Unterschiedliche Gedanken und wieder in der Krankenstation

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Unterschiedliche Gedanken
Und wieder in der Krankenstation

Diese Bemerkung von Snape war dermaßen untypisch für den ansonsten so beherrschten Mann, dass er unter normalen Umständen mit Sicherheit einige ungläubige Blicke und Kommentare dafür erhalten hätte. An der momentanen Situation war allerdings nicht das Geringste normal. Noch immer sahen die vier Erwachsenen völlig geschockt auf das Bild, das der junge Harry ihnen bot und wussten nicht so genau, wo sie zuerst hinsehen sollten. Allein Fawkes schien in der Lage zu sein zu handeln, denn der Feuervogel fing sofort an Tränen zu produzieren und sie über dem Jungen zu verteilen.
Das war auch bitter nötig, wenn man sich das, was einmal ein Gesicht war, genauer ansah.
Sowohl über Stirn als auch Wangen war eine Vielzahl von Kratzern verteilt, um die sich der freundliche Phönix gerade liebevoll kümmerte. Das linke Auge war beinahe komplett zugeschwollen und auch das Kinn war blau, beinahe schwarz, verfärbt. Von der rechten Augenbraue zog sich eine alte Narbe quer über das Gesicht bis hin zum linken unteren Kieferknochen. So schrecklich dieser Anblick auch war, der allein einem schon die Tränen in die Augen trieb und es im Fall von Professor McGonagall auch tat, es war nicht das Schlimmste.
Der ohnehin schon immer zierliche Junge sah nun regelrecht abgemagert aus, was die viel zu weite Kleidung zwar kaschierte, aber am Gesicht bemerkte man es durchaus. Harry sah aus wie ein Totenkopf den man mit Haut überzogen hatte, was seine Augen noch viel größer erscheinen ließ, obwohl er Augenringe hatte, die bis fast zur Mitte der Nase reichten. Seine Hände, die der Junge mittlerweile wie um Schutz zu suchen um Fawkes gelegt hatte, waren knochig, die Fingernägel brüchig und selbst auf den Knöcheln waren Verletzungen zu sehen.
Als ob das nicht reichen würde, war der Junge auch noch, ja man konnte es nicht anders sagen, geschrumpft. Der Gryffindor war regelrecht winzig, Dumbledore schätzte ihn auf höchstens 1,40 m und das bei einem Jungen der in einer Woche seinen 15. Geburtstag feierte. Ganz nebenbei bemerkten die Umstehenden auch noch, dass die Haare des Jungen wesentlich länger waren, sie reichten ihm nun bis zur Mitte des Rückens, schienen trotz ihrer Länge aber nichts an ihrer Strubbeligkeit eingebüßt zu haben.
Harry fing unter den Blicken der geschockten Erwachsenen an, sich unruhig in seinem Sessel zu bewegen, dabei merkte man, dass er eindeutig noch andere Verletzungen hatte.
Durch das sichtliche Unbehagen seines Lieblingskunden und mittlerweile guten Freunds aus seiner Erstarrung gerissen, wandte sich Griphock nun an die übrigen Anwesenden.
„Mr. Potter muss sofort ärztlich behandelt werden, über alles andere können wir uns auch später noch den Kopf zerbrechen!“
Professor Snape reagiere sofort, indem er zum Kamin eilte und Poppy über das Floonetzwerk einen Notfall ankündigte.
Professor Dumbledore unterdessen verwandelte den Sessel, in dem Harry saß, kurzerhand in eine Trage, er wollte nicht riskieren dem Jungen durch eine Kaminreise noch weitere Verletzungen zuzufügen.
Nacheinander verließen alle das Direktorenbüro, den Patienten in ihrer Mitte mitschweben lassend. Erstaunlicherweise weigerte sich Fawkes, seinen Platz an der Seite seines Schützlings zu verlassen.
Harry hätte ihnen durchaus sagen können, dass Fawkes ihn schon in seinem zweiten Jahr sozusagen zu seinem Küken ernannt hatte. Was durchaus Sinn ergab, immerhin wusste keiner, wie alt der Phönix wirklich war, für ihn war vermutlich sogar Dumbledore mit seinen beinahe hundertsiebzig Jahren noch ein Jungspund.
Allerdings wollte der Junge nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich lenken, diese ganze Situation war ihm ohnehin schon peinlich genug.
Er hasste seinen Vater mit jeder Sekunde, die er vor sich hin schwebte, mehr. Nur weil dieser auf die blöde Idee gekommen war, aus seinem Kind einen Auktionsgegenstand zu machen, musste sein Sohn nun eines seiner bestbehüteten Geheimnisse preisgeben.

Während Harry still vor sich hin fluchte, gingen den anderen ganz unterschiedliche Gedanken durch den Kopf.
Snape war froh dass er die meisten Zaubertränke für die Krankenstation bereits gebraut hatte, denn so wie er Potter kannte, machte der keine halben Sachen. Dieser Bengel, oder wie Snape ihn nannte „sein persönliches Magengeschwür“, würde ihn noch in ein frühes Grab befördern. Außerdem fragte sich der Tränkemeister noch immer, wie Potter es geschafft hatte, die ganzen Tränke zu brauen, die für die Blockaden notwendig waren. Denn dass das falsche Erscheinungsbild des Jungen durch Zaubertränke hervorgerufen wurde, stand für den Professor fest. Das konnte er schon an der Wirkung des Blockadenlösers sehen. Aber er verstand es dennoch nicht, im Unterricht war der Kerl doch fast so schlimm wie Longbottom, sollte das etwa bedeuten, dass Potter seine Unfähigkeit die ganzen Jahre über nur gespielt hatte? Bei Merlins grob gestrickten Wollsocken, dieses Kind würde für seine ersten grauen Haare verantwortlich sein!

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