Kapitel 105

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Ellie

Ich spüre nichts, außer seine Lippen auf meinen.

Mein Körper lebt nicht mehr. Da bin ich mir ganz sicher.

Man sagt, dass der Körper ab einem bestimmen Schmerz, die Wahrnehmung und das Schmerzempfinden beeinträchtigt. Das wird als natürlichen Schutzmechanismus gesehen.
Mein Körper hat genau das getan. Nach Tagen der Wehrlosigkeit und seiner Gewalt, konnte mein Körper nichts anderes mehr machen.

Schön von meinem Körper, dass es diesen Schutz hat aber was ist mit meiner Seele?

Was schützt die Seele?

In einem Krankenhaus verbinden sie deine Wunden, geben die Medikamente und binden dich an einen Schlauch mit einer lebensnotwendig Flüssigkeit. Diese Dinge machen sie nur für den Körper.

Irgendwann, wenn sie merken, dass das Opfer auffällig ist, holen sie einen Psychologen.

Doch, wie soll man mit dieser Person reden, wenn der eigenen Kopf nicht verarbeiten kann, was passiert ist?
Wie soll ich mich ausdrücken, wenn ich nicht mehr weiß wie das funktioniert?

Ich habe Angst. Angst davor, dass die Ellie, die mit den Jahren herangewachsen ist, gestorben ist.

Nichts an mir fühlt sie nämlich so an wie sie.

Und obwohl es mein Zustand schlimmer nicht sein könnte, lassen seine Lippen meine Tränen noch heftiger werden.

Tränen, die dort eigentlich nicht sein sollten.
Wie viel Tränen kann ein Mensch denn haben, wenn er sich selbst verloren hat?...

Nach seinen Lippen, spüre ich zwei große Hände an meinen Wangen.

Ich sollte schreien, ihn von mir stoßen und versuchen abzuhauen.
Er ist auch ein Mann.
Der Mann, der mich nie wollte und alleine gelassen hat.
Der Mann, der mich während unsere Hochzeit betrogen hat.
Der Mann....der sein Versprechen gehalten hat.

„Es tut mir leid..." seine Stimme ist leise und so leicht wie eine Feder.
Das Leichteste was ich jemals gehört habe.

Die Tränen erschweren mir die Sicht auf ihn. Vor wenigen Sekunden habe ich ihn nicht gesehen oder gehört aber jetzt, sind die Tränen das einzige, was mir einen Blick auf ihr erschwert.

Er streicht mir mit seinen Daumen die Tränen von den Wangen und sein Atem streift meine Lippen.

Es tut ihm leid.
Worte die schon so oft überall auf der Welt gesagt wurden und die so oft ohne jegliche Bedeutung sind.
Doch gerade jetzt in diesem Augenblick, bedeutet es mir alles.
Es ist das Letzte an das ich mich klammern kann.

Seine Lippen und seine Worte, sind das was mich über Wasser halten.

Seine Finger trocknen meine Wangen und als ich blinzle, kann ich ihn endlich klar und deutlich vor mir sehen.

Seine dunklen Augen blicken in meine und ich erkenne, wie auch er Tränen verliert. Sie rollen über seine Wangen.
Könnte ich meinen Körper kontrollieren, würde auch ich ihm die Tränen wegwischen aber es geht nicht.
Seine Haut ist blass und er sieht einfach nur traurig aus.
Seine Lippen sind etwas geöffnet und seine Unterlippe zittert etwas.

„Ich..habe dich vermisst..." seine Lippen bewegen sich und mein Blick bleibt an ihnen hängen.
Hat er das gerade wirklich gesagt?..

Wie kann er mich vermissen, wenn er doch nie wirklich bei mir war?...

Ich kann nichts auf seine Worte erwidern. Mein Blick auf seine Lippen löst sich nicht und als er sie zusammenpresst, weiß ich dass das hier zu viel für ihn ist.

Schon damals war Ellie hier fehl am Platz und ich bin das auch.

Ich gehöre hier nicht her.

Wegen mir weint er.
Er ist wegen mir in Gefahr.
Wegen mir ist er überfordert.

Meine Augen lösen sich von seinen Lippen und ich blocke in seine Augen.

Und ich schwöre mir eins; Sobald ich hier rauslaufen kann, werde ich das tun. In paar Jahren bin ich dann nur noch eine wage Erinnerung und eine Geschichte, die er der Liebe seines Lebens erzählen wird.

Seine Augen weiten sich und es ist so, als würde er hören was ich denken.

„Sieh mich nicht so..." haucht er fasst tonlos und ich schließe meine Augen.

The Trap // JKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt