Chapter 101

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Wütend und mit Tränen in den Augen versuchte ich, nicht die Treppe herunter zustolpern.
Verdammt~, ich wusste ja selber, dass es lächerlich war, sauer auf Jungkook zu sein, aber anscheinend war mein Körper immer noch auf schwangere Frau eingestellt und gab jeder kleinen Emotion einen Schub, der sich auf sie auswirkte wie fucking Doping auf Sportler.
Unten angekommen, wischte ich über meine Augen und folgte dem Flur.
Es war schön hier, überwältigend, jedoch konnte ich mich gerade nicht wirklich darauf konzentrieren.
Es waren überall Türen und Torbögen die dazu einluden, dahinter zu schauen, aber ich gab meiner Neugier nicht nach.
Noch nicht.
Je weiter ich lief, desto mehr Blumen säumten die Bögen und Fenster, jeder Sims war schöner dekoriert, als der zuvor.
Ich lächelte leicht.
Denn ja, das ähnelte meinem besten Freund~
Am Ende des Flurs erhob sich eine Tür, größer und verzierter als die Anderen.
Irgendetwas in mir das sich fremd anfühlte flüsterte voller Ehrfurcht und wollte sich der Kraft beugen, die von innen heraus strömte, wollte sie ergreifen.
Ich drückte zögerlich die schwere Tür auf und mir kam direkt ein betörender Duft entgegen, stärker ausgeprägt als sonstwo in diesem riesigen Palast.
Es roch wie in einer Drogerie oder Parfümerie gepaart, mit einem Blumenladen.
"Oh du bist wach~", kam es von einer sanften Stimme irgendwo im Raum.
Als ich mich zu dieser umdrehte, sah ich den Rücken meines besten Freundes, sein blondes Haar leuchtete in der einfallenden Sonne wie der heilige Schein eines Engels.
Er kniete an einem offenen Fenster über einem Blumentopf gebeugt, um ihn herum verstreute Erde, die in diesem penibel- sauberen Gebäude fehl am Platz wirkte.
Genau so unpassend sah auch Jimin in diesem Bild der Perfektion aus, denn sein weißer Chiton war schmutzig, besudelt durch den Dreck, in dem er hockte.
Er richtete sich langsam auf, "Ich hab gedacht, du hasst Dreck?", stellte ich nur nüchtern fest.
Er zuckte mit den Schultern, "Wenn man Ablenkung sucht, weil der beste Freund in einem schlafähnlichen Koma liegt, kann man das, denke ich hinnehmen", konterte er.
Er drehte sich zu mir um und wir beide bedachten uns mit neutralen Blicken.
Ich räusperte mich, "Nun gut.....".
Jimin teleportierte sich.
"Ach halt einfach dein Maul~", schluchzte er und zog mich in eine Umarmung, die ich sogleich ein wenig  überrumpelt erwiderte.
"Was machst du nur ständig für Scheiße du blöder Idiot!", knurrte Jimin und strich sich dabei die einzelnen Tränen aus den Augen, eine Geste, die ich sie ebenfalls vor einigen Minuten getan hatte.
Ich zuckte nur mit den Schultern.
Was sollte ich denn auch darauf antworten?
Wir gaben uns noch einige Minuten des Schweigens hin, die Zeit die Jimin brauchte, um die Tränen versiegen zu lassen, bevor wieder jemand von uns anfing zu sprechen.
Der kleine blonde Mann trat einen Schritt zurück und betrachtete mich nun aufmerksam, gar skeptisch.
"Wirst du mich auch gleich anfahren, dass ich dich belogen habe?", fragte er mich direkt.
Ich zog die Augenbrauen hoch.
Er wich theatralisch zur Seite und fasste sich an die Brust, "Der Wind und die Blumen teilten mir dein Missfallen mit, weil du belogen wurdest, flüsterten mir ins Ohr, dass du-", ich rollte mit den Augen und unterbrach ihn in seinem dramatischen Auftritt, "Yoongi hat es dir gesagt", "Yoongi hat es mir gesagt", bestätigte er grinsend und tippte sich an die Schläfe, "Eine immer währende Stimme", säuselte er.
Nun war also gänzlich der Funken des emotionalen Ausbruches von einigen Minuten verschwunden, sein Blick wurde ernster, sein Lächeln verschwand, "Ich konnte es dir nicht sagen, Taehyung. Mal abgesehen davon hättest du mir eh nicht geglaubt, wenn das alles nicht passiert wäre~", ich schmunzelte, "Du hättest vor mir eine Blume blühen lassen können", er lachte.
"Vielleicht", sagte er nur, dann herrschte wieder Stille.
"Es gab jedoch doch viele Momente, wo ich kurz davor war", gab er zu, "Immer wenn du über Götter geredet hast, immer wenn du sie in den Himmel gehoben hast, hätte ich dir am liebsten gesagt, dass du gerade über meine Freunde redest.... nun ja... vielleicht nicht all meine Freunde, Soona und Athena sind beide ne miese Bitch, aber im großen und ganzen sind die anderen nicht so schlimm... obwohl, vielleicht schon... Naja Hades ist ganz okay, ja, der geht".
Ich kicherte und kam auf ihn zu, "Schon okay Jiminie", sagte ich, woraufhin er mich mit großen Augen anschaute, "Ehrlich? Ich verheimliche dir meine komplette wahre Identität und Jungkook machst du ne Szene?".
Verlegen schaute ich zum Boden, "Naja~ ihr habt beide gelogen....", murmelte ich, "Aber bei Jungkook tut es mehr weh".
Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen, "Ich weiß doch auch nicht, du hast mir nicht gesagt, dass du ein Gott bist. Gut versteh ich irgendwie. Du hast mich alleine gelassen, als ich im sterben lag. Scheiß move, wirklich, aber du hast mich mehr oder weniger gerettet, das macht das andere also irgendwie wieder wett und du hast mir nicht direkt ins Gesicht gelogen, ich wusste ja nicht was oder wer du bist, konnte es nicht einmal erahnen. Jungkook jedoch hat mir mit Absicht die Wahrheit verschwiegen, er hat mir dabei in die Augen gesehen und hat nichts gesagt. Der Unterschied bei ihm ist, dass er mich über die göttliche Welt aufgeklärt hatte, er kannte mein Wissen darüber und hätte mir einfach die Wahrheit sagen können! Das mit Yoongi, ja gut okay, verstehe ich, dass er da eingeschränkt war".
Ich holte Luft.
"Aber das mit der Seelenverwandtschaft? Das hätte er mir sagen , hätte mir mitteilen können, dass es mehr Gründe gab weswegen er mein Aufseher geworden war, mag sein, dass er von den ganzen Aktivierungsscheiß nichts wusste, aber von dem Seelenpartnerzeug wusste er genug! Verdammt, ich hab gedacht ich werde verrückt, als ich Stimmen  gehört habe!".
Ich zupfte an einem Kissen herum und Jimin holte sich ein Glas Wasser, bevor er sich mir gegenüber setzte.
"Und dann hatte er mir nicht gesagt, dass er ebenfalls nach einer Heilung sucht. Die Idee ansich war wirklich nobel. Jedoch hat er mich regelrecht abgelehnt, er hat sich mit Yoongi eine Fake Geschichte ausgedacht. Ich hab mich eh schon nutzlos gefühlt, aber dann noch so eine Abfuhr zu bekommen, wenn man seine Hilfe anbietet... Ich meine, sie hätten mir ein beschissenes Kinderbuch geben können, mit dem Auftrag dort wichtige Stellen zu markieren und ich wäre glücklich gewesen. Er hätte mir sagen sollen, was er für mich tut, aber nein, er hat mir die Entscheidung abgenommen, mein eigenes Urteil zu fällen, er hat angenommen ich würde jeden Abend zerbrechen wie eine Porzellanfigur, aber was bricht einen Menschen mehr, als die unerklärliche Abstinenz der Person, die man liebt, basierend auf einer Lüge?".
Jimin setzte sein Wasserglas langsam an die Lippen und genau so langsam wieder ab.
"Okaayyy, das waren jetzt viele Informationen", murmelte er.
Ich nickte und vergrub meine Finger in den Handflächen, "Jiminie.... denkst du er redet sich die Gefühle ein? Du hast mir doch erzählt, dass es bei euch nichts Höheres gibt, als diese Verbindung, vielleicht fühlt er sich deshalb jetzt irgendwie mir gegenüber verpflichtet!", sagte ich verzweifelt.
Jimin betrachte mich, ehe er anwesend zur Seite schaute.
"Das fühlt sich an wie ein Deja vu", murmelte er.
Verwirrt legte ich den Kopf schräg, "Bitte?".
Jimin schaute mich mit großen Augen an.
"Ach ähm... ne alles gut", stotterte er, "Mach dir einfach keine Gedanken, glaub mir Jungkook ist kein patriotisches Arschloch, der sich für irgendwelche Ideale verbiegen würde, er liebt dich, weil du bist wie du bist und nicht weil eure Seelen mal eins waren und er irgendein Pflichtbewusstsein gegenüber dessen spürt, was einmal war", sagte Jimin.
"Bist du dir da sicher?", fragte ich immer noch verunsichert, was ihn jedoch nur die Augen verdrehen ließ, "Hat er dir jemals das Gefühl gegeben, für ihn nur eine Pflicht zu sein? Mal ganz ehrlich Taehyung, Jungkook hat dich schon am ersten Tag angebetet als ihr euch das erstemal in diesem blöden Museum gesehen habt", säuselte er, "Oder als er deine Eomma ignorierte, am ersten Tag seiner Mission auf dich acht zu geben~ der Mann war so von dir eingenommen, dass er vergessen hat, wie er heißt und du willst mir jetzt im allem Ernst weiß machen, dass er nur so getan hat?".
Er kam zu mir herüber und nahm mein Gesicht in seine Hände, "Taehyungie.... Jungkook liebt dich und das nicht nur wegen der Verbindung die euch eint. Schlag dir also ganz schnell diese Wahnvorstellungen aus dem Kopf, dass es anders wäre, denn wenn du dir weiter solche negativen Gedanken in den Kopf setzt und diesen auch noch nach gehst, machst du es euch beiden nur schwerer, als es ohnehin schon für euch war. Ich spreche aus Erfahrung".
Er grinste, "Hey, außerdem hätte es dich definitiv schlimmer treffen können, zum Beispiel hättest du einen schwarzhaarigen Mann mit Narbe und dauerhaft schlechter Laune erwischen können. Ich sag dir das ist ein Krampf!".
Ich lachte leise, "Danke Jimin".
Das riesen Monchi rollte mir den Augen.
"Nicht dafür, aber wenn ich du wäre, würde ich meinen gut geformten Arsch aus dem Sessel drücken und meinen Partner suchen, um mich bei ihm zu entschuldigen, dass ich wieder mal ne Diva war... Also Hopp Hopp, geh Blumen sammeln, schreib ein Gedicht, verkauf deinen Körper. Mir egal, Hauptsache ihr bekommt euch wieder ein!".
Ich schüttelte lachend den Kopf, ich hatte schon fast vergessen wie Jimin so war~
Kaum zu glauben, dass er eine edle, majestätische Göttin sein soll.
"Wartest du auf eine Einladung? Zieh'n Finger!", knurrte er, aber ich konnte sehen, wie belustigend er die ganze Situation fand.
Langsam stand ich auf und griff nach Jimin Wasserglas, um es vollständig zu leeren, dann ging ich zur Tür.
"Bis dann Jiminie~", "Bis dann kleine Zicke~", flötete er zurück.
Ich stürmte den langen Flur zurück aus dem ich gekommen war, glücklicherweise musste ich ja nur gerade aus,denn ich wüsste nicht was ich getan hätte, wenn ich in diesem riesigen Palast einen anderen Weg hätte wählen müssen.
Mit wackligen Beinen und rasendem Herzen stürzte ich die Treppe hoch und kam dann schlitternd vor der Tür zu meinen Zimmer zu stehen, die im gleichen Moment aufging, als ich die oberste Stufe erreicht hatte.
"Jungkook?", schnaubte ich aus der Puste.
Verwirrte Rehaugen schauten mir von der geöffnete Tür aus entgegen, vermutlich konnte er sich nicht erklären, warum ich pumpte wie ein Maikäfer und aussah, als ob ich gerade duschen war.
Verdammt war ich aus der Form....
Und es war warm, war es vorhin auch schon so warm?
Jungkook räusperte sich und betrachtete mich mit schräg gelegten Kopf.
Stimmt ja, die Entschuldigung....
Verlegen trat ich von dem einen Fuß auf den andern und fixierte den Boden.
"T'schuldigung", flüsterte ich zaghaft, "Ich wollte nicht so anmaßend sein, ich hätte dich ausreden lassen und hätte vielleicht ein bisschen mehr  Verständnis zeigen sollen, es war auch für dich nicht leicht, es tut mir leid".
Mit großen Augen schaute ich zu Kookie, der mich einfach nur stumm musterte.
"Ich hatte in den letzten 3 Tagen 11 Stunden, 20 Minuten und 46 Sekunden ein Auf und Ab der Gefühle", sagte er langsam, "Erst dachte ich du wirst nie wieder aufwachen, dann hast du die Augen aufgeschlagen und ich hätte beinah vor Freude aufgehört zu atmen, jedoch dachte ich dann, du würdest dich nie wieder ohne Einschränkungen bewegen können. Dann sagst du, dass du mich liebst, nur um mir dann kurz darauf das Gefühl zu geben, dass du mich für den Rest meines Lebens für immer hasst...".
Er suchte meinen Blick.
"Taehyung so geht das nicht~", sagte er bedächtig.
Ich spürte wie Tränen wieder anfingen in meinen Augen zu brennen, ich hatte es wieder einmal versaut....
Starke, feingliedrige Hände umschlossen mein Gesicht und hoben es an.
Jungkook betrachtete mich mit diesem sanften Blick, den ich von ihm schon gewöhnt war.
Ein langer Finger strich mir eine Träne von der Wange, die sich wohl davon gestohlen hatte.
"Taehyung, ich liebe dich und das tue ich nicht, weil ich mich dir gegenüber verpflichtet fühle. Ich liebe dich, weil du freundlich bist, weil du einfühlsam und lustig bist, ich liebe dich weil du dich stundenlang über irgendwelche Mythen unterhalten könntest, ich liebe deine Augen, wenn du über Dinge redest, die dir gefallen. Taehyung... ich weiß, dass du Dinge lieber alleine angehst, ich weiß, dass du dir selber etwas schlechtes einredest, was dich verletzt, damit du später nicht verletzt wirst."
Ich spürte wie mehr Tränen in meinen Augen brannten, denn ja verdammt er hatte recht.
"Aber du musst das nicht alleine machen kleiner Rabe.... ich verlange nicht von dir, mir alles zu sagen oder mir alle scheiß Minuten zu sagen, wie es dir geht oder was du machst, ich verlange nur, dass du mit mir redest, wenn etwas dich beschäftigt, wenn es wieder soweit ist, dass du dich selber verletzt... ich kann es nicht riechen Taehyung".
Er wischte erneut eine Träne weg.
"Ich hätte dich nicht anlügen sollen mein Engel, es tut mir auch leid~ Ich wollte dich nur beschützen", flüsterte er.
"Ich liebe dich", hauchte er.
Und das war der Punkt an dem alle Dämme brachen und meine Arbeiter mit dem Flicken der Löcher nicht mehr hinterherkamem.
Ich zog mich an Jungkook Brust und krallte mich dort an sein Leinenhemd hinein, wie ein Baby Koala an das Fell seiner Mutter.
Ich weinte.
Alles was die letzten Wochen passiert war, kam hoch und überschwemmte mich.
Ich spürte wie Jungkook mich an sich zog, spürte wie er sein Gesicht in meinen Haaren vergrub und seine eine Hand beruhigend über meinen Rücken wandern ließ.
Ich hörte ihn leise flüstern.
Ich weiß nicht mehr wie lange wir hier standen, wie lange er mich einfach nur hielt, aber nach einer gefühlten Ewigkeit verebbten die Tränen.

Wörter: 2267

Stolen Mirror TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt