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1 Monat später:

Es war kurz nach ein Uhr nachts. Ich konnte nicht schlafen.
Und das aus einem einzigen Grund.
Es war heute ein bestimmter Tag.

Der Todestag meiner Mom.

Ich sah diesen Tag schon gar nicht mehr als mein Geburtstag. Schon lange nicht mehr.
Ich sah schon die ganze Zeit stur zur Decke und versuchte die Tränen runterzuschlucken.
Ich drehte mein Kopf zu Ayden, der neben mir schlief. Er hatte sich zu mir gedreht und friedlich die Augen geschlossen.
Ein Arm lag um meine Hüfte.

Ich hielt es nicht mehr aus. Ich konnte nicht mehr länger meine Tränen halten.
Ich musste alleine sein.
Ein letzte Mal sah ich zu Ayden, ehe ich leise vom Bett aufstand und die Tür öffnete.
Ich schlich zu meinem Zimmer. Sobald ich drin war schloss ich ab und lehnte mich dagegen.
Ich schloss die Augen. ,,Mom", hauchte ich und schon merkte ich, wie sich meine Augen füllten.

Ich lief auf mein Bett zu und setzte mich in Schneidersitz drauf.
Heute waren es genau 5 Jahre, seit meine Mom uns verlassen hatte. 5 Jahre und es nahm mich immernoch mit. Kein Wunder auch.
Ich war noch klein gewesen, wenn auch nicht so klein.
Und sie wurde umgebracht. Sie war nicht auf natürlichem Weg gestorben. Sie wurde kaltblütig vor meinen Augen umgebracht.

Ein Laut verließ mein Mund. Schnell hielt ich meine Hand davor. Und was noch auf das alles dazukam: seit 5 Jahren hatte ich nicht einmal ihren Grab besucht.
Es war wie ein Stich ins Herz. Es fühlte sich plötzlich schwer an zu atmen.
Verzweifelt sah ich nach oben und versuchte meine Tränen zu stoppen. ,,Ich weiß, Mom. Du willst mich nicht so sehen. Du willst mich nicht noch nach 5 Jahren hinter dir herweinen sehen. Aber sag mir, wie soll das gehen?", hauchte ich einfach in die Leere.

Mir war bewusst, dass sie mich nicht hörte, wie auch niemand anderes. Sie hörte mich seit Jahren schon nicht mehr.
Weil mir sie jemand nehmen musste! Ich konnte nicht einmal ihr Todestag an ihrem Grab verbringen.

Mir fiel plötzlich das ein, was mir Aydens Vater gesagt hatte.
Meine Mutter wäre an dem Fehler meines Vaters gestorben. Meine Mutter wäre wegen ein paar Akten gestorben!
Ich hatte das Gefühl, dass ich schreien musste. Ich vergrub mein Kopf in der Decke und fing bitterlich an zu weinen.

Es half alles nichts. Aber es tat gut, einfach zu weinen. Verzweifelt fasste ich mich ans Herz. Alle Erinnerung mit ihr gingen mir durch den Kopf. Und dann ging der Tag durch mein Kopf. Der Schuss hallte in meinen Ohren, als passierte es jetzt gerade neben mir.
Das Gesicht meiner Mom, als sie die Kugel abbekommen hatte. Der Moment, in dem sie zu Boden stürzte. Alle ging wie ein Zeitraffer an meinen Augen vorbei. Ich konnte es nicht stoppen. Ich konnte es nicht verhindern.


Ayden P.o.v.:

Verzweifelt stand ich vor ihrer Tür und versuchte einzutreten. Es war schon 11 Uhr vormittags und ich wusste, dass sie nicht schlief.
Aber sie antwortete mir nicht. Und das machte mich noch verzweifelter, da ich nicht wusste, ob ihr was zugestoßen war.

,,Babe, antworte mir bitte, wenn du mich hörst.", flehte ich sie an.
Dann lauschte ich an der Tür. Aber ich konnte rein gar nichts hören.
Seit 20 Minuten stand ich schon hier rum.

Urplötzlich fiel mir was ein. Sofort lief ich ins Wohnzimmer und öffnete die Balkontüre. Ich ging raus aufs Balkon, um ihr Balkonfesnter zu erreichen. Sobald ich aber reingehen wollte merkte ich, dass die Jalousien halb unten waren. Ich beugte mich, um vielleicht unten was zu erkennen. Ich konnte aber nicht genug in ihr Zimmer reinsehen.
,,Faith!", rief ich und klopfte an ihr Fenster. Doch wieder tat sich nichts.

Seufzend lief ich wieder ins Wohnzimmer und setzte mich hin. In dem Moment kam Avery mit Rian rein.
Brayden lief hinter ihnen. ,,Bro, ich hab sie versucht anzurufen,  aber das hat auch nicht geklappt.", meinte er zu mir.
Ich sah zu Avery.
,,Kannst du weiterhelfen?", fragte ich sie.

Kopfschüttelnd setzte sie sich hin. ,,Hast du vergessen  was für ein Tag heute für sie ist?"
Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein, hab ich natürlich nicht."
Avery drehte sich mit ihrem Körper zu mir. ,,Ayden, ich bin seit Jahren mit ihr befreundet. Seit drei Jahren macht sie an diesem Tag das selbe, also seit ich sie kenne. Sie schließt sich in ihr Zimmer ein und kommt da auch nur raus, um aufs Klo zu gehen."

Ich fuhr mir durch die Haare. ,,Das heißt, sie wird diesmal nie aus ihrem Zimmer kommen, weil sie sowieso ein eigenes Bad hat."
Avery zuckte mit den Schultern. ,,Du musst sie heute einfach in Ruhe lassen. Ich saß an dem Tag auch einfach irgendwo rum, um ihr auch das Gefühlzu geben, dass sie nicht alleine ist."

Rian setzte sich jetzt auch hin. ,,Aber heute ist doch auch ihr Geburtstag.", meinte er bedrückt.
,,Ich weiß. Aber denkst du, sie denkt noch bei so einer Trauer an ihr Geburtstag?", meinte seine Freundin.

Ich stand Seufzend auf. ,,Ich versuche seit 20 Minuten ein Ton von ihr rauszubekommen. Aber sie sagt nichts. Ich will doch nur wissen, ob es ihr gut geht. Nicht dass ihr was passiert ist."
Avery nickte, als verstand sie meine Sorge. Sie stand auf und lief dann in den Flur. ,,Vielleicht antwortet sie ja mir.", meinte sie dann.
Aber sie sah hoffnungslos aus.

Sie klopfte an der Tür. ,,Faith? Bist du da?"
Nichts.
,,Faith? Sag doch einfach, dass du noch da bist. Wir stehen hier zu viert und machen uns Sorgen um dich." Wieder nichts.
Langsam wurde ich unruhig.
Auch Ave sah mich an und aus ihren Augen strahlte pure Verzweiflung.
,,Das ist eben deine sturköpfige Freundin."

Ich fuhr mir durch das Gesicht.
,,Also ich will dir ja keine Angst einjagen Ayden, aber...."
Fragend sah ich Avery an.
,,Aber?"
Sie sah unschuldig zu Boden.
,,Das erste Jahr, als ich sie so gesehen habe, da wollte sie Suizid begehen." Ich riss die Augen auf. ,,Und das sagst du erst jetzt!?"
Diesmal rannte ich zur Tür und hämmerte dagegen.
Rian stoppte mich.

Ich hörte Ave was rufen. ,,Ayden, sie macht das aber schon lange nicht mehr!"
Ich fuhr mit durch die Haare. ,,Und wie soll ich mir da sicher sein?"
,,Weil sie es versprochen hat. Und deine Freundin hält ihr Versprechen. Außerdem hatte damals auch Charles' Tod sie sehr fertig gemacht. Deswegen."

Ich atmete laut aus.
Wieder klopfte ich und hoffte, eine Antwort von ihr zu erhalten.
,,Jetzt reichts mir aber.", wurde ich ungeduldig.
Auch wenn Ave es nicht zugeben wollte. Ich merkte, dass sie sich ebenfalls Sorgen machte.

Ich schob alle zur Seite und ging ein wenig zurück, um dann mit meiner ganzen Kraft gegen die Tür zu knallen.  Auf der Stelle gab die Tür nach. Das Zimmer stand frei.

Strange life - until i met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt