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Seit ich den Hybriden sein Zimmer habe aussuchen lassen, ist er wie ausgewechselt.
Er war freundlich zu mir, als wir alleine waren und er sich eigentlich gar nicht zu verstellen gebraucht hätte. Das allein war schon komisch. Aber auch als ich ihn zum Essen gerufen habe, ist er sofort wortlos mitgekommen.
Kurz hatte ich Sorge, dass etwas passiert ist. Nachdem ich ihn allein gelassen habe, hat man auch unten nichts mehr von ihm gehört. Als wäre er gar nicht da. Und dann, als ich ihn holen wollte, war er so... durch den Wind. Ja, so würde ich es bezeichnen. Er hat mich angesehen, als würde er nicht verstehen, was gerade passiert. Dabei habe ich ihm nur gesagt, das Essen sei fertig. Ob das schon wieder ein Trauma bei ihm verursacht hat? Oder war er nur so verwirrt, weil er das noch nicht so oft gehört hat? Ich stelle mir vor, wie er sonst sein Essen erhalten hat. Allein wenn ich an die Zelle denke, aus der ich ihn geholt habe, wird mir schlecht. Der Gedanke daran, in so einer Zelle wer weiß was essen zu müssen, gibt mir den Rest und ich verbanne jegliche Gedanken daran aus meinem Kopf. Für immer.

Wir sind gerade dabei, die Treppe zu verlassen. Bisher ist er immer nur schweigend hinter mir her geschlichen. Sonst redet er doch so viel. Ob er in Gedanken ist? Ist doch etwas passiert? Gefällt ihm sein Zimmer nicht?
Ich biege links ab und mache mir Sorgen. Am liebsten würde ich fragen, was los ist, habe aber Angst, dass er das als Drängen auffasst und unser Verhältnis, das mittlerweile im grauen Bereich umher dümpelt, wieder in den roten Bereich rutscht. Also lasse ich es lieber bleiben und halte ihn ein wenig fest, kurz bevor wir die Küche betreten.
„Ist alles okay?" Ich will nur sichergehen.
Und schon wieder sieht er mich so seltsam an. Als könne er irgendetwas Wichtiges nicht begreifen.
„W-was?", fragt er verdutzt. Ich hab ihn wohl aus seinen Gedanken gerissen und er hat keine Ahnung, was ich gerade gesagt habe.
„Ob alles okay ist?", wiederhole ich langsam und deutlich.
„Sprich ordentlich, ich bin keine 90", mault er mich sofort an. Dann aber blinzelt er schnell. Und fügt hinzu: „Ähm... Ja. Ja, alles bestens. Wieso fragst du?"
Das macht mich stutzig. Da ist was im Busch. Eindeutig.
„Weiß nicht", sage ich lauernd, „Du warst so ruhig."
„Ich war in Gedanken", ist die Antwort. Dann macht er sich von mir los und geht ins Esszimmer.
Okay, er hat irgendwas. Aber er will nicht mit mir drüber reden. Das ist auch nicht schlimm; aber ich weiß, dass irgendwas ist. Und darüber mache ich mir schon wieder Sorgen. Ich weiß eigentlich, dass Yoongi ganz gut auf sich selbst aufpassen kann, aber trotzdem sorge ich mich um ihn. Er wirkt manchmal so verletzlich. Und dieses Großmäulige, die ganzen fiesen Kommentare, das ist alles nur Teil der Mauer, die er um sich errichtet hat, um sich vor anderen zu schützen. In Wahrheit ist er vielleicht gar nicht so. Und das weckt in mir das Bedürfnis, ihm zu helfen.

Schnell folge ich ihm ins Esszimmer. Dass ich aber auch immer in meinen Gedanken versinken muss. Nervig. Aber ich kann nichts daran ändern.

Den Tisch habe ich bereits gedeckt, meine Eltern stellen noch das aufgewärmte Essen hinzu. Yoongi steht irgendwie steif und unbeholfen neben dem großen Eichenholztisch und lässt seinen Blick durchs Zimmer schweifen. Die Glaswand, durch die man unseren Vorgarten und die Auffahrt betrachten kann, fasziniert ihn besonders. Erst als ihn das Scheppern eines Tellers aus seinen Gedanken reißt, schaut er weg.

„Ähm... Soll ich... Kann ich was helfen...? Vielleicht...?", stammelt er, ungewohnt unsicher.
„Nein, nein!", sagt meine Mutter schnell, „Setz dich ruhig schon!" Und damit wirbelt sie wieder zurück in die Küche. Yoongi folgt ihr mit seinen Blicken, unschlüssig, ob er nicht doch hinterhergehen sollte. Mein Vater nimmt auf seinem gewohnten Stuhl Platz. Yoongi sieht ihn fragend an, als wolle er sichergehen, dass das klargeht. „Schon gut, wirklich", bekräftigt mein Dad freundlicherweise, „Setz dich, mein Junge."

Mein Junge.
Oh mein Gott.
Vielleicht denkt er, Yoongi wird jetzt so etwas wie der Sohn, den er nie hatte.
Klar liebt er mich und klar haben wir zusammen Fußball gespielt oder Sportsendungen geschaut, er hat mir das Fahrradfahren beigebracht und mit mir an unseren Autos umhergeschraubt. Aber ich bin halt trotzdem kein Junge. Und welcher Mann wünscht sich keinen Sohn?
Doch er weiß nicht, wie sehr dem Hybriden der Gedanke daran missfällt. Er sieht nicht, wie dieser ein wenig seine Nase rümpft und er bekommt auf die Missbilligung in seinen Augen nicht mit. Ich schon.

Meow! [Yoonmin/Sope]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt