Chapter 39

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Jimin zog mich mit aufs Bett, seine Arme hatte er um meinen flachen Bauch geklammert, "Es sollte dich nicht so stören", murmelte er, "Warum? Weil er nur ein Angestellter ist? Er könnte mich trotzdem duzen!", nuschelte ich verletzt zurück, "Außerdem heißt es nicht, weil er hier nun arbeitet, dass er mich wie eine Autoritätsperson behandeln muss",     " Ach TaeTae, vielleicht wurde er so respektvoll erzogen".
Das kann es nicht sein.
Draußen hatte er mich genau so behandelt, wie alle anderen.
Ich rückte von Jimin weg, er hatte recht, es sollte mich eigentlich nicht stören und normalerweise tat es das auch nicht.
Was andere von mir dachten, war mir meistens egal, aber in seinen Augen wollte ich keinen negativen Schatten werfen.
In Fällen wie vorhin, als Erina meine Rippe oder Heesun meine Angst beschrieb, schien er besorgt, warum also tat er dann in anderen Momenten so gleichgültig?
ER HATTE MICH VORHIN SOGAR BEI NAMEN GENANNT!
Jetzt brauchte er auch nicht mehr auf Formalitäten achten.
Ich vergrub meine Nase in der Tagesdecke, auf der ich und Jiminie lagen und atmete den Duft von Vanille ein.
"Meine Eomma ist auf einer Art Geschäftsreise", brachte Jimin leise hervor, "Sie lässt dich nie allein, wenn du sie besuchst", erwiderte ich dumpf, meine Stimme nuschelnt, wegen der Decke in die ich sprach.
Jimin sagte nichts, aber das Rascheln von seiner Kleidung verriet mir, dass er wohl nickte, "Wo ist sie eingereist?", "Griechenland, in irgendein Nationalpark", murmelte er und ich spitze die Ohren.
Ich bewunderte Park Deesa dafür.
Ich würde auch gerne einmal reisen, aber Eomma und Appa waren immer zu beschäftigt für solche Unterfangen.
"Was macht sie da?", ich richtete mich auf.
Es musste wichtig sein, sonst würde sie Jimin niemals allein lassen, er zuckte mit den Schultern, "Mit den Göttern sprechen", brachte er nüchtern hervor, was mich die Augen verdrehen ließ, "Bloß nicht sarkastisch werden, Park", schnaubte ich, denn er macht immer Witze über mein Glauben an die Götter, "Ich doch nicht", sagte er weiter unbeteiligt, was mich ihn dann anschauen ließ, zu meiner Überraschung schaute er ganz normal, es lag weder Belustigung noch etwas genervtes in seinem Blick, als ob er das Gesagte ernst meinen würde, "Sie will Antworten" und als ob das meine Fragen alle beantwortet hätte, wechselte er wie auf Knopfdruck seine Laune und unser Gesprächsthema.
Die Stunden vergingen und Jimin wurde müde, im Gegensatz zu mir, wollte er schlafen und so kam es, dass er sich gegen 22 Uhr verabschiedete.
Wie ein zurückgelassener Welpe stand ich am Fenster und schaute meinen besten Freund traurig hinterher, wie er die Einfahrt überquerte.
Ohne die höhere Stimme und Jiminies nicht stillbaren Redebedarf, war es ruhig in meinem Zimmer und das störte mich zutiefst.
Als die Silhouette von Jimin im Dunkeln endgültig verschwand, trat ich schwermütig von meinem Fenster weg, ließ es jedoch offen.
Ich setzte mich an den Schreibtisch und zog mein Skizzenbuch hervor.
Wie in Trance fuhren meine Finger über die Linien einer Zeichnung, die ich vor Monaten gemalt hatte und als Deckblatt diente, als ich das Buch öffnete.
Es handelte sich um ein melancholisches Bild, Trauer und Schmerz prägten die Züge eines Helden.
Achilles, Achilles wie er über der Leiche seines Gefährten kniete.
Warum ich nicht weiterblätterte wusste ich nicht, vielleicht lag es an den stumpfen Ausdruck von Patroklos,  seinen schlaffen Armen und seiner verkümmerten Statur.
Wie der Vogel in der Box. Ein Stich durchs Herz.
Dieser Gedanke hallte durch meinen Kopf, wie die Rufe der gefallenen Krieger durch die Halle Odins.
Grollend und laut.
Ich schlug den Buchdeckel zu, der um seinen Geliebten, trauernde Achilles verschwand unter den braunen Leder.
Meine Hände umfassten das Buch und schleuderten es panisch weg, als ob es eine Granate wäre, wenige Sekunden vor der Explosion, dabei räumte ich noch einige Dinge vom Schreibtisch, die mit einem dumpfen Knall den Boden berührten.
Der Stuhl kippte leicht zurück, als ich mit Schwung aufsprang.
Schnell atmend lief ich durch mein Zimmer, die leeren Wände griffen nach mir.
Adrenalin wurde durch meine Venen gepumpt und forderte die Flucht, aber ich konnte nicht.
Ich wollte nicht!
Ich faltete mein Hände über den Kopf zusammen und kniff die Augen fest zu. Mein Atem beschleunigte sich immer mehr und ich drohte zu hyperventilieren.
Ich wusste, dass ich mich beruhigen musste, deshalb fing ich an, meine Atmung zu regulieren.
Langsam. Ein und Aus.Ein.Aus
Mein Herz wurde stockend langsamer und schlug nicht mehr hämmernd  gegen meine Brust, das Blut rauschte nicht mehr laut durch meinen Schädel und zu guter Letzt durchströmte die Luft wieder gleichmäßig meine Lunge.
Mit zitternden Beinen stolperte ich zu meinem Bett und ließ mich darauf nieder.
Was war das gerade?
Ich schaute zur Decke, ich blickte zur Wand, alles war normal, keine Verzerrungen der Realität, keine näherkommenden Wände.
Ich schluckte.
Was passiert mit mir?
Ich rollte mich zu einer Kugel zusammen und begrüßte den inzwischen vertrauten Schmerz meiner Knochen, Jimin hatte meine Rippe neu getaped, bevor er ging.
Ich schlief mit Sachen und ohne Decke ein und empfing die Alpträume die darauf folgten.

Wörter: 834

Stolen Mirror TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt