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Yoongis POV
„Oh Gott", jault Hobi, „Sie werden so schnell erwachsen..." Dann bricht er in einen sehr überzeugend geschauspielerten Heulkrampf aus, der wirklich Oscar-verdächtig ist.
Er schmeißt sich auf mich, was dazu führt, dass der olle Sitzsack mit uns beiden umkippt. Ich liege also in Hoseoks Armen, dem Boden näher als mir lieb ist.
„Lass das, ist ja peinlich", murre ich.
Hoseoks Umarmung wird nur noch fester, als ich versuche, mich daraus zu winden.
„Vergiss es", meint er selig lächelnd mit geschlossenen Augen, „Da kommst du jetzt nicht drum rum. Du bist wie mein kleiner Bruder, den ich aufwachsen sehe... Verstehst du nicht, dass das ein riesen Ding ist? Lass mich das gebührend feiern, du Miesepeter."
Ich schnipse gegen seinen Kopf. „Kleiner Bruder?", wiederhole ich, „Soweit ich weiß bin ich ein Jahr älter als du."
Hoseok kuschelt sich noch enger an mich, was mich nur die Augen verdrehen lässt.
„Ich meine ja auch nicht in dem Sinne", sagt er wage, „Es kommt mir halt nur so vor. Das ist so aufregend... Du warst so unerfahren und jetzt willst du ihm deine Liebe gestehen... hach, ist das nicht ein Grund zur Freude?"
Ich seufze.
Unerfahren. Wenn ich unerfahren bin, dann stript der Weihnachtsmann als Nebenjob für elf Monate im Jahr, um über die Runden zu kommen. Ich bin alles, aber nicht unerfahren. Außer was Gefühle angeht. In der Hinsicht könnte Hobi sogar recht haben.

„Wenn du das so aufregend findest, können wir uns dann weniger in Form von körperlicher Nähe freuen? Willst du nicht lieber wie ein Flummi durchs Zimmer hüpfen oder so?", frage ich ungeduldig.
Er schiebt schmollend seine Unterlippe vor.
„Willst du mich loswerden?", fragt er.
Ich verdrehe die Augen.
„Quatsch", meine ich ausweichend, „Ich kenne dich doch... Du willst es doch auch..."
Er legt unzufrieden den Kopf schräg und betrachtet mich.
„Aber dann muss ich aufstehen", mault er, „und das ist anstrengend..."
Ich muss wider meinen eigenen Willen grinsen.
„Das ist doch normalerweise mein Text", bemerke ich amüsiert.
Sofort strahlt Hoseoks Herzchen-Lächeln mir entgegen. „Stimmt", meint er und springt tatsächlich auf.
Doch schon wenige Sekunden danach bereue ich, diesen Vorschlag je gebracht zu haben; Hobi tanzt und hüpft im Zimmer umher und kreiert dabei seine ganz eigene Geräuschkulisse, indem er irgendwelche Soundeffekte nachahmt. Das ist anstrengend. Als er nur hier auf mir gelegen hat war er weniger nervig.

„Himmel, Hobi", schnaube ich nach fünf Minuten. Dass so viel Energie in so einen schmächtigen Menschen passt. Wahnsinn. Wie viel Ausdauer der hat, das sieht man ihm gar nicht an.
Er lacht nur fröhlich und wackelt mit dem Hintern, als würde er Musik hören. „Du hast es selbst vorgeschlagen, also beschwere dich nicht", flötet er.
„Freu dich nicht zu früh", sage ich nüchtern und stehe endlich vom Fußboden auf, „Ich weiß ja noch gar nicht, was Jimin davon halten wird."
Er winkt ab. „Als ob", meint er großspurig, „Der Kleine wird dir um den Hals fallen."
Ich verziehe das Gesicht. Ja, nein, das denke ich nicht. Immerhin habe ich es ihm schon einmal fast gestanden und als ich danach drüber reden wollte, hat er mich jedes Mal abgewürgt. Vielleicht wird es dieses Mal ja genauso laufen. Davor hab ich Angst, um ehrlich zu sein. Ich meine doch ernst, was ich ihm sagen will. Wie kann er da so reagieren?

„Hey", meint Hobi leise. Er steht neben mir, die Hand auf meiner Schulter platziert und seine besorgten Augen auf mich gerichtet. „Du siehst irgendwie so gar nicht überzeugt aus... Hast du Bedenken? Ich meine, dass er dir nicht gerade um den Hals fällt?"
„Kann man so sagen, ja", erwidere ich zerknirscht und weiche seinen Blicken aus, weil ich es nicht ertragen kann, wie mitleidig sie sind.
Ich spüre erneut seine körperliche Nähe, er legt seinen Arm um meine Schultern, aber dieses Mal ist mir das willkommen. Ich fühle mich klein und schwach und es tröstet mich, dass ich nicht alleine bin.

„Willst du drüber reden?", fragt Hobi vorsichtig.
Ich lasse mich seufzend auf sein Bett plumpsen.
„Ich hab es ihm schon gesagt", sage ich kleinlaut.
Hoseok fällt die Kinnlade herunter. „Wann?", fragt er verblüfft.
„Als wir von Zahnarzt gekommen sind", gestehe ich, „und ich diese Schmerzmitteln intus hatte... Theoretisch zählt das also gar nicht, weil ich unter Drogen stand. Es ist mir einfach so rausgerutscht..."
Hoseok holt scharf Luft und schlägt sich die Hand vor den Mund.
„Oh Gott", flüstert er verstört, „und er hat dich abgewiesen?!"
Ich massiere angestrengt meine Nasenwurzel. Die Erinnerungen an das, was passiert ist, sind immer noch sehr schwammig. Ich kann also nicht Wort für Wort wiedergeben, was gesagt wurde.
„Ich denke, er hat es auf das Lachgas geschoben und mich nicht ernst gemeint", erinnere ich mich wage, „Er hat sowas gesagt wie ‚Ich weiß, dass du bestimmt was Anderes sagen wolltest' und als ich es am nächsten Tag ansprechen wollte, hat er dauernd das Thema gewechselt, damit wir uns bloß nicht darüber unterhalten. Letztendlich war das Einzige, was er dazu noch gesagt hat, dass ich mich damit nicht unter Druck setzen soll, dass wir ja nicht hetzen müssen, sondern dass der Fokus darauf liegt, dass wir uns beide wohlfühlen. Und das, was passieren soll, wird passieren oder irgendwie so ein lustiger Kalenderspruch kam noch hinterher."
Hoseok lässt die Hand sinken, verzieht aber deutlich das Gesicht.
„Autsch", murmelt er. „Und das hast du auch nicht falsch interpretiert? Ich meine, vielleicht denkt er, dass er dich in irgend einer Weise dazu gedrängt hat, das zu sagen. Und jetzt will er einfach sichergehen, dass er dir genug Zeit lässt."
Ich runzle die Stirn. Das klingt wirklich nach etwas, was Jimin tun würde. Aber in dieser Gleichung stimmt so einiges nicht.
„Hobi, er hat versucht, mir zu erzählen, dass dieses Liebesgeständnis niemals passiert ist. Obwohl ich mich daran erinnern kann, hat er kein Sterbenswörtchen darüber verloren und als ich gezielt nachgefragt habe, hat er es auch mit keiner Silbe erwähnt. Er hat sogar geschwindelt und gesagt, dass wir kaum geredet hätten. Warum sollte er denn extra eine Geschichte erfinden, wenn er mir nur genug Zeit lassen will, hm? Er hätte doch sagen können: ‚Hey, hör mal zu, gestern hast du ein paar Dinge gesagt und ich weiß nicht, wie viel davon von den Schmerzmitteln kam, also werde dir bitte erst nüchtern über deine Gefühle klar, bevor wir ernsthaft darüber reden.' Punkt."
Hoseok leckt sich über die Lippen.
„Ich will ja kein Anti-Cupid sein... Aber das klingt verdammt nach kalten Füßen", meint er angespannt.
„Ja, oder?!", rufe ich, „Er hat Angst. Er hat Schiss davor, dass ich ihm eben diese Worte sage und zwar ohne Schmerzmittel. Davor hat er Schiss. Und ich weiß nicht, was ich davon halten soll."
Hobi grübelt vor sich hin. Er sieht aus, als würde er vor einem riesen Mathe-Problem stehen.
„Weißt du... Möglicherweise hat er keine Angst vor deinem Liebesgeständnis an sich, vielleicht macht ihn der Gedanke einfach nur nervös", sagt er achselzuckend, „Soll heißen... Stell dir vor, dein Crush - also Jimin höchstpersönlich - will dir seine Liebe gestehen. Du weißt das vorher schon. Klar ist da Vorfreude, aber das flößt einem doch auch Respekt ein. Würdest du nicht auch irgendwie Panik bekommen?"
Ich knurre leise, was ihn erstaunt innehalten lässt.
„Klar", grolle ich, „Aber ich würde nicht versuchen, dieses Geständnis hinauszuzögern oder sogar zu manipulieren. Hobi, hör mir zu. Ich bin mir vollkommen sicher. Ich bin mir sicher, dass ich Jimin... na ja,weißt schon. Aber ich bin mir auch sicher, dass er das gar nicht von mir hören will. Ich bin eben doch... anders. Nicht menschlich und kompliziert bin ich sowieso. Ich sehe nicht so aus wie ihr, i-ich verhalte mich nicht mal wie ihr... Was, wenn er jetzt doch einen Rückzieher macht, weil ich ein Neko bin?"

Meow! [Yoonmin/Sope]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt