Besseres kennenlernen

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Besseres Kennenlernen

Harry war überglücklich, als er auf den Ländereien von Hogwarts unterwegs war. Er liebte es, draußen in der Natur zu sein. Eingesperrt war er in seinem Leben wirklich oft genug gewesen.
Langsam ging er über das Gras und genoss die frische Luft. An einem Baum blieb er stehen und wandte sich an seine gefiederten Schulterpolster.
"Gut, ihr zwei dreht dann auch mal eine Runde, ich würde euch beide wirklich gerne nebeneinander fliegen sehen. Das sieht bestimmt wunderschön aus." Fawkes und Hedwig warfen sich über Harrys Kopf einen Blick zu, bevor sie der Aufforderung des Jungen nachkamen und sich in Lüfte erhoben. Sie flogen eine Runde über die Köpfe der beiden Menschen, bevor sie in Richtung See abdrehten. Sie wussten, ihr Schützling würde sich dorthin auf den Weg machen, immerhin wollten sie ihn nicht ganz aus den Augen verlieren.

Snape ging währenddessen neben Harry her und passte seinen Schritt dem des Jungen an. Der Professor merkte an dessen langsam Bewegungen, wie schwach sein Schüler noch war. Aber er verstand den Jungen auch, dass er einfach etwas frische Luft brauchte.
In angenehmem Schweigen gingen sie Richtung See. Als sie dort ankamen, bückte Harry sich zum Wasser runter und fing an, mit beiden Händen im Wasser zu plätschern. Nach einer Weile drehte er sich zu seinem Lehrer um.
"Ich möchte Ihnen einen Freund von mir vorstellen, Sie kennen ihn sicher."
Snape sah den Grünäugigen nur verwundert an. Wen, bitte schön, wollte er ihm denn hier vorstellen und wieso sollte Snape ihn kennen?
Weiter kam er in seinen Überlegungen allerdings nicht, denn da stieg schon eine Wasserfontäne auf und herausschoss der Kraken des Sees.
Erschrocken wich der Tränkemeister einen Schritt zurück. Den kannte er allerdings, aber seit wann war das Vieh mit irgendjemanden befreundet? Soweit der Lehrer wusste, hatten die meisten Schüler Angst vor dem 'Seeungeheuer', wie sie es nannten.
Harry hingegen ging furchtlos auf den Kraken zu und streichelte ihn. Woraufhin der Kraken ihm doch tatsächlich einen Fangarm um die Taille legte, als würde er ihn umarmen wollen.
"Hallo, Robin, schön dich zu sehen. Darf ich dir Professor Snape vorstellen? Professor Snape, das hier ist Robin." Auf diese Vorstellung hin reichte der Kraken, Robin, ihm einen Tentakel, den der verwirrte Lehrer auch nach einigen Augenblicken ergriff und schüttelte.
Wenn ihm vor zwei Tagen jemand gesagt hätte, er würde mal einem Kraken die Hand geben, hätte er denjenigen ins St. Mangos eingeliefert.
Nachdem er den Tentakel wieder losgelassen hatte, wandte er sich an Harry, der immer noch in der "Umarmung" hing und ihn strahlend anblickte.
"Robin?"
"Ja, er neigt dazu, älteren etwas zu klauen und es dann an jüngere weiter zu geben. Deswegen habe ich ihm den Namen gegeben", meinte der Junge nur und kraulte seinen Freund … hinter den Ohren? Ohrlöchern? Was auch immer ein Kraken hatte.
"Seit wann sind Sie denn mit … Robin befreundet?" So weit sich Snape erinnerte, hatte er Harry noch nie am See gesehen. Zumindest nicht bis zur zweiten Aufgabe im Trimagischen Turnier.
"Seit letztem Jahr, nachdem ich heraus gefunden habe, was die zweite Aufgabe ist, musste ich schwimmen lernen. Robin hat es mir beigebracht."
Dass der Junge nicht schwimmen konnte, überraschte Snape nicht wirklich. Nach allem, was er bereits über dessen Verwandten gehört hatte, war es nicht verwunderlich, dass Harry nicht schwimmen konnte. Aber dass ein Seekraken als Schwimmlehrer fungiert, war dem Tränkemeister neu. Allerdings war das für ihn nur noch ein Beweis mehr, dass sein Schüler wohl eher die Anlagen dazu hatte, ein Weißer Vampir zu werden, als ein Racheengel. Er beobachtete Harry, der eine Zeitlang mit Robin spielte, als die Wasseroberfläche sich schon wieder kräuselte und diesmal drei Wasserleute aus den Wellen aufstiegen.
Sprachlos beobachtete der Tränkemeister, wie Harry völlig ohne Scheu nun auch auf diese zuging. Was ihm aber fast die Gesichtszüge entgleisen ließ, war die Szene, die sich ihm jetzt bot. Harry bildete mit Daumen- und Zeigefinger ein O hielt es wagerecht und fuhr sich mit den Fingerspitzen über das Brustbein.* Einer der Wassermänner fing daraufhin ebenfalls an zu gestikulieren und Snape konnte nur noch zu sehen, wie plötzlich alle drei Wasserleute und sein Schüler sich auf diese Art unterhielten.
Nun drehte sich Harry zu seinem Lehrer um und bewegte seine Hände dazu, als würde er seinen "Gesprächspartnern" erklären, wer das war.
"Professor, das sind Jun, Kar und Gin, es sind ebenfalls Freunde. Und meistens die Leidtragenden von Robins Diebereien."
Der Professor wandte sich an die drei Männer und nickte ihnen, da er nicht wusste was er sonst tun sollte, zu. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Jungen.
"Harry, was sind das für Zeichen die Sie gerade eben verwändet haben? Es sah fast so aus wie Gebärdensprache?"
"Ganz genau das ist es auch, Professor. Ich habe am Anfang versucht, die Sprache des Wasservolkes zu lernen, bekam davon aber nur Halsschmerzen. Also habe ich ihnen einfach die Gebärdensprache beigebracht. Und wie Sie sehen, funktioniert das super." Der Junge strahlte bei dieser Erklärung bereits wieder so, dass Snape beinahe dessen Zustand vergessen hätte. Es war unglaublich, wie sehr sich dieses Kind für etwas begeistern konnte und vor allem dass er scheinbar ohne irgendwelche Vorurteile auf andere Wesen zuging.
Die Unterhaltung in Zeichensprache ging noch eine ganze Zeit weiter. Snape wünschte sich, er könnte daran teil haben, aber leider verstand er kein Gebärden. Er nahm sich aber vor, bei Gelegenheit ein Buch darüber zu kaufen, oder einfach Harry zu fragen, ob er sie ihm beibrachte. Innerlich musste er über sich selbst den Kopf schütteln, er hätte nie gedacht, dass er mal darüber nachdachte, ausgerechnet Harry Potter zu fragen, ob er ihm in irgendwas Unterricht geben würde.
Nach einiger Zeit tauchte einer der Wassermänner, Snape glaubte es war Jun, wieder in den See ab, kam aber bereits nach kurzer Zeit wieder und überreichte Harry etwas. Nach noch ein paar Gesten verabschiedeten sich sowohl die Wassermänner als auch der Robin auch bei Snape und verschwanden wieder im See.
Harry kam strahlend auf seinen Tränkeprofessor zu und zeigte ihm das Geschenk der Wassermänner.
Snape machte große Augen. In Harrys Hand befand sich eine Wasser-Birnen-Koralle. Es war äußerst schwer, an diese Früchte heranzukommen, da sie sehr versteckt wuchsen. Sie galten als äußerst wohlschmeckend und kraftspendend. Snape selbst hatte noch nie eine probiert, da sie ihm einfach zu teuer waren.
Nun brach der Junge die Frucht in zwei Teile und reichte eine davon seinem Lehrer.
"Hier, Professor, für Sie."
Überrascht nahm der Tränkemeister die ihm angebotene Frucht entgegen, was Harry ein schüchternes Lächeln entlockte.
Die Wasser-Birnen-Koralle machte ihrem Ruf wirklich alle Ehre, sie schmeckte köstlich und Snape spürte sofort die stärkende Wirkung.

SchwarzweißWo Geschichten leben. Entdecke jetzt