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1 ½ Tage später:

Ayden P.o.v.:

Trübsinnig fuhr ich durch meine Haare. Seit Stunden warteten wir, dass sie aufwachte. Aber die Situation war noch immer gleich. Sie war an den Kabeln gebunden und keinerlei Anzeichen davon, dass es ihr besser ging.
Ich hatte sie noch nicht gesehen. Aber ich konnte mir sie ganz gut vorstellen.

Hilflos warteten wir einfach darauf, dass wir eine gute Nachricht bekamen. Rian war hier, Brayden war hier, Ave war hier und ihre Mutter auch. Aber wo waren ihre Eltern, wo sie doch in so einer Situation war?

Ich hielt es nicht mehr aus. Ich musste es wissen. Ich lief zu Ave rüber und kniete mich zu ihr hin. Sie sah stumm geradeaus, mit feuchten Wangen und roten Augen.

,,Wo sind ihre Eltern?"
Ave sah mich nicht einmal an. Wie in Trance starrte sie auf die gegenüberliegende Wand.
,,Avery, antworte mir."
Ich spürte eine Hand auf meine Schulter. ,,Bro, ist das gerade der richtige Zeitpunkt, sie darüber auszufragen? Schau mal wie sie aussieht.", ertönte es von Rian.

Energisch stand ich auf. Ich hielt es nicht mehr aus.
Die Stimmung hier war düster.
Niemand sagte was.
Es war still.
Doch jetzt brach ich die Stille. Ich schrie frustriert auf und schlug gegen die nächstbeste Wand.
,,Ey, Komm runter!" Brayden packte mich an der Schulter und zog mich weg. Wütend löste ich mich aus seinem Griff. ,,Wie soll ich runter kommen! Seit Stunden liegt sie da drin und niemand sagt was!", schrie ich und zeigte Richtung Intensivstation.

Ich fuhr mir durch das Gesicht.
,,Aber es ist meine Schuld! Hätte ich sie doch bloß nicht ausgefragt! Hätte ich sie doch bloß in Ruhe gelassen! Aber nein, ich mach immer den selben Fehler!"
Ich wollte wieder gegen die Wand hauen, als Brayden mich davon abhielt.
Schmerzerfüllt sah ich ihn an. Ich merkte, wie sich meine Augen langsam füllten.

Die Schiebetür zur Intensivstation ging auf. Ein Arzt kam raus.
Sofort standen alle auf. Ich lief schnell zu ihm rüber.
,,Chloe Black. Wie geht es ihr?", fragte ich.
Der Arzt sah in die Runde. ,,Sind Sie ihre Verwandten?"
Avery nickte und wischte sich über ihre Wange.
Der Arzt fing an zu lächeln. ,,Die Kondition der Kranken bessert sich allmählich. Es besteht keinerlei Lebensgefahr mehr für sie."

Erleichtert seufzte ich auf. Brayden klopfte auf meine Schulter. Auch der Rest freute sich.
,,Hat sie ihre Augen schon geöffnet?", fragte ich hoffnungsvoll.
Der Arzt schüttelte den Kopf. ,,Dafür wäre es noch zu früh. Frühstens heute Abend könnte es aber der Fall sein."
,,Und können wir sie sehen?"
Der Arzt schien zu überlegen, bis er schließlich antwortete.

,,Ganz kurz. Und nur eine Person. Sie ist noch geschwächt."
Ich sah zu Avery. ,,Darf ich?"
Mit wässrigen Augen nickte sie. ,,Geh ruhig. Mir reicht es schon zu hören, dass es ihr besser geht. Aber beeil dich trotzdem."
Dankend nickte ich ihr zu. Dann folgte ich dem Arzt, der wieder die Intensivstation betrat. Er führte mich durch wenige Gänge, bis er schließlich vor einer Tür zum Stehen kam.

,,Strengen Sie sie nicht an.", mahnte er mich noch einmal. Nickend öffnete ich die Tür.
Direkt sah ich zu ihr. Der Anblick war herzzereißend.
Ich schluckte hart.
Sie war übersäht von Kabeln.
Langsam schloss ich die Tür.
Schmerzerfüllt starrte ich einfach hin. Ihre Augen geschlossen lag sie da, ohne eine Ahnung davon zu haben, wo sie überhaupt war.

Langsam lief ich zu ihr rüber. Vor ihrem Bett blieb ich stehen. Es war still. Das einzige, was man hören konnte war die Maschine, die piepte. Aber es störte nicht.
Im Gegenteil, das gleichmäßige Piepen gab einem das Gefühl der Sicherheit, denn es war das Zeichen, dass es ihr gut ging.

,,Es tut mir leid.", hauchte ich.
Vorsichtig  setzte ich mich an die Bettkante.
Stumm sah ich in ihr Gesicht.
Ohne lange nachzudenken hob ich meine Hand und legte sie ganz sanft auf ihre Wange.
Mit dem Daumen strich ich drüber. Wäre sie jetzt wach, hätte sie das nie im Leben zugelassen.

Ihre Haare waren mit Klammern befestigt und ein Kopfverband verdeckte die eine Hälfte.
Ich nahm ihre Hand in meine. ,,Ich wusste, dass du uns nicht verlassen wirst. Du bist stark. Das sehe ich."
Ich atmete tief ein.

Was sollte ich denn mit ihr reden? Konnte sie mich denn überhaupt hören? Ich schluckte.
Noch einen Moment blieb ich neben ihr sitzen.
Dann stand ich schließlich auf. Ich sah auf den Display der Maschine, als wollte ich sicher gehen, dass alles gut lief.

Ich beugte mich zu ihr runter und drückte ihr ein Kuss auf die Stirn. Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinen Lippen.
Das hätte sie schon gar nicht zugelassen.

Ich wollte mich gerade umdrehen und gehen, als sie sich plötzlich bewegte.
Mit großen Augen sah ich sie an.
Ich setzte mich wieder an die Bettkante und beobachtete sie.
Langsam öffnete sie ihre Augen. Das Licht schien sie zu stören. Sie blinzelte ein paar Mal. Dann sah sie um sich und ihr Blick blieb bei mir stehen.

Freudig sah ich sie an. ,,Chloe", hauchte ich. Stumm sah sie mir jedoch entgegen. Ich runzelte leicht die Stirn. Bitte Gott, sie sollte jetzt kein Gedächtnisverlust haben.

,,Ayden?", hörte ich sie schließlich undeutlich unter der Beatmungsmaske sagen.
Doch plötzlich änderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie wirkte panisch.
,,Mein Haus", hörte ich sie murmeln.
Ich merkte, wie sich ihr Brustkorb schneller hob und sehnte. Das gleichmäßige Piepen verlor sein Rythmus.

Panisch blickte ich sie an. ,,Chloe."
,,Ave", kam es aus ihr raus.
Stimmt, sie dachte ja, dass ihre Freundin noch drin war.
,,Ave!" Plötzlich griff sie nach der Beatmungsmaske und wollte sie wegziehen. Schnell hinderte ich sie daran.
Sie versuchte aufzustehen.
,,Ave! Ave!", schrie sie und versuchte sich aus meinem Griff zu befreien.

,,Chloe beruhig dich! Ave geht es gut." Sie schien mich aber nicht zu hören.
Ich konnte die Angst in ihren Augen sehen.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Ärzte stürmten rein.
Sofort hielten sie Chloe fest, während sie noch immer panisch rumschrie.
Schmerzerfüllt und verzweifelt blickte ich sie an.

Auf einmal merkte ich, wie ein Arzt ihr eine Spritze in ihr Arm drückte.
Mit aufgerissenen Augen sah ich erst ihn, dann Chloe an. Langsam verließ sie die Kraft. Sie wurde ruhiger, bis sie vollkommen die Augen schloss.

Wütend starrte ich den Arzt an. ,,Das wäre nicht nötig gewesen! Sie musste nur eine Person sehen, damit es ihr besser geht!",rief ich.
Der Arzt schüttelte den Kopf. ,,Sie ist zu früh aufgewacht, das musste sein."
Verzweifelt fuhr ich über mein Gesicht. Dann verließ ich eilig das Zimmer.

Ich musste hier raus.

Strange life - until i met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt