Von der Liebe der Hauselfen

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Von der Liebe der Hauselfen

In ihrer Wohnung angekommen, begab sich Harry direkt ins Schlafzimmer. Er suchte einige seiner neuen Klamotten raus und ging dann ins Bad.
Während Harry sich duschte, verstaute Severus die gesammelten Zutaten, wobei er natürlich besonderes Augenmerk auf die Einhornspenden legte. Er war immer noch völlig überwältigt von den heutigen Erkenntnissen. Wenn die Zauberer doch bloß nicht so engstirnig wären. Aber Severus hatte schon vor langer Zeit gemerkt, dass das ein typisches Verhalten der Menschen war, egal ob sie magische Fähigkeiten hatten oder nicht.
Nach diesen philosophischen Grübeleien begab sich auch der Tränkemeister ins Bad, um sich den halben Wald, den er mittgenommen hatte, auszuwaschen. Diesmal verwendete er aber einen anderen Trockenzauber für seine Harre, immerhin war er kein Pinguin, der seine Federn einfetten musste. Merlin, das war ihm immer noch schrecklich peinlich. Der gefürchtetste Lehrer Hogwarts benutzte einen Zauber für Vögel, hoffentlich erfuhren das seine Schüler nicht.
Nach dem Anziehen wollte Severus sich noch seine Robe überstreifen, erinnerte sich aber dann wieder daran, was Harry im Wald gesagt hatte, und legte das Ding zurück. Im Unterricht würde er auf seine ‚Fledermausnummer’, wie es sogar seine Kollegen nannten, nicht verzichten, aber privat war das etwas anderes.

Als der Tränkemeister ins Wohnzimmer kam, hörte er bereits lautes Fluchen und Knurren. Irgendwie wurde das langsam zur Gewohnheit. Als Severus seinen Kleinen sah, wanderten seine Mundwinkel nach oben. Da saß sein Kater und versuchte, vergeblich, seine Haare zu kämmen. Irgendwann blieb die Bürste in dieser Naturgewalt hängen und flog quer durchs Zimmer. Nun konnte sich Severus wirklich nicht mehr zurückhalten und auch Fawkes und Hedwig schienen zu kichern.
„Na, Hauptsache ihr drei habt euren Spaß. Wisst ihr eigentlich, wie nervig das jedes mal ist?“
Der Kerkermeister hatte Erbarmen und hob die Bürste vom Boden auf, diese wurde von einem wütenden Harry mit Blicken erdolcht.
„Ich dachte immer, Haare würden glatter je länger sie werden, aber ich sehe aus als hätte ich einen Zitteraal als Haarband verwendet.“
„Komm, setz dich hin, ich kümmere mich darum.“
Nachdem Harry sich wieder gesetzt hatte, fing sein Mann an ihm die Haare zu kämmen. Das wütende Gegrummel wandelte sich schlagartig in zufriedenes Schnurren, das mit jedem Bürstenstrich lauter wurde.
Severus merkte, wie auch ihn diese Tätigkeit entspannte, und so zog er die Behandlung noch etwas in die Länge. Dann nahm er eine der neuen Spangen, in Form eines Panthers, und fasste die Mähne locker zusammen.
„Danke! Was muss ich tun, um diese Behandlung jeden Tag zu bekommen?“
„Gar nichts, ich mach das gern. Übrigens, du siehst toll aus.“
Harry errötete und sah an sich herunter. Er trug eine dunkelblaue Hose und ein anthrazitfarbenes Hemd, dazu die neue Uhr und schwarze Schuhe.
Verlegen blickte der Junge wieder auf.
„Das Kompliment kann ich nur zurückgeben, du solltest wirklich öfter auf deine Umhänge verzichten.“
Der Grünäugige blickte seinen Partner bewundernd an. Der trug zwar nur eine einfache schwarze Stoffhose und ein weißes Hemd, aber Harry konnte nur eins denken: ‚Meins’.
Gleich darauf musste er den Kopf abwenden, um ein neuerliches Rotwerden zu verstecken. Merlin, was dachte er denn da? Wenn Severus das herausfand, wäre er sicher nicht begeistert.
„Was hältst du von Mittagessen?“, holte ihn der tiefe Bariton aus seinen Gedanken.
„Gerne.“
Severus nickte und rief nach Dobby.
„Hallo, Master Snape, was kann Dobby für euch tun?“
„Dobby, Harry hat dir doch gesagt, dass du ihn mit dem Vornamen anreden sollst. Ich bitte dich, es bei mir genau so zu halten.“
Die Augen des Elfen wurden immer größer, als er das hörte. Zwar wusste der Hauself, dass Severus sich gut um seinen Freund Harry kümmern würde und er bei weiten nicht so schlimm war wie alle dachten. Trotzdem hatte der Tränkemeister auch bei den Elfen einen gewissen Ruf. Den strengen Mann nun so gelöst zu sehen, war einfach unglaublich. Wenn er das in der Küche erzählte, würden ihn die Anderen glatt für verrückt halten. Nachdem er seine Überraschung überwunden hatte, meinte er aufgeregt:
„Sehr gerne Se...Se...Severus, was kann Dobby für euch tun?“
Bevor dieser aber etwas sagen konnte, hatte er bereits einen quietschenden Katzenjungen am Hals hängen, dessen Schweif gerade wie wild herumpeitschte.
„Das ist toll! Weißt du wie schön es ist, mit einem Hauselfen befreundet zu sein und was es bedeutet? Nein natürlich nicht, aber egal, ich bin begeistert.“
Severus war von dem plötzlichen Gefühlsausbruch des Jungen im ersten Moment überfordert. Dann schlang er allerdings seine Arme um das anhängliche Katerchen. Es war schön, wenn sich sein Kleiner so freuen konnte, auch wenn der Lehrer nicht wirklich wusste, warum genau. Aber das hatte Harry ja bereits erwähnt. Und wieder mal beschlich den Ex-Spion das Gefühl, wieder etwas Wichtiges verpasst zu haben. Es schien so, dass der Katzenjunge ein natürliches Talent für alle Arten von Wesen hatte, sie schienen ihm zu vertrauen, was offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruhte. Was hatten die Zauberer jetzt schon wieder missverstanden?
Harry, der von den Überlegungen seinen Gatten nichts mitbekam, richtete sich an Dobby.
„Wir hätten gerne ein Mittagessen. Ach und wie hat eigentlich Winky auf ihren neuen Schützling reagiert?“
„Du hättest ihr wohl kaum eine größere Freude machen können, ich habe sie seit Jahren nicht mehr so glücklich gesehen. Sie grinst die ganze Zeit und ist mit Feuereifer dabei, ‚Sänger’ neue Worte beizubringen.“
„Sie hat ihn Sänger genannt? Bei dem Vokabular hätte Rapper besser gepasst.“
Harry fing bei der trockenen Aussage von Severus laut zu lachen an. Auf Dobbys fragenden Blick erklärte er:
„Rap ist eine Musikrichtung der Muggel, bei der sehr viel geflucht wird.“
„Verstehe, auf jeden Fall ist Winky begeistert. Sie hat mir sogar beim Einräumen eurer Einkäufe geholfen und die ganze Zeit über fröhlich vor sich hin geträllert. Sie möchte sich später gerne persönlich bei dir bedanken.“
„Das ist schön, ich werde so bald wie möglich wieder mal in die Küche kommen. Womit ich auch schon bei meiner nächsten Frage bin. Kann jemand von euch japanisches Essen kochen?“
„Natürlich, Mr... ich meine, Harry, wir können fast alle Speisen kochen. Ich kann euch gleich was heraufbringen, wenn ihr wollt.“
„Eigentlich wollte ich nur fragen, ob du es mir beibringen kannst, ich will es unbedingt lernen. Aber ob Severus heute schon wieder japanisch Essen will, bezweifle ich.“
Damit wandte er sich an seinen Mann, in dessen Armen er immer noch hing.
„Ich würde tatsächlich etwas anderes bevorzugen. Wie wäre es mit indisch? Hast du das schon mal gegessen?“
Auf das Kopfschütteln hin sah der Kerkermeister zu dem wartenden Hauself.
„Dann stell uns bitte etwas zusammen. Du weißt ja sicher, was Harry gerne isst. Und bitte nicht zu scharf, ich bin mir nicht sicher, wie das auf Katzenzungen wirkt.“
Nach einem eifrigen Nicken und dem Versprechen, Harry gerne Kochunterricht zu geben, verschwand der Elf wieder.
Erst jetzt fiel auch Severus auf, dass seine Arme immer noch um seinen Mann lagen, es störte ihn allerdings nicht im Geringsten.
„Dir ist aber schon klar, dass du nicht kochen musst? Du bist nicht mehr bei deinen Verwandten.“
„Ich weiß, aber ich koche gerne, wenn ich es nicht muss und wenn ich selbst etwas von dem, was ich gemacht habe, essen darf. Um ehrlich zu sein, wirkt es manchmal sogar entspannend. Das war auch die einzige Art, wie es Dobby und mir gelungen ist, Winky aus ihrem Loch zu holen. Wir haben einfach irgendwas gebrutzelt und sie dann gefragt, ob sie uns helfen will. Für Winky ist es sehr wichtig, gebraucht zu werden, deswegen habe ich mir von ihr auch einige neue Gerichte beibringen lassen. Das ging aber alles nur, wenn sie, wie gesagt, gute Tage hatte. Die waren bis jetzt aber immer sehr selten. Ich hoffe, dass sich das mit Sänger jetzt ändern wird.“
„Du hast diese Kerlchen wirklich gern, nicht wahr?“
„Ich war lange Zeit selbst ein Hauself, ich verstehe, wie sie sich fühlen, wenn sie für ihre Arbeit nicht gewürdigt werden. Und wie bereits gesagt, du hast keine Ahnung, was es bedeutet, mit einem dieser Wesen befreundet zu sein. Aber das wirst du noch.“
Damit löste sich Harry, frech grinsend, von seinem Partner, da gerade das Essen auf dem Tisch erschienen war. Kurz entschuldigte sich der Junge noch und verschwand im Schlafzimmer. Als er zurückkam, hatte er eine kleine Flasche mit Milch in der Hand. Er holte aus der Küche zwei Becher in der Größe von Schnapsgläsern und schenkte ein.
„Ich weiß ja, dass du keinen Alkohol trinkst, sollen wir jetzt etwa Milch auf ex runterschütten?“
Bei dem verwirrten Gesichtsausdruck von Severus schmunzelte Harry.
„Eigentlich habe ich die Gläser nur deswegen genommen, weil die anderen zu groß waren. Es ist also kein Alkoholersatz.“
„Aber warum Milch und warum hast du sie im Schlafzimmer aufbewahrt?“
Diesmal erntete der Tränkemeister nur einen ‚Denk-nach-Blick’, als sich der Junge hinsetzte und sein Gegenüber aufmerksam beobachtete.
Severus blickte von den Gläsern mit Milch zu der Flasche, dann weiter zu Harry und plötzlich machte es Klick. Mit weitaufgerissenen Augen starrte er den Grünäugigen an.
„Nein, oder? Das ist nicht wirklich das, was ich denke, das es ist?“
Wieder lächelte Harry nur, nickte diesmal aber.
„Das ist wirklich unglaublich, bis jetzt ist es noch keinem Zauberer gelungen, einem Einhorn Milch abzunehmen! Sobald man versucht hat, sie zu melken, verschlossen sich die Zitzen oder die Milch wurde sauer. Wenn man überhaupt mal so nah an die Tiere herangekommen ist – und das haben bis jetzt nur Frauen geschafft.“
„Ich bin mir sicher, dass es sehr wohl einige Zauberer gibt oder gegeben hat, denen das sehr wohl gelungen ist. Aber die haben es mit Sicherheit nicht an die große Glocke gehängt. Wenn man bedenkt, wie manche Wesen in der Vergangenheit ausgenutzt wurden und immer noch werden, ist das auch kein Wunder.“
Da konnte der Schwarzäugige seinem Partner nur Recht geben, sofort musste er wieder an den gestrigen Zeitungsartikel denken, in dem man mehr oder weniger von Harry das Gleiche verlangte. Noch schlimmer, Severus sollte derjenige sein, der seinen Kleinen ‚erntete’. Alleine wenn er daran dachte, kochte er vor Wut. Niemand würde seinem Katerchen zu nahe kommen und schon gar nicht, um ihn als Waffe zu verwenden.
Harry riss ihn aus seinen Rachegedanken.
„Also, wenn wir schon ein so wundervolles Geschenk bekommen haben, sollten wir es auch nicht verschwenden, oder was denkst du?“
Der Junge hob sein kleines Glas mit Milch und sah Severus erwartungsvoll an. Dieser nickte und griff nun ebenfalls zum Glas.
Sofort, als die beiden das ‚weiße Gold’ getrunken hatten, spürten sie einen enormen Energiestoß. Severus merkte, wie seine Magie schlagartig anstieg, und er war sich sicher, dass das auch auf seine körperliche Ausdauer zutraf. Er hatte das Gefühl, er könnte, wenn er müsste, eine Gruppe von zwanzig Todessern überwältigen. Allerdings trübte der enorme Kraftanstieg nicht seinen Verstand, ganz im Gegenteil. Der Tränkemeister wusste, dass er von der Kraft nicht beherrscht wurde. Sie schlummerte allerdings in ihm und würde sich jederzeit abrufen lassen, allerdings nur, wenn er nicht für sich selbst kämpfen würde. Ja, dieses Geschenk war wirklich überwältigend, das Einhornweibchen das die Milch gegeben hatte, schien ganz genau zu wissen, wie wichtig ihm Harry mittlerweile war. Nur deswegen hatte er das Geschenk erhalten, wenn er nur aus Eigennutz bei dem Kleinen wäre, hätte sich die Milch in eine Strafe verwandelt, wie es beim Blut dieser Tiere der Fall war. Alle diese Informationen schossen in wenigen Augenblicken durch sein Gehirn, dabei spürte er auch, wie sehr die Herde den Jungen liebte. Völlig erschlagen blickte er zu seinen Mann und seine Augen weiteten sich.
Die Narbe, die Harry quer über das Gesicht lief, war völlig verschwunden, leider traf das nicht auf die Fluchnarbe von Riddle zu. Außerdem hatte er eine viel gesündere Gesichtsfarbe. Der Junge sah im Ganzen wesentlich fitter aus als noch heute morgen.
„Das ist unglaublich. Mit den Tränken hätten wir dafür Monate gebraucht.“
„Ich weiß. Hast du auch das Gefühl, deine Magie hätte ein ganz neues Level erreicht?“
Der Tränkemeister konnte nur nicken.
Eine ganze Weile saßen sie noch so da und ließen das eben Erlebte auf sich wirken.
Irgendwann kamen sie allerdings wieder aus ihrer Trance und machten sich dann heißhungrig über das Essen her. Wobei Harry feststellte, dass ihm auch Indisch durchaus zusagte. Severus freute sich über den Appetit des Kleinen. Im Stillen dankte er dem Einhorn, denn er war sich sicher, ohne die Milch hätte der Gryff nicht so viel essen können. Und Harry brauchte die Nahrung wirklich. Kurz kam es Severus so vor, als würde er das Einhorn zufrieden wiehern hören.

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