich sehe Draco an, dass er nichts lieber tun würde, doch er tut es nicht. Er hält mich nicht fest und tut so, als würde er die Tränen in meinen Augen nicht sehen. Er will es mir nicht noch schwerer machen, denn er weiß genau, dass ich keine Wahl habe – dass wir keine Wahl haben.
„Das mache ich", antwortet er. „Bist du sicher, dass ich dich nicht begleiten soll? Wenigstens bis zu Snapes Büro?"
Erst nicke ich, dann schüttele ich den Kopf.
Draco nickt.
Als er mich zur Tür unseres Schlafsaals bringt, glänzen stille Tränen auf seinem Gesicht, doch es hat gar nichts Peinliches oder Lächerliches an sich. Jedes Mal, wenn wir uns verabschieden, könnte es sein, dass es das letzte Mal ist, dass wir uns sehen, und das weiß er.
Ich trete auf den Gang hinaus und Draco bleibt in der Tür stehen. „Ich liebe dich", sagt er, leise, denn seine Worte sind einzig und allein für mich bestimmt.
„Ich liebe dich", flüstere ich und blicke als Letztes in seine grauen Augen, bevor die Tür sich zwischen uns schließt.
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moon & misery
Fanfiction(Abgeschlossen!) Eine Geschichte um Draco Malfoy und Iris-Isabelle van Greenskape, die im siebten Schuljahr untragisch beginnt. Iris-Isabelle, die lieber Isa genannt wird, ist schockiert, als sie erfährt, dass sie zusammen mit Draco Malfoy Schulspre...