Verwandlung
Severus bemühte sich, den krampfenden Jungen zwar fest, aber nicht schmerzhaft in seinen Armen zu halten. Was gar nicht so leicht war, denn immer wieder bäumte sich Harry auf und versuchte sogar, um sich zu schlagen.
Leider konnte in diesem Fall auch Fawkes nicht helfen, denn da Harry gerade eine magische Umwandlung durchmachte, halfen ihm die Phönixtränen nicht.
Die beiden Vögel schienen vom Nichtstunkönnen genau so frustriert zu sein wie der Mensch, zumindest ließ ihr Gekreische darauf schließen.
Severus konnte beobachten wie sein Ehemann langsam größer wurde, dabei stieß er Zischlaute aus. Und wenn der Tränkemeister nicht ganz falsch mit seiner Vermutung lag, dann war das die Parselversion von Fluchen.
Harry musste ungeheure Schmerzen haben, denn immer wieder hörte man das Knacken von Knochen, was darauf hindeutete, dass sich der Körperbau neu zusammensetzte. Nach einiger Zeig war das Wachstum abgeschlossen. Severus vermutete, dass es sich um ungefähr zehn Zentimeter handelte, um die Harry nun größer war.
Zum Glück hatte sein Gefährte durch Tränke und ausreichend Nahrung um die fünf Kilo zugenommen, sonst hätte er das wohl kaum überlebt.
Danach wurden die Haare des Jungen von Schwarz zu Schildpattfarben, mit wunderschönen Schattierungen. Die Länge blieb gleich und auch an der Unbändigkeit änderte sich nichts.
Kurz darauf fingen Harrys Ohren an sich zurückzubilden, was den Tränkemeister sowohl wunderte als auch erschreckte. Hoffentlich wurde Harry nicht wirklich ein Wassermensch, sonst hätten sie ein Problem.
Diese Sorge löste sich allerdings gleich darauf in Luft auf, als aus dem Kopf des Jungen etwas herauswuchs. Severus stellte fasziniert fest, dass es sich dabei um spitze Katzenohren handelte, und nach der Länge zu urteilen, die diese annahmen, musste Harry wohl noch in sie hineinwachsen.
Sofort richtete der Schwarzhaarige seinen Blick nach unten, und seine Vermutung wurde bestätigt. Aus Harrys Steißbein war ein langer schmaler Katzenschweif gewachsen, der die gleiche Zeichnung wie Haare und Ohren aufwies.
Vorsichtig zog der Tränkelehrer die Oberlippe seines Partners nach oben und entdeckte nadelspitze Eckzähne.
Plötzlich spürte Severus, wie sich etwas in seine Seite bohrte. Es waren ganz eindeutig Katzenkrallen, die ihn da als Kratzbaum zweckendfremdeten.
Langsam schienen Harrys Schmerzen weniger zu werden und nach kurzer Zeit hatte er auch, dankenswerterweise, seine Krallen wieder eingezogen. Snape konnte die Augen Harrys zwar nicht sehen, aber er war sich sicher, dass auch diese nun das für Katzen typische Aussehen hatten.
Nach einem Blick auf die Uhr, stellte Severus fest, dass die ganze Prozedur über fünf Stunden gedauert hatte. Der Junge schien in einen heilenden Schlaf übergewechselt zu haben. Das war ganz natürlich für gerade umgewandelte Wesen.
Der Tränkemeister ging noch schnell ins Bad, um sich seinen Schlafanzug anzuziehen, für mehr hatte er einfach nicht mehr die Energie.
Als er wieder ins Schlafzimmer kam, sah er Fawkes und Hedwig über den Kleinen wachen, der sich bereits wieder unruhig hin und her wälzte.
Severus stieg ins Bett und zog seinen Mann an sich und schloss ihn in die Arme. Harry schnupperte einmal kurz, drückte sich noch näher an seinen Gefährten und fing nach einiger Zeit doch tatsächlich an zu schnurren.
Fast hätte der Tränkemeister laut losgelacht.
Durch das anhaltende Schnurren beruhigt, glitt auch das Oberhaupt der Schlangen in einen wohlverdienten Schlaf.Am nächsten Morgen wurde Harry von einer lästigen Berührung geweckt. ‚Was zum Henker ist das?’ Irgendetwas schlug beständig auf seinen Oberschenkel. Es war zwar nicht fest, aber ungemein nervig.
In einem Anfall von Wut fauchte Harry laut auf und stürzte sich auf was immer es auch war. Im nächsten Moment heulte er auf, was zur Folge hatte, dass Severus im Bett hochfuhr und sofort nach seinem Zauberstab griff.
Als er allerdings sah, was ihn da so abrupt aus dem Schlaf gerissen hatte, ließ er ihn sinken. Vor ihm saß sein junger Ehemann auf dem Bett und hatte gerade seinen eigenen Schweif überwältigt.
Er sah Severus verwirrt an. Und zeigte dann auf sein pelziges Anhängsel. Wobei er den Kopf schräg legte und ein Ohr abknickte, was einfach zum Niederknien aussah. Und Severus hatte Recht mit seiner Annahme, Harrys Augen hatten nun ein noch intensiveres Grün angenommen und seine Pupillen waren zu raubtierhaften Schlitzen geworden.
„Guten Morgen, Harry, wie ich sehe hast du schon Bekanntschaft mit deinem neuen Wesen geschlossen.“
„Was ist das? Ich dachte, ich würde zu einem Racheengel oder Weißen Vampir. Da stand nichts davon, dass ich einen Schwanz bekomme!“
„Harry, ich glaube, du vergisst, dass du das magische Erbe von zwei Familien geerbt hast. Wie es aussieht, ist bis jetzt nur das von den Potters erwacht. Worüber ich, um ehrlich zu sein, ganz froh bin, ich denke nicht, dass dein Körper zwei Wandlungen auf einmal durchgestanden hätte.
Ich denke sogar, dass genau aus diesem Grund erst mal das ‚schwächere’ Erbe erwacht ist und dein anderes erst zum Vorschein kommt, wenn für dich keine Gefahr mehr besteht, die Wandlung nicht zu überstehen.“
Wieder legte der Junge den Kopf schief und ließ sich das Gesagte erst mal durch denselben gehen. Was Severus sagte, machte durchaus Sinn.
Jetzt interessierte ihn aber was ganz anderes:
„Was bin ich denn nun?“
Der Tränkemeister konnte einfach nicht wiederstehen.
„Miau.“
„Was?!“
Perplex blickte Harry seinen Ehemann an, wollte der ihn etwa auf den Arm nehmen?
Noch ehe Severus reagieren konnte, war der Junge aufgesprungen und ins Bad gerannt.
Dort blieb der Grünäugige vor dem Spiegel stehen und blickte auf sein neues Erscheinungsbild.
So stark hatte er sich gar nicht verändert. Na gut er hatte jetzt Katzenohren, seine Haarfarbe hatte sich geändert und auch seine Augen strahlten ein stärkeres Grün aus. Nicht zu vergessen den absolut nervigen Schweif, der schon wieder wie wild von einer auf die andere Seite peitschte. Na großartig, Sirius und Remus würden einen Anfall bekommen, hoffentlich fingen die beiden nicht an, ihn durchs Schloss zu jagen, darauf hatte er echt keine Lust.
Severus war in der Zwischenzeit ebenfalls ins Bad gekommen und beobachtete Harry, der gerade mit seinen Ohren beschäftigt war. Der Junge schien anscheinend von der Tatsache fasziniert zu sein, dass er diese in alle möglichen Richtungen bewegen konnte. Zwischenzeitlich versuchte er immer wieder seinen vorwitzigen Schweif zur Ordnung zu rufen. Das ganze Schauspiel war einfach zu niedlich und der Tränkemeister hatte die Befürchtung, dass er seinen Kleinen mit Zähnen und Klauen vor allem möglichen Gesindel würde beschützen müssen.
Harry, der mit der Betrachtung seines neuen Selbst fertig war, drehte sich zu seinem Partner um.
„Wie soll ich denn jetzt bitte meine Brille tragen, ich habe schließlich keine Ohren mehr, zumindest nicht an der üblichen Stelle.“
Während er das sagte, schlug der Gryffindor zweimal nach seinem aufdringlichen Schwanz, das würde noch Übung erfordern. Vielleicht sollte er Professor McGonagall um Hilfe bitten. Wobei er sich dieses Gespräch gar nicht erst vorstellen wollte. Frei nach dem Motto, ‚Professor, wie bekommen Sie Ihren Schwanz in den Griff?’
Severus holte Harrys Brille und nach einem kleinen Zauber hatte er sie so verändert, dass sie der Junge auch ohne Menschenohren tragen konnte.
„Hier bitte, das sollte erst mal reichen. Wenn wir in der Winkelgasse sind, besorge ich dir ohnehin eine neue Brille, denn diese Stärke ist laut Poppy alles andere als für dich passend.“
Lächelnd bedankte sich der Junge als er sein ‚Gestell’, einen anderen Namen gab es für dieses Monster nicht, auf die Nase setzte.
„Weißt du dass sich mein Geruchs- und Gehörsinn extrem stark ausgeprägt haben? Ich kann hören, wie Hedwig sich unter dem Flügel putzt, und ich rieche sogar, dass Fawkes bald wieder in Flammen aufgehen wird. Und das obwohl die beiden nicht mehr im Schlaf- sondern im Wohnzimmer sind.“
Severus war beeindruckt. Zwar wusste er, dass Tierhybride feinere Sinne hatten, aber dass Harry sogar sagen konnte, an welcher Körperstelle sich seine Eule putzte, war großartig.
Als Severus den Jungen noch mal genau musterte, stellte er noch eine Veränderung fest.
„Harry, deine Narbe im Gesicht ist beinahe verschwunden.“
Sofort blickte der Gryff wieder in den Spiegel und nachdem er es ebenfalls gesehen hatte, zog er kurzentschlossen das Hemd aus, um seine anderen Narben zu sehen.
Severus stockte kurz der Atem, anscheinend hatte sich sein Mann auch noch an anderen Stellen verändert. Die Statur des Jungen war feingliedriger geworden, wie bei einer Katze auch nicht anders zu erwarten. Allerdings fiel dem Tränkemeister auch auf, wie mager Harry immer noch war, dagegen musste er wirklich dringend was unternehmen. Und schon wieder machte sich Hass auf diese ekelhaften Muggel in Severus breit. Die drei würden noch bluten, das schwor er sich.
Über diese Überlegungen hätte er beinahe vergessen, nach der Entwicklung der Narben auf Harrys Körper zu sehen. Zu seiner Freude stellte er fest, dass die beiden Hundebisse komplett verschwunden waren, und auch die Schimpfworte waren deutlich blasser als noch am Vortag. Auch wenn das in dem Fall noch nicht viel zu sagen hatte, da diese Wunden fiel tiefer waren als die Bisse. Das sagte auch schon viel über Harrys Verwandte aus und steigerte den Hass von Severus noch mehr.
Harry, dem die genaue Musterung seines Partners natürlich aufgefallen war, wurde leicht rot und er zog schnell das Hemd wieder an. Erst da merkte er, dass das Kleidungsstück zwar noch immer viel zu weit war, aber nicht mehr so wie am Vorabend. Verwundert blickte er wieder in den Spiegel und dann auf seinen Mann.
„Ich bin ja gewachsen.“
„Sieht ganz so aus und du hast während des Schubs auch ganz schön geflucht. Wenn auch auf Parsel.“
„Du verstehst Parsel?“
„Nein, aber glaub mir, so wie du gestern gezischt hast, konnte das nichts anderes als Fluchen sein. Vor allem, weil ich dich ja schon einige Male gehört habe, und da klang dein Zischeln immer sehr sanft.“
„Oh, das kann gut möglich sein.“
Nach kurzem Schweigen fragte Severus:
„Willst du in der großen Halle frühstücken oder hier?“
„Lieber hier, mir tun noch etwas die Gelenke weh und ich würde mich gerne noch ausruhen.“
„Gut, dann zieh dich an und ich bestelle in der Zwischenzeit etwas zu essen.“
Damit verließ der Tränkemeister das Bad.
