Meow! [Yoonmin/Sope]

~90 🐾

Jimins POV
Yoongi so zugedröhnt eine Treppe hochzukriegen ist eine regelrechte Heldentat. Ich wette, selbst Herkules mit seinen göttlichen Prüfungen hätte damit ziemlich zu tun gehabt.
Gott sei Dank bin ich für den Neko kein rotes Tuch mehr und er kann mir langsam aber sicher vertrauen, hat er letztens gesagt. Dass sich diese Worte aus seinem Mund angefühlt haben wie Geburtstag und Weihnachten zusammen, ist wahrscheinlich der Grund, weshalb ich solche Bärenkräfte entwickeln konnte, um ihn hoch in sein Zimmer zu schaffen.
Ich glaube, wir brauchen ewig für die paar Stufen, aber Yoongi hängt an mir wie ein Schluck Wasser in der Kurve und macht mir das Gehen schwer. Mal davon abgesehen, dass ich ihm nicht wehtun will. Was, wenn ihn das Treppensteigen überanstrengt und sich das negativ auf seinen Heilungsprozess auswirkt?
Also lieber langsam und vorsichtig und... langsam.
Noch langsamer als du es dir jetzt vorstellst.

Während dieses Leidensweges brabbelt Yoongi vor sich her.
Seine Sprache wird klarer, man kann jetzt wieder Wörter verstehen, ohne vorher rätseln zu müssen, was er denn nun meint. Das, was er von sich gibt jedoch ist immer noch ziemlich schwammig und zusammenhanglos.

„Stufe...
Stufe...
Hochhaus, hihi, viele Stufen...
Stufe...
Chim, ich hab so ein Glück mit dir.
Stufe...
Weißt du, wie hässlich es ist, sein Gesicht nich zu spüren? Ich fühle mich, als wär unter meiner Nase gar nix mehr. So ein Bullshit, dann könnte ich dich nich mehr küssen... Stell dir das mal vor. Oder nein, stell es dir nich vor! Sowas darfst du dir nich vorstellen. Man, Sprechen ist seltsam..."

Ich muss schmunzeln.
Er hat gesagt, er hat Glück mit mir... Vielleicht meint er damit nur, dass ich ihn gerade eine Treppe hoch schleppe, damit er in sein Bett kann. Aber diese Worte lösen ein angenehmes Gefühl in meinem Bauch aus. Es ist schön, dass er mich braucht und dass ich für ihn da sein kann.
Aber noch schöner ist ja sein Gebrabbel übers Küssen. Er spricht davon, als wäre es für ihn mittlerweile ganz normal. Und vor allem spricht er davon, als würde er es wirklich wollen. Zwischenzeitlich hatte ich Panik, weil das Gefühl in mir aufkam, dass Yoongi die Nähe zu mir nur zulässt, um mich zufriedenzustellen. Ich dachte, er könnte mir nur nichts abschlagen und hätte deswegen nicht abgelehnt, mich zu küssen oder mal meine Hand zu halten. Jetzt, wenn er so darüber redet, wie schade er es fände, mich niemals wieder küssen zu können, dann merke ich, dass er es auch will. Er möchte nicht nur meinen Willen erfüllen, sondern tut all das, weil es auch ihm gefällt. Das erleichtert mich unglaublich.

Meine Gedanken schweifen ab und ich stelle mir vor, wie es sich wohl für Yoongi anfühlen würde, mich zu küssen, während die Betäubung noch wirkt.
In Anbetracht der Tatsache dass er vorhin nicht mal seinen Mund richtig öffnen konnte, entwickelt meine Fantasie sehr amüsante Bilder in meinem Kopf.

„Ich hab gesagt nich vorstellen", mault Yoongi, wohl weil ich so in Gedanken bin und nimmt demonstrativ zwei Treppenstufen auf einmal, um von mir weg zu kommen - bedenkt aber dabei nicht, dass er meinen Arm umklammert hält und mich so mit sich zieht.
„Ich hab mir nicht das vorgestellt", sage ich beruhigend und fahre mit meiner Hand behutsam durch sein Haar, „Du hast Recht. Das möchte ich mir gar nicht vorstellen. Es würde mich wirklich traurig machen, wenn du mich nicht mehr küssen könntest."
Zu meiner Überraschung schließt Yoongi seine Augen, als würde er meine Berührung genießen und legt sogar den Kopf schief, sodass ich besser ankomme, obwohl ich kleiner bin als er.
„Mmh... Und mich erst", murmelt er, „Das wär Hölle."

Es ist so verwirrend, dass Yoongi so eine 180-Grad-Wende macht.
Zwar zweifle ich nicht daran, dass er normalerweise ehrlich zu mir ist. Ich glaube ihm, wenn er sagt, dass Lügen ihm schlechte Erfahrungen eingebracht hat und dass er sich deshalb davor scheut. Allerdings bin ich mir manchmal nicht sicher, ob er nicht einfach Dinge verschweigt. Schweigen ist nicht Lügen. Etwas nicht zu sagen ist anders, als etwas Falsches zu erzählen.
Und jetzt merke ich erst, wie viel er verschwiegen hat.
Dieses Lachgas scheint wie ein Wahrheitsserum zu wirken. Yoongi denkt nicht mehr groß darüber nach, was er sagt. Also kommen alle seine Gedanken ungefiltert aus ihm heraus. Es ist ein Einblick in seinen Kopf, den ich so noch nie hatte. Er sagt jetzt Sachen, die er sonst nie geäußert hätte.