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Als ich am nächsten Tag aufwachte, fiel mein Blick direkt auf die Kommode.
Verdutzt hob ich ein wenig mein Kopf. Dann richtete ich mich auf. Meine Waffe lag dort, den hatte Ayden wahrscheinlich gestern noch gebracht und außer dem lag da noch eine Kreditkarte. Stirnrunzelnd nahm ich es in die Hand.
Ayden Moore stand drauf. Warum war Aydens Karte hier?

Ich sah auf meine Uhr. 8 Uhr morgens. Vielleicht war Ayden ja noch hier. Wie immer hievte ich mich vom Bett und ging aus dem Zimmer.
,,Ayden?", rief ich.
Ich bekam keine Antwort. Dann war er wohl unten in der Firma. Ich lenkte den Rollstuhl in die Küche. Der Tisch war gedeckt. Ich hatte aber kein Hunger und deshalb verließ ich wieder die Küche, ohne mir was vom Tisch zu nehmen.
Gelangweilt saß ich da. Was sollte ich jetzt den ganzen Tag machen?

Mir fiel der Einkauf ein. Ich könnte ja die Kleider einsortieren. Entschlossen fuhr ich ins Zimmer. Ich öffnete die Schranktüren und sah erst einmal rein. Im Schrank befand sich nichts.
Ich sah in die oberen Regale. Na toll auch. Wie sollte ich da hoch kommen. Selbst wenn ich auf einem Bein stehen würde, so viel Balance hatte ich jetzt auch nicht.

Seufzend schloss ich die Schranktüren.
Ich öffnete mein Balkonfenster und trat in die frische Luft.
Am Geländer hielt ich mich fest und stand auf, um den Ausblick zu genießen. Ich wäre ja gerne auf die Terasse gestiegen, aber mit dem Rollstuhl kam ich ja nicht die Treppen hoch.

Ich wusste nicht, wie lange ich hier stand. Ich merkte nur, dass mein Bein langsam schmerzte. Also setzte ich mich wieder und ging in mein Zimmer. Gelangweilt seufzte ich auf. Was könnte ich denn machen? Mir fiel nichts ein. Ich war es nicht gewohnt, so lange ohne eine Aktivität zu verweilen.

In dem Moment hörte ich den Aufzug. Noch bevor ich mein Zimmer verlassen konnte kam Ayden rein. ,,Du bist schon wach?"
Ich nickte. ,,Warum bist du gekommen?", wollte ich wissen.
,,Ich wollte mal nach dir schauen."
Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinen Lippen.

Dann fiel mir die Kreditkarte ein. Ich griff in meine Hosentasche und reichte sie Ayden.
,,Die lag auf meiner Kommode", berichtete ich.
Ayden streckte seine Hand nicht aus. ,,Ich weiß", sagte er nur.
Verdutzt sah ich ihn an. ,,Nimm doch."
Ayden schüttelte den Kopf. ,,Ich hab ihn mit Absicht da gelassen."
,,Wie bitte?" Jetzt verstand ich gar nichts mehr, oder eher wollte ich es nicht verstehen.
,,Sie gehört dir.", sagte nun Ayden und setzte sich an den Rand von meinem Bett. Ich drehte mich zu ihm.

,,Was soll das jetzt heißen?", fragte ich. ,,Dass sie ab jetzt dir gehört."
,,Ayden, Vergiss es. Nimm die Karte", meinte ich und legte es neben ihm auf dem Bett ab.
Ayden nahm die Karte. ,,Chloe, sie gehört dir. Ja, ich weiß. Da steht mein Name drauf, aber sie gehört dir."
Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein Ayden. Ich bin sowieso schon die ganze Zeit auf dich angewiesen, da brauch ich nicht noch extra Geld zu verschwenden."

Ayden seufzte auf. Er streckte mir die Karte hin. ,,Nimm das und gut ist."
,,Nein. Ayden, warum gibst du mir deine Kreditkarte?"
,,Ist ja nicht mein einziges. Ich hab noch 2."
,,Na und. Wer weiß, wie viel Geld da drauf ist. Nimm das wieder."
Ayden sah mir intensiv in die Augen.
,,Entweder nimmst du das oder ich werde ab jetzt immer derjenige sein, der dein Bein von oben bis unten massiert und eincremt."

Ich riss die Augen auf. Dann legte ich die Karte schnell auf die Kommode ab. Siegessicher grinste Ayden.
,,Der PIN ist 1674, aber du kannst ihn gerne umändern."
Feindselig schaute ich ihn an.
,,Ach, Apropos Bein. Wann muss ich wieder zum Arzt heute.", fiel mir ein.
,,Eigentlich war es um die gleiche Uhrzeit wie gestern, aber Will hat gemeint, dass wir jetzt kommen sollen, weil er jetzt frei ist. Deswegen bin ich gekommen."

,,Ich kann auch selber gehen."
Ayden hob die Augenbraue.
,,Also, ich meine du vernachlässigst andauernd deine Arbeit wegen mir. Ich fühle mich schlecht dafür", murmelte ich.
Ayden stand auf und kam zu mir. Ich sah zu ihm hoch.
,,Ich vernachlässige nicht die Arbeit, sondern ich mache gerade meine Arbeit."
Er lief an mir vorbei und griff in die Einkaufstüten. Dann zog er die neu gekaufte Jacke raus.
Es war eine graue flauschige Jacke.
Ich zog sie mir an. Dann nahm ich mein Handy und Ayden schob mich aus dem Zimmer.


,,So, es wird auf jeden Fall weiter trainiert, damit die Muskeln wieder zu sich kommen. Und irgendwann wirst du mir sagen, dass du meine Hände gespürt hast.", sagte Will aufmunternd. Schwach lächelnd sah ich ihn an. Dann verabschiedeten wir uns.

Im Auto wartete ich, bis Ayden auch eingestiegen war.
,,Wann erlaubst du mir, wieder in die Schule zu gehen?", beschwerte ich mich.
,,Wenn du dich nicht mehr über deine Kopfschmerzen beschwerst, zum Beispiel.", antwortete er.
,,Ayden, ich gehe schon seit einer Woche nicht mehr."
,,Noch ist es nicht eine Woche geworden."
,,Das ist jetzt egal. Es geht um was anderes. Ich muss noch alles nachholen. Ich kann es mir nicht leisten, grundlos einfach nicht zur Schule zu gehen.
,,Du hast aber einen Grund.", sagte Ayden.

,,Ich geh am Montag", entschied ich mich. Ayden sagte nichts.
Sobald ich daran dachte, in die Schule zu gehen, fiel mir Matthew ein. Wenn er mich jetzt mir dem Rollstuhl sehen würde, wer weiß was er dann machen wird. Sogar die Gedanken bescherten mir eine Gänsehaut.
Ayden sagte ich natürlich nichts. Er hatte nicht einmal eine Ahnug davon, dass Matthew mein Ex ist.

Und urplötzlich kam mir was anderes in den Sinn. Ayden wusste noch nicht einmal, wer ich überhaupt wirklich bin. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich ihm damit sehr Unrecht tat. Er hatte mich aufgenommen und tat alles für mich. Da hatte er das Recht darauf, alles zu wissen. Aber ich konnte ihn doch nicht einfach zur Seite schieben und einfach alles anfangen zu erzählen.

Irgendwann sollte ich es aber tun. Wenn ich mir richtig sicher war, dass ich ihm vertrauen kann. Und wenn ich mich traue, alles noch einmal zu erzählen.

Ich merkte, wie Ayden seine Hand auf meine legte, das auf meinem Oberschenkel lag.
Verdutzt schaute ich hin, dann sah ich zu Ayden. Er sah mich jedoch nicht an. Ich biss mir auf die Wange. Ich wollte im ersten Moment meine Hand entziehen, dann ließ ich es jedoch sein.

Strange life - until i met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt