Kapitel 16

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Ellie Dae Hwang

Der Raum in dem ich mich befinde, ist für mich eigentlich schon immer eine verbotenen Zone.

Das Büro meines Vaters.

Doch ausgerechnet in diese verbotene Zone, hat mich Linh gebracht.

Linh ist schon seit ich denken kann, meine Nanny und seitdem ich 18 bin scheint sich erfolgreich zu ignorieren, dass ich volljährig bin. Mittlerweile bin ich 23 Jahre und sie ignoriert es immer noch.

Eigentlich hätte ich schon vor einigen Jahren dafür sorgen können, dass sie geht aber ich mag Linh sehr.

Während Linh beobachten konnte wie ich zu einer jungen Frau herangewachsen bin, habe ich beobachtet wie sie immer älter wurde.

Sie hat selbst zwei Kinder aber die sind einige Jahre älter als ich. Deshalb konnte sie immer bei mir sein.

Um ehrlich zu sein, war Linh auch schon immer mein Ersatz. Der Ersatz für meine Mutter.

Meine Mama ist gestorben, als ich gerade mal zwei Jahre alt war. Man hat mir erzählt, dass sie ein Sonnenschein war und mein Lächeln soll genau so sein wie ihres.
Linh möchte immer, dass ich lächle. Sie streicht mir dann immer mal wieder über die Wange und berührt mein Grübchen.

Sie nennt mich auch immer „mein Kind.".

Mir wurde zwar meine Mutter genommen aber danach wurde mir Linh geschenkt.
Dafür bin ich dankbar.

Trotzdem vermisse ich meine Mutter. Es ist verrückt, wie man jemanden vermissen kann, die man nie persönlich kennenlernen durfte.
Doch ich habe schon oft gehört, dass die Worte und die Umarmungen einer Mutter, die wichtigsten und besten sind.

Der Krebs hat mir aber die Worte und auch die Umarmungen genommen. Er hat sich selbst aber meine Mutter genommen.

Man könnte meinen, dass mein Vater schon unzählige weiteren Frauen hatte. Er hat den Tod meiner Mutter aber nie überwunden. Ich war noch nie in seinem Schlafzimmer aber man sagt, dass da noch ein riesiges Gemälde von ihr hängt.
Er hat sich nie mit einer anderen Frau gezeigt.
Wenn er mich sieht, betrachtet er mein Gesicht immer sehr lang.
Ich wollte mir mal die Haare färben aber er ist fast ausgerastet. Linh meinte damals, dass es daran liegt, das ich meiner Mutter ähnlich sehe und er nicht möchte das dieser Ähnlichkeit verschwindet.
Durch mich lässt er meine Mutter weiterleben. Es ist egoistisch von ihm aber es ist seine Liebe für meine Mutter.

Als Kind habe ich Linh gefragt, was Liebe ist.
Bis heute kann ich mich an ihren Blick und ihr Antwort erinnern.

Ihre Augen haben sich mit Tränen gefüllt und sie hat mir über meine dunkle Haare gestrichen.

„Liebe ist unendlich. Liebe ist das Schönste auf dieser Welt. Liebe tut aber auch weh aber sogar das macht süchtig. Das ist Liebe."

Ich war sieben Jahre alt als sie mir das gesagt hat. Damals war ich verwirrt und habe nicht nochmal nachgefragt aber mit jedem weiteren Jahr habe ich verstanden was sie damit gemeint hat.

Liebe ist unendlich;
Deswegen hört die Liebe meines Vaters auch nicht auf.
Liebe ist das Schönste auf dieser Welt;
Ohne Liebe, würde nämlich die Welt zusammenbrechen.
Liebe tut weh aber sogar das macht süchtig;
Mein Vater trinkt viel und er wirkt immer traurig und verletzt aber er hört nicht damit auf. Es ist so, als wäre er süchtig nach diesem Gefühl.

Doch er hat mir schon immer alles gegeben was ich wollte. Er hat es zwar auf seine eigenen Art getan aber ich weiß, dass andere Kinder nie solche Chance haben werden.

Ich wurde immer von meinem Zimmer aus unterrichtet. Erwachsene waren immer meine einzigen Kontaktpersonen.
Als ich dann für mein Studium weg wollte. War er erst extrem überfordert. Doch dann hat mein Vater mir ein Haus in der Nähe vom Campus gekauft. Natürlich bin ich dann zum besten College in Seoul gegangen. Zwei seiner Bodyguards haben mich all die Semester, jeden Tag begleitet.

Freiheit ist für mich ein Traum. Wenn ich schreibe, bin ich frei. Deswegen habe ich Literaturwissenschaften studiert.

In den Büchern rebellieren die jungen Leute sehr oft aber ich kann das nicht.
Ich habe zu viele Verantwortungen.

Die Größte ist dabei die Wichtigste;
So wie meine Mutter meinen Vater alleine gelassen hat, darf ich das nicht tun.
Ich kann meinen Vater nicht alleine lassen.
Obwohl er ein starker Mann ist, würde er es nicht aushalten, seine einzige Tochter, sein einziges Kind zu verlieren.

Die Bürotür wird geöffnet und es unterbricht meine Gedanken.

Mein Vater steht im Türrahmen und ich stehe sofort auf.

Wie immer verbeuge ich mich tief und als ich wieder aufschaue, steht er vor mir und sieht mir in die Augen.

Vorsichtig lächele ich, denn ich weiß nicht wie ich seinen Blick gerade definieren soll.

Seine Hand gleitet zu meiner Wange.

„Hallo. Setzt dich wieder." sagt er ruhig und ich nicke leicht.

„Hallo." sage ich leise und verwirrt.
Irgendwas fühlt sich gerade komisch an.

Mein Vater löst sich von mir und läuft hinter seinen großen Schreibtisch aus massivem Holz.

Langsam setze ich mich auf den braunen Lederstuhl, gegenüber von seinem Schreibtisch.

Ich atmet leise aber tief ein und ein erdrückendes Gefühl, macht sich auf meinem Brustkorb breit.

Sofort überlege ich mir, ob ich irgendetwas getan habe und weshalb er wollte, dass ich in seinem Büro auf ihn warte.

Nicht mal als Teenager habe ich Dinge getan, auf die er wütend sein konnte. Zurzeit mache ich daher auch nichts, was ich nicht tun dürfte.

„Wie gehts dir?" fragt er mich plötzlich und ich atme geräuschvoll aus.

„Gut und dir?" habe ich vielleicht doch etwas vergessen?

Er legt seine Unterarme auf dem Tisch ab und lehnt sich leicht vor.

„ Mir wird es bald besser gehen." bei seiner Antwort, weite ich leicht meine Augen. Es ist ganz sicher etwas passiert.

„Wieso?" frage ich besorgt und er sieht kurz auf seinen Schreibtisch.

„Du musst was für mich tun." antwortet er mir und hebt seinen Blick vom Tisch.

The Trap // JKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt