Chapter 92

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Yoongi sollte recht behalten....
Es stürmte und der Regen peitschte gegen die Fensterscheiben.
Die Tropfen trommelten unaufhörlich gegen das Glas und schienen mit einer immer größeren Intensität gegen das kühle Material zu platzen.
Sie hörten sich an wie Kriegstrommeln, die angestimmt wurden, um Feinde in einer Schlacht einzuschüchtern....
Taehyung hatte mir einmal erzählt, dass er das beständige auftreffen des Wassers auf eine feste Oberfläche beruhigend und entspannend fand, dass ihm der Geruch gefiel.
Für mich war Regen nie etwas besonderes.
Niederschlag war in den Augen meiner Eomma immer nur etwas hinderliches, es schränkte uns körperlich  ein und reduzierte die Erfolgschancen und diese Ansicht wurde mir von klein auf eingeprügelt.
Yoongi war vor einer Stunde gegangen, natürlich hatte er mich noch einmal mit Nachdruck gebeten zu schlafen, mich auszuruhen, es zumindest zu probieren, aber an Schlaf war immer noch nicht zu denken.
Die Vorstellung  in einem stillen Zimmer aufzuwachen, ohne die leise Atmung von Taehyung oder das stetige heben seiner Brust wahrnehmen zu können, machte mir Angst.
"Jungkook", eine weibliche Stimme drang durch die Nebelschwaden meines Geistes hindurch und ließ mich den Kopf drehen.
Hyun kam mit eleganten, gemächlichen Schritten auf mich zu.
Sie sah ebenfalls müde aus, ihr schönes Gesicht war magerer als zuvor und es fehlt jegliche Farbe darin, "Wie geht es dir mein Junge", fragte sie freundlich und stellte sich neben mich.
Wir standen nun exakt so da, wie ich und Yoongi vor gut einer Stunde und betrachteten das wechselnde schlechte Wetter.
"Ich denke es geht, ich mache mir aber mehr Sorgen um Taehyung als um mich und wie geht es dir?", "Mir geht es ansich nicht anders als dir", sprach sie mit ruhiger Stimme.
Sie hatte einen sehr angenehmen Ton, ich konnte mir gut vorstellen, wie sie einem kleineren Taehyung zum einschlafen etwas vorlas, vermutlich eine Geschichte über Helden und Jungfrauen, bösen Königen und gerechten Feen.
"Jungkook, ich- ich weiß nicht wie ich das, was ich nun sagen möchte  sagen soll", hauchte sie.
Verwirrt blinzelte ich sie an, "Hyun es ist okay, egal was es ist", versuchte ich sie sanft zu ermutigen.
Ich trat einige Schritte vom Fenster weg und betrachtete die Züge der Eomma meines Geliebten, die seinen so sehr ähnelten.
"Ich weiß, dass dir an meinem Sohn viel liegt und ich bin dir dankbar, dass du ihm gezeigt hast wie es ist, nicht vor den Berührungen anderer wegzulaufen, dass du ihm zeigen konntest wie es ist, geliebt zu werden und es okay ist, die Mauer auch mal fallen zu lassen, die uns größtenteils von allem isoliert", fing sie leise an, "Aber Jungkook, ich- ich weiß nicht ob ich mit ansehen könnte wie es wäre, wenn du dich weiterhin verpflichtet fühlst, an Taehyung seiner Seite zu verweilen... du musst nicht bleiben und zu sehen, wie sein Leben verrinnt. Ich will dir hiermit eigentlich nur sagen, dass ich dich von deinem Dienst befreie, du bist kein Angestellter mehr in diesem Haus", sie lachte leise, auch wenn dieses Geräusch eher erstickt klang, "Obwohl ich nicht einmal weiß, ob man dich jemals als einen Angestellten bezeichnen konnte", sie schaute mich aus diesen Augen an, diesen intelligenten Augen, "Es war mir ein Vergnügen Jeon Jungkook und eine Ehre, einen so guten Jungen kennenlernen zu dürfen, egal was mein Mann dir vorgeworfen hatte, du warst nicht Schuld an dem, was passiert ist, auch an den Verletzungen von Taehyung die offenkundig auf Gewalt hinführen, warst du nicht Schuld. Taehyung hat schon immer lieber gelitten, als andere leiden zu sehen und deswegen seine eigenen Bedürfnisse und Schmerzen immer verleugnet oder zumindest oft hinten angestellt, er hätte keinen von uns freiwillig davon erzählt", sprach sie weiter, "Ich hätte gehofft, dass euch wenigstens mehr Zeit vergönnt gewesen wäre", fügte sie dann noch so leise hinzu, dass es normale Menschen nicht gehört hätten.
Ich betrachtete sie stumm, ehe ich meine Stimme wiederfand, "Hyun, ich möchte nicht gehen. Verstehe mich bitte nicht falsch, ich würde nicht bleiben, weil irgendein Pflichtgefühl es so verlangt, ich will bleiben, weil ich ihn liebe und ich nicht zulassen kann, dass er denkt, dass er nur eine Pflicht für mich war!", brach es wie eine Lawinne aus mir heraus, "Ich kann nicht gehen, ohne ihm jemals gesagt zu haben, was ES mir bedeutet,was ER mir bedeutet! Du willst nicht mit ansehen wie es wäre, wenn er nicht mehr ist oder wie sich dieser Verlust auf mich oder alle anderen auswirkt, aber bitte, bitte versteh auch mich, ich kann nicht gehen, ich kann ihn nicht allein lassen...", ich verstummte, "Bitte lassen mich bleiben....", flüsterte ich nun mit einem Hauch Verzweiflung in der zittrigen Stimme.
"Jungkook... ich will nicht, dass es dich bricht", "Es würde mich eher brechen mit dem Gedanken leben zu müssen, nicht bei ihm gewesen zu sein", erwiderte ich.
Sie zog scharf die Luft ein, "Willst du das wirklich?", "Ja", antwortet ich ohne zu zögern, sie seufzte, "Du bist genau so stur wie er", hauchte sie, ehe sie mich mit einen lieben Blick bedachte, "Nun gut, dann bleibst du eben, aber dieses Mal als Gast, nein, als Freund der Familie", ich nickte, "Das klingt doch schon besser, als eine fristlose Kündigung", versuchte ich es mit einem kleinen Scherz, was sie tatsächlich leicht die Mundwinkel heben ließ.
Hyun hob die Hand, strich mir leicht mit ihren Fingerknöcheln über die Wange und legte dann ihre Hand vollständig an ihr ab, sie lächelte leicht, dann ließ sie von mir ab und ging weiter runter den Flur entlang.
Ich mochte sie, allein all die Geschichten die Taehyung mir von ihr erzählt hatte, zeichnete sie als liebevolle und wundervolle Frau aus.
Ich betrachtete wieder den am Fenster herunterlaufenden Regentropfen, es war schon recht spät.
Taemin und Hyun würden vermutlich in weniger als einer Stunde schlafen gehen.
Ich ließ meinen Blick wieder zu der verschlossenen Tür gleiten wo hinter sich Taehyung  befand.
Er hatte noch nichts gegessen.
Auf leise Sohlen schlich ich mich also in die Küche der Kims und suchte etwas kleines zu essen für ihn.
Es war unglaublich, wieviel Essen sie hier hatten, wenn man beachtete, dass sie normalerweise nur drei Personen waren.
Ich suchte in den Schränken und durchstöberte den Kühlschrank.
Nach einer Viertelstunde hatte ich dann mit heißen Wasser einen Ramen erwärmt, der einen milden Geschmack aufweisen sollte.
Taehyung hasste scharfes Essen, was meine Suche unwahrscheinlich erschwert hatte.
Mit den warmen Ramen und einem kleinen Teller an Obst ging ich zurück zu Taehyung.
Kurz vor seiner Tür veränderte sich jedoch aufeinmal die Atmosphäre, es wurde kälter, der Druck auf meine Ohren stieg und die Luft schien sich elektrisch aufzuladen.
Ich schaute erschrocken aus den Fenster, es war auf einmal Windstill.... der Himmel sah immer noch aus, wie ein dunkles Loch, aber es stürmte nicht, es regnet nicht.
Ich stellte das Essen auf den Sims ab und lief durch die Flure, lief zu der Stelle, die meine göttliche Seite als einen Auslöser für dieser skurrile äußerliche Veränderung und als potenzielle Gefahr für meinen Gefährten sah.
Ich kam an einen offenen Durchgang an, der den Weg in einen Saal mit einer kubelartigen Decke freilegte.
Ich schaute genau zu dieser kurz empor und dann betrat ich den offenen Raum.
Ich konnte nichts erkennen, außer die unbeschreibliche Architektur, die auch im ganzen Haus vertreten war, aber dann hörte ich ein Geräusch und erstarrte .
Eine Person tänzelte hinter einer Säule hervor, anmutig und schön wie eine Fee.
Die junge Frau hatte ein Champagnerglas in der Hand, was sie langsam an ihre vollen Lippen führte.
Das blondes Haar schwang passend zu ihren tänzelten Bewegungen, jedoch blieb es immer in perfekter Form, als ob die Strähnen sich verbieten würden, ineinander zu greifen.
Es war wie in solchen Haarwerbespots...
Die Frau drehte sich zu mir und lächelte ein selbstgefälliges Lächeln, "Der Sohn der Athena? Du bist ja genau so schön, wie man es sich erzählt", sprach sie mit verführerische Stimme.
Sie nahm einen weiteren Schluck aus ihrem Glas.
"Ich hab mich schon gefragt,  wann wir uns mal begegnen, stimmen die Geschichten von deinem feurigen Temperament?", ihr Lachen war glockenhell, in meiner rechten Faust juckte es.
Auf den ersten Blick erkannte ich sie nicht, aber nun ließ sich nicht mehr bestreiten wer hier vor mir stand und mein Blut in erwartungsvolle Wallung brachte.
"Soona...."

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Stolen Mirror TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt