Dursleys

6.8K 253 48
                                    

Bei den Dursleys

Harry fand sich auf einer wunderschönen Wiese wieder. Es roch herrlich nach allen möglichen Pflanzen, weiter hinten sah er einen Wald und rechts neben ihm plätscherte ein kleiner Bach.
„Wunderschön, aber wo bin ich hier?“
Er hörte es hinter sich rascheln, erschrocken drehte er sich um, beruhigte sich aber sofort wieder. Vor ihm standen drei Katzen, eine war rot, eine schwarz und das Junge in der Mitte getigert.
„Hallo, meine Hübschen, könnt ihr mir sagen, wo ich hier bin?“
Die schwarze Kätzin machte einen Schritt auf ihn zu.
„Das hier ist eine Traumlandschaft, die du selbst erschaffen hast, um uns zu empfangen.“
„Ich verstehe nicht.“
„Es ist ganz einfach. Wir drei wollten unbedingt mit dir sprechen und um das möglich zu machen, hast du diesen Ort erschaffen.“
„Aber warum seid ihr nicht einfach zu mir gekommen? Ich kann auch im wachen Zustand mit Katzen sprechen. Zumindest seit meiner Umwandlung.“
„Das wissen wir, aber bei uns liegt der Fall leider anders.“
„Inwiefern?“
Die drei sahen ihn traurig an, ehe dieses Mal der rote Kater antwortete.
„Weil wir tot sind. Da du erst vor kurzem erwacht bist, kannst du uns leider noch nicht sehen, aber auch das wirst du mit der Zeit lernen.“
Harry war im ersten Moment schockiert, die drei vor ihm waren also tot. Dass Nekomata in der Lage sind, Geister zu sehen (also echte und nicht die durch Zauber entstandene), wusste er. Zum Glück, sonst hätte er mit Sicherheit noch einen Schreck bekommen.
Der Junge setzte sich ins Gras und begann das Junge zu streicheln.
„Warum wolltet ihr mich sprechen? Und, wenn die Frage nicht zu persönlich ist, wie seid ihr gestorben?“
„Eben wegen unserem Tod wollten wir mit dir sprechen. In der Umgebung rund um den Ligusterweg hat es sich unter den Katzen schon lange herumgesprochen, dass es eine nette alte Menschenfrau gibt, die sich um uns kümmert. Vor allem um die, welche sonst keiner haben will. Ich hatte gerade mein erstes Junges bekommen, eben das hier, und wir wollten uns auf den Weg zu der Frau machen. Aber wir kamen nie an.“
Da die Katzenmutter ganz offensichtlich nicht in der Lage war weiterzusprechen, ergriff nun ihr Gefährte das Wort:
„Wir sind zwei Jugendlichen begegnet, ganz offensichtlich handelte es sich um Schläger. Ein großer dicker und ein etwas kleinerer aber genau so dicker. Der große hat sich gerade fürchterlich aufgeregt, weswegen haben wir natürlich nicht verstanden. Wir wollten uns gerade an ihnen vorbei schleichen, als sie uns entdeckten. Sie haben uns gefangen und der Kleinere hat angefangen, auf uns einzuprügeln, während der größere einfach nur lachend daneben gestanden ist. Als erstes starb unsere Kleine, danach meine Gefährtin und zum Schluss ich.“
Nun übernahm das Weibchen wieder.
„Als wir tot waren, wussten wir plötzlich, warum der Mensch uns getötet hat, und wo wir Hilfe finden können.“
Harry war bei der Erzählung immer blasser geworden. Für ihn stand fest, dass es sich bei den beiden Jugendlichen um Dudley und einen seiner Freunde handeln musste.
„Es tut mir so leid, es...“
Das Junge stupste ihn an und schnurrte beruhigend.
„Dir muss es nicht leid tun, du kannst nichts dafür.“
„Unsere Kleine hat Recht. Wir wissen, warum wir getötet wurden, und das ist einzig und allein die Schuld der beiden Menschen.“
„Wann seid ihr gestorben?“
„Vor zwei Tagen. Es brauchte eine Zeit, bis wir uns an den Zustand gewöhnt hatten.“
„Was? Aber Severus hat doch durch einen Zauber verhindert, dass Duddley weiter Tiere quälen kann.“
Wieder antwortete die Schwarze.
„Aber er hat leider nicht daran gedacht, dass dein Cousin andere dazu anstiften kann, es für ihn zu übernehmen.“
Nun brach Harry in Tränen aus. Warum nur hatten sie nicht an diese Möglichkeit gedacht? Es lag doch auf der Hand, dass sich Dudley eine andere Möglichkeit suchen würde, um weiterhin Spaß am Leid anderer zu haben.
Dieses Mal kletterte der Katzenwelpe sogar auf Harrys Brust. Als sie seine Aufmerksamkeit hatte, meinte sie:
„Es ist nicht deine Schuld, aber du kannst uns helfen, uns an diesen Menschen zu rächen.“
Schon wollte der Junge fragen, wie er ihnen denn helfen sollte, als es ihm auch schon einfiel. Er hatte gelesen, dass Nekomata dazu in der Lage waren, Menschen ihre Vorfahren an den Hals zu hetzten. Das machten sie, wenn ein Mensch sie beleidigt oder gequält hatte. Die Geister der Vorfahren suchten den Menschen so lange heim, bis er sich bei der Katze entschuldigte und sie mit Nahrung gnädig stimmte.
„Ich wusste nicht, dass Nekomata auch dazu in der Lage sind, sich für andere Katzen zu rächen.“
„Vermutlich weil es die Menschen nicht glauben wollen.“
„Aber ich kann meinem Cousin nicht seine Vorfahren an den Hals hetzen, immerhin sind es zum Teil auch meine.“
Es war der Kater, der weitersprach.
„Das wollen wir auch gar nicht, es gibt noch eine Möglichkeit uns zu helfen, ohne andere Tote, die damit nichts zu tun haben, mit hineinzuhieven.“
Zuerst blickte Harry verständnislos, ehe ihm einfiel, was die drei von ihm wollten.
„Ihr wollt die beiden als Geister besuchen.“
Dreimaliges Nicken war die Antwort.
„Unsere Kleine will den Freund deines Cousins ärgern, da der sicher schneller zur Einsicht kommt. Und wir möchten – Dudley hast du ihn genannt – übernehmen. Und das, bis sie ihre Lektion gelernt haben.“
„Und was genau muss ich machen?“
„Wenn du dich konzentrierst, solltest du es von ganz allein können.“
„Woher wisst ihr das alles eigentlich?“
„Wir sind Katzen, wir haben alle die Fähigkeit, Tote zu sehen, und deswegen wissen wir auch über deine Art Bescheid.“
‚Na toll, ich sehe tote Menschen’, dachte Harry sarkastisch. Aber er tat, was die drei sich gewünscht hatten. Als Harry die Augen schloss, wusste er fast sofort, was er tun musste. Er sah Dudley und seinen Freund in ihren Betten und leitete die drei Katzen auf ihrem Weg zu ihnen.
„Ich wünsche euch viel Glück.“
„Danke“, kam es dreistimmig und im nächsten Moment waren sie verschwunden und Harry allein auf der Wiese. Als ihm klar wurde, dass die drei noch leben könnten, wenn er nur früher an den Einfallsreichtum seines Cousins gedacht hätte, liefen ihm wieder die Tränen über die Wangen.

SchwarzweißWo Geschichten leben. Entdecke jetzt