Chapter 96

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POV Jungkook
Ich erinnerte mich kaum an die Sekunden, als ich spürte wie das Band das mich, seitdem ich Taehyung kennengelernt hatte, zerriss.
Ich schrie mir meine Seele aus dem Leib, schrie nach ihm bis ich nicht mehr konnte.
Als seine Stimme das letzte Mal in meinem Kopf erklang, leise und stumpf, starb auch irgendwas in mir.
Der Klang seiner Stimme, der warme dunkle Ton, der mir jedes Mal den Atem raubte, wenn sie erhoben wurde, verstummte, wie der Singsang eines Priesters.
Es war leer in meinem Kopf.
Erina weinte.
Ich wusste nicht was sie hier tat, es interessierte mich auch nicht, genau so wenig wie Soona's Anwesenheit mich noch reizte...
Ich stolperte die letzten Meter über das weiche Gras zu dem jungen Mann, der mit geschlossenen Augen friedlich auf dem Schoss des Mädchens lag.
Mein Beine gaben nach.
Schluchzend fiel ich neben Erina auf die Knie und streckte meine Hände nach meinem Geliebten aus.
Ich zog seinen noch warmen Körper von der weinenden Erina und der stummen Soona weg und nahm ihn sanft in meine Arme.
Ich spürte die pulsierende Energie der Göttin, die vermutlich dafür verantwortlich war, dass das Wetter sich nicht mehr veränderte, vermutlich hatte sie auch Taehyungs Eltern verzaubert, denn es wäre anders nicht plausibel, dass sie durch mein Wehklagen nicht nach draußen gestürmt waren.
Ich strich ihm liebevoll eine widerspenstige schwarze Strähne aus dem Gesicht, "Bitte", flüsterte ich mit bebender Stimme, "Bitte", ich umfasste sein Gesicht, "Wir- Wir wollten doch nach Rom gehen, weißt du noch? Es war dein Wunsch, dein Traum", sprach ich weiter und kauerte mich über ihn zusammen, "Tae... Taehyung? Bit- bitte wach auf, ich kann dich nicht auch noch verlieren", flüsterte ich, "Ich habe nie zu träumen gewagt, bis ich dich getroffen habe... du bist mein Traum Taehyung, mein Paradies...", meine Stimme, sie brach.
Feuchte Tränen liefen in Strömen meine Wangen hinunter und tropften auf Taehyungs Gesicht, über das ich zärtlich strich.
Seine Züge waren blass, sein Gesicht dünn, aber dennoch wunderschön.
Seine geschlossenen Lider, die sich nicht mehr öffnen würden verdeckten seine Augen, seine wundervollen Augen, die wie zwei Sterne glänzten, wenn er über die Dinge sprach, die er liebte...
"So ist es besser", sagte Soona leise mit keinem klitzekleinen Hauch von Mitgefühl.
Ich umfasste Taehyung fester und hob meinen von Tränen verschleierten Blick, "Wil- willst du mich eigentlich verarschen!", fauchte ich und hasste dabei jeden kläglichen Laut, der mir über die zitternden Lippen kam, "Du alte beschissene Hexe betitelst dich als Göttin der Liebe, aber das einzige was du verblendete Frau mit dir führst, ist Verderben, es wäre nie soweit gekommen, wenn du nicht deinen verdammten Übermut an in deinen Augen Schwächeren ausgelassen hättest!", ich schluchzte und schaute ihr dabei in die Augen, "Er würde nicht hier liegen, wenn du nicht gewesen wärst", führte ich meine Anschuldigungen weinend fort.
Sie bedachte mich mit einer ausdrucklosen Miene, "Kannst du nicht dann dasselbe auch von dir behaupten? Also ich hab den Spiegel nicht aktiviert und du weißt, dass ich ihn sogar noch in Schach gehalten habe, ich....", "Du hast Tae mit deiner Drohung traumatisiert, Du hast ihn durch deine Unachtsamkeit krank gemacht! Ihr Götter betrachtet uns alle als Spielfiguren, Lebewesen die man nach Belieben in den Tod schicken kann, aus denen man ein theatralisches Drama machen kann, aber wir sind keine beschissenen Objekte, die man erst gegeneinander ausspielen und dann unsere Leiden als moralisch richtig hinstellen kann, nur, weil es euren Zwecken dient, kümmert euch doch einfach um euch selbst, statt uns in eure bescheuerten Kompelxe mit hineinzuziehen. Ich habe den Spiegel aktiviert und dies wird mich auf ewig verfolgen, aber ihr, ihr habt uns erst in diese Lage gebracht!", knurrte ich weiter, "Ich habe ihm mehr Zeit zugetan, als er bekommen hätte!", sprach sie weiter, aber man konnte die steigende Wut erahnen, die sich in ihr aufbaute wie ein Sturm.
Sie trat neben Erina und blickte mit funkelnden Augen auf mich herab, "Liebe bedeutet Schmerz Junge, empfange das eine wie auch das andere", flüsterte sie und spielte an den schlichten Spiegel in ihrer Hand herum, "Jeder muss irgendwann gehen", fügte sie gleichgültig hinzu, was mich leicht auflachen ließ, wenn man dieses krächzende Geräusch überhaupt als solches bezeichnen konnte, "Sagt die Unsterbliche!", fauchte ich und drückte dabei Taehyung noch näher an mich.
Erina schaute auf ihre Hände, auf ein leeres Gläschen, "Es tut mir leid", hauchte sie und suchte dann meinen Blick, "Jungkook, er wird wenigstens ohne Schmerzen gehen, das wäre ihm sonst nicht vergönnt gewesen... er.... er wäre nicht friedlich in einen ewigwährenden Schlaf gefallen und das weißt du auch", sagte sie mit zittriger Stimme die sie Lügen strafte, denn man konnte ihr ansehen, ihr anhören, dass sie in Wirklichkeit nicht wusste was passieren wird, aber das war nicht das, was meine Aufmerksamkeit erweckte oder die Tatsache, dass sie anscheind wusste, was mit Taehyung nicht stimmte, nein, es war dieses ein kleine Wort was mich aufhorchen ließ, dieses klitzekleine Wort was in mir einen fast erloschenen Funken wieder entfachte.
"Wird?", fragte ich und taxierte Erina mit einen durchbohrenden Blick.
Ihre Augen sprachen Bände der Wahrheit, einer Wahrheit an die ich nicht mehr glauben vermochte.
Hektisch legte ich Taehyung auf den Boden und bettete mein Ohr auf seine Brust.
Nichts.
Doch dann auf einmal ein leiser zaghafter Klang, unregelmäßig, aber existent, "Er siecht trotzdem dahin Halbgott, mach dir keine Hoffnung", warf Soona ein, jedoch achtete ich nicht mehr auf sie, mein Fokus lag ganz allein auf das leise Pochen.
Er lebte.
Ich hob meinen Blick und schaute auf die Phiole, mein Hand schnellte nach vorne und umgriff das kühle Glas.
Ich zog es zu mir heran und roch einmal, "Es ist eine Tinktur die zur Lähmung und Bewusstlosigkeit führt", stellte ich fest, "Vorsichtsmaßnahme, falls er doch Schmerzen bekommen sollte, alles mehr als human, Sohn der Athena", sprach Soona überheblich und Erina schaute betrübt zu Boden.
Soona atmete genervt aus, sie tat regelrecht so, als ob sie sich mit 3- jährigen herumschlagen müsse, Kleinkinder die nicht verstehen wollten, was sie ihnen versuchte zu vermitteln, sie setzte zu einer letzten wiederholende Aussage an, "Er wird sterben, Junge, er ist quasi schon am Steg zur Überfahrt, er....", sie wurde erneut unterbrochen, jedoch dieses Mal nicht von mir.
"Hier beschreitet keiner den letzten Weg und drückt seine letzte Drachme an den Halsabscheider Charon ab!", fauchte eine helle Stimme, von der ich nicht gedacht hätte, sie noch einmal zu hören.
Ich wirbelte herum und dort standen drei Gestalten umhüllt von Nebel.
Eine Frau mit grimmiger Miene, die neben sich das Gras welken ließ und Soona fixierte, als ob die beiden noch eine persönliche Konfrontation offen hätten, Yoongi der mich grinsend ansah und mir aufmunternd zuzwinkerte und zu guter Letzt, ein blonder kleiner Mochi, den ich in den letzten Tagen mehr als einmal mit Taehyung verflucht hatte.... Jimin.
Jimin stand mit in die Hüften gestemmten Händen da und sah genauso so Scheiße aus wie ich mich fühlte.
Er fixierte Soona, "Na schau mal einer an, wer da meinen besten Freund in den Hades schicken möchte, Spoileralarm, es ist eine alte blonde Schrulle mit Aufmerksamkeitdefiziten", Soona knurrte, "Ich hab nicht erahnen können, dass ausgerechnet du mir die Ehre erweist", Jimin grinste und Schritt auf uns zu, Yoongi dicht auf seinen Fersen, "Ich hatte auch eigentlich nicht vor, mich jemals wieder auf der gleichen bescheidenen sozialen Ebene blicken zu lassen, auf der du wandelst, aber nun sind wir wohl doch beide wieder hier", plauderte Jimin, "Wer konnte denn auch nur damit rechnen, dass du irgendwann den Fehler begehst, den falschen Gott zu beleidigen", sinierte der Mochi und dabei trieften seine Worte nur so durch Sarkasmus, "Um ehrlich zu sein, wäre es mir ebenfalls recht, dass du vom Olymp verstoßen wirst und wenn dabei ein Mensch leiden muss, dann sei es so", Jimins Stimme wurde ein Stückchen tiefer, gar bedrohlich, "Aber ich werde es nicht dulden, wenn es sich dabei um einen Menschen aus meiner irdischen Familie handelt", knurrte Jimin und hinter Soona gingen die Frühlingsblumen ein.
Yoongi trat neben mich und umfasste meine Schulter, "Schau, dein Adoptivappa hat eine Lösung mitgebracht", flüsterte er und zwinkerte mir zu.
Ich war sprachlos, denn Soona rückte tatsächlich von Jimin weg.
"Nimm Taehyung auf deinen Rücken Halbgott, es muss schnell gehen", murmelte Yoongs und ich befolgte die Anweisung, schielte jedoch noch weiter auf das Geschehen vor mir.
Erina kauerte im Gras und Jimin fixierte Soona weiter mit einem Blick der Unheil versprach, "Du warst mir schon von Anfang an Suspekt, Erina", sagte der Blonde ohne den Blick von Soona abzuwenden, "Tja, aber Tae mag dich, vermutlich auch noch nachdem er wieder zurechnungsfähig ist und ihm wieder einfallen sollte, dass du ihn betäubt hast", Erina zitterte am ganzen Leib.
Yoongi fixierte Taehyung weiter auf meinem Rücken.
"Ich werde euch beiden ans Herz legen, euch in Zukunft von ihm fernzuhalten, wenn nicht, wird es eure Liste der bösen Taten verlängern und zumindest bei Soonilein wird es noch größere Konsequenzen von Joonie geben, als jetzt eh schon für sie vorherbestimmt sind", flötete er, "Nun bitte entschuldigt mich, ich muss meinen besten Freund aufpäppeln".
Mit diesen Worten drehte er sich um und lächelte mir zu, "Bereit für den Tod, Kookie? Denn wir gehen jetzt Backstage~", mit diesen Worten öffnete sich der Boden und Jimin verschwand in dem mannbreiten Loch.
Yoongi stupste mich voran, gab mir zu verstehen, Jimin mit Taehyung zu folgen, "Die beiden hinter uns werden ihre Strafe bekommen, keine Sorge", flüsterte er sanft.
Ich schluckte, dann trat ich auf das Loch zu, auf meinen Rücken mein kleiner Rabe.
Und dann folgte ich der verschwundenen Gottheit ins Gebiet der immer blühenden Blumen, in die Heimat der Göttin Persephone....

Wörter: 1604

Stolen Mirror TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt