Wut

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Wut

Als Harry und die anderen das Büro des Direktors betraten, standen da bereits Dumbledore und McGonagall und warteten auf die drei.
Harry indessen kam sich vor als würde sein Leben in Endlosschleife ablaufen. Nur dass der Direktor und seine Stellvertreterin heute nicht saßen, sondern vor dem Kamin standen.
„Guten Tag, meine lieben, seid ihr bereit?“
Harry weigerte sich, diese Frage zu beantworten. Snape zog nur die Augenbraue hoch und Poppy schnaubte.
Von dieser Reaktion völlig unbeeindruckt, wandte sich Dumbledore nun ganz dem Kamin zu. Er wollte gerade eine Prise Floopulver aus der Schale nehmen, als etwas direkt an ihm vorbei flog.
Der sprechende Hut, der bis eben auf dem Kaminsims gestanden hatte, machte sich selbstständig und ließ sich nun auf Harry Kopf nieder. Um den Jungen wurde es augenblicklich schwarz und eine bekannte dunkle Stimme richtete das Wort an ihn:
„Hallo, Kleiner. Da es dir im Moment gut zu gehen scheint, dachte ich mir, wir könnten etwas miteinander plaudern.“
Völlig entgeistert blickten die Erwachsenen auf den Jungen und den magischen Gegenstand auf dessen Kopf. Harry hingegen war nicht im Geringsten überrascht.
„Hallo du, versteh mich bitte nicht falsch, aber das neue Schuljahr hat doch noch gar nicht begonnen. Ist es nicht ein bisschen früh für unsere Unterhaltung?“
Tiefes Lachen ertönte in Harrys Kopf.
„Normalerweise schon, aber ich finde, ich kann in diesem Jahr eine Ausnahme machen.“
Diese Aussage verblüffte nicht nur den Direktor sondern auch alle anderen Anwesenden.
„Mr. Pot... Entschuldigung, Evans, was meinen Sie und der Hut mit ‚jährliche Unterhaltung’?“ Es war McGonagall, die ihm diese Frage stellte.
Harry legte seine Hände an die Krempe des Hutes und hob ihn etwas an. Ohne ihn jedoch ganz abzunehmen. Er blickte vier gespannten Gesichtern entgegen. Was ihn schmunzeln ließ. Es war schon sehr amüsant zu sehen, wie wenig ihn die Erwachsenen kannten.
„Seit ich den Hut, aus reiner Neugier, im zweiten Jahr nochmal aufgesetzt habe, hat sich das bei uns beiden als Tradition eingebürgert. Jedes Jahr, wenn ich, früher oder später, in dieses Büro zitiert werde, setze ich ihn auf und wir unterhalten uns. Meistens tauschen wir Neuigkeiten aus. Und außerdem meint der Gnädigste“, damit nickte er nach oben hin, „mir jedes Jahr aufs neue erzählen zu müssen, in welches Haus ich gehöre.“
Dies erstaunte sehr. Die Erwachsenen warfen sich verwirrte Blicke zu. Snape hatte sich als erstes wieder erholt.
„Haben Sie einen Zauber gewirkt, damit der Hut jedes Jahr aufs Neue mit Ihnen spricht?“
Nun war es an Harry, verwirrt zu sein.
„Nein, warum? Ich setze ihn einfach auf und wir unterhalten uns.“
„Es ist nur so, dass bis jetzt kein Fall bekannt ist, in dem der sprechende Hut außerhalb seiner Rolle am Schulbeginn mit einem Schüler spricht.“
Der Junge blickte seinen Zaubertränkelehrer an und lächelte.
„Ist es nicht eher so, dass noch nie jemand versucht hat, sich mit ihm mehr zu beschäftigen?“
Darauf fiel dem Tränkemeister nichts mehr ein. Natürlich hatte Harry Recht. Nach der Einsortierung in eines der Häuser interessierte sich kein Schüler mehr für den alten Stofffetzen. Diese Erkenntnis traf die Erwachsenen sehr hart. Nicht dass sie dem Hut keine Beachtung geschenkt hätten, sondern dass es wieder Harry war, der sie auf das Offensichtliche hingewiesen hatte.
Kichern lenkte die Aufmerksamkeit der Lehrer und der Medihexe wieder auf den Jungen. Auf die fragenden Blicke antwortete Harry errötend. Wobei er sich ausschließlich auf Snape konzentrierte.
„Entschuldigung, aber diese prähistorische Kopfbedeckung hat mir gerade erzählt, dass Poppy und Professor McGonagall den Direktor gestern noch ziemlich lange ins Gebet genommen haben.“
Erschrocken wandte sich die Verwandlungslehrerin an ihren Schüler.
„Aber Mr. Evans, er hat Ihnen doch sicher nicht verraten, was genau wir zu Albus gesagt haben?“
Der Direktor wurde blass. Hoffentlich nicht, dachte er. Ihm klingelten jetzt noch die Ohren, wenn er daran dachte, wie die beiden Frauen ihn in die Mangel genommen hatten.
Harrys Grinsen allerdings nahm sowohl ihm als besagten Frauen diese Hoffnung.
„Oh doch, Professor. Zwar hat er mir nicht alles erzählt, aber doch genug. Vor allem hat er gemeint, wenn es so etwas wie Reinkarnation wirklich gibt, haben Sie beide sich, mit den Ausdrücken, die Sie verwendet haben, eine Runde Bandwurm verdient.“
Snapes Augenbrauen verschwanden beinahe im Haaransatz, als er die entsetzten Gesichter seiner Kollegen sah. Bei Poppy wunderte ihn das ja eigentlich nicht, aber Minerva? Die Schottin war doch sonst immer so streng, was Kraftausdrücke betraf. Sie hatte in der Vergangenheit Schüler fürs Fluchen schlimmer bestraft, als er es tat, wenn ebenjene Schüler Kessel in Luft jagten.
McGonagall, der dies alles ziemlich peinlich war, versuchte, das Thema zu wechseln.
„Sollten wir nicht langsam los? Ich bin mir sicher, dass bereits alle auf uns warten.“
Das senkte Harrys Laune nun wieder auf einen Nullpegel. Er nahm den Hut vom Kopf, streichelte ihm noch einmal über die Spitze (wobei er nicht wusste, ob der das überhaupt spürte), und legte ihn zurück auf seinen Platz.
Bevor der sprechende Hut wieder zu seiner stummen Existenz zurückkehrte, richtete er sich nochmal an den Jungen. Und zwar so, das auch die anderen ihn hören konnten.
„Ich wünsche dir viel Glück. Erzähl mir bei Gelegenheit, wie die Besprechung ausgegangen ist, mein Garn.“
Zwar hätte sich der Hut auch an den Direktor wenden können, aber er weigerte sich, mit diesem zu sprechen. Nicht nur weil Dumbledore ihm bis jetzt keine Beachtung geschenkt hatte, sondern auch weil er gesehen hatte, was dieser bei dem Kleinen gestern ausgelöst hat.
Snape wandte sich an seinen Schüler.
„Was meinte er mit Garn?“
„Ganz einfach, Professor. Remus nennt mich Welpe. Die Zentauren nennen mich Fohlen. Für Fawkes und ich glaube auch für Hedwig bin ich ein Küken. Na ja und für den Hut ist die kindliche Version eben ein Garn“, sagte Harry.
Snape konnte nur verblüfft den Kopf schütteln. Dieser Junge schien wirklich in jedem den Beschützerinstinkt wachzurufen. Einfach unglaublich, der Kleine. Und so jemanden wollte Dumbledore einfach mit irgendjemandem verheiraten. Das würde er auf keinen Fall zulassen, das würde Harry einfach nicht überleben. Und so sehr er Black auch hassen mochte, er wusste, dass auch der Flohfänger eher nach Askaban zurückkehren würde als seinem geliebten Patenkind so ein Schicksal zuzumuten.
Nachdem sich der Direktor von der neuesten Überraschung erholt hatte, nahm er nun wirklich das grüne Pulver, warf es in den Kamin und floote in den Grimmauld Place.
Nach ihm kamen McGonagall und Poppy.
Als Snape seinen Harry auffordernd ansah, verzog dieser das Gesicht.
„Oh, Mann, wie ich diese Kamine hasse! Mir wird mit Sicherheit wieder schlecht.“
Noch bevor sein Lehrer etwas darauf erwidern konnte, spürte er einen Flügel von Fawkes, welcher immer noch auf Harrys linker Schulter thronte, und im nächsten Moment verschwanden sie in einer Feuersäule.

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