Kapitel 7

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Mathe, Deutsch und ein bisschen Kunst stand an den Tag auf den Plan. In den ersten Stunden hatten wir aber nur über das gesprochen, was wir alle in den Ferien gemacht hatten. Wir sprachen erst in der Klasse, später kurz mit den Freunden, aber Frau Schlegel wollte, dass wir zumindest etwas Unterricht machen würden. Ein Haufen Siebenjähriger dazu zu motivieren, wenn sie sich eigentlich viel zu erzählen haben, war damals für sie etwas schwerer. Sie gab uns die Aufgabe ein Erlebnis aus dem Ferien zu malen. Natürlich sagten wir zu.

Einige aus der Klasse setzen sich an Gruppentischen, sprachen über die Wochen, malten oder versuchten es zumindest. Frau Schlegel ist damals schon aufgefallen, dass Julia und ich immer allein für uns waren. Zu Beginn hatte sie versucht uns mehr in die Klasse einzubinden, aber sie sah auch die andere Seite. Dass wir kein Interesse an den anderen hatten und dass die auch nicht mit uns zu tun haben wollten.
Frau Schlegel: Ihr beide sitzt hier auch so allein."
J: Wir sind ja nicht allein. Bei mir ist doch Christian."
Ich weiß nicht, ob das ihre Naivität war, oder ob sie damals schon immer hinter mir stehen wollte. Sie hätte mit den anderen etwas machen können. Sie fand Anschluss an die anderen, nur ich eben nicht. Ich war der Außenseiter und sie blieb eben bei mir.
Frau Schlegel: Wenn ihr beide hier miteinander was macht, dann reicht das auch."
Sie schaute mich an. Ich war noch immer ein stiller Schüler in der Klasse. Sie sagte mir damals schon, dass ich definitiv nicht dumm war und dass ich mehr hätte machen können, aber zu den Zeitpunkt traute ich mich nicht.
Frau Schlegel: Von dir könnten sich manche etwas abgucken Christian."

Durch meine Schwester hatte ich zwangsmäßig angefangen zu malen. Sie wollte das und wenn ich mit ihr im Zimmer war, hatte ich nicht die größte Wahl. Malen oder bei meinem Bruder wieder das Versuchskaninchen spielen. Außerdem musste ich da nicht viel machen, viel reden. Wir beide saßen still in unsren Zimmer und malten etwas. Sylvia zeigte das damals auch unseren Eltern. Meine hielt ich lange im Zimmer in einer Mappe unter meinen Schreibtisch. Ich fand nicht, dass ich das irgendwie besser konnte als andere. Das Selbstbewusstsein dazu hatte mir da einfach noch gefehlt. Das bekam ich erst Jahre später, durch verschiedene Umstände.

Julia lächelte mich dort an, als unsere Lehrerin das gesagt hatte. Ich sagte darauf natürlich nichts, da ich mich das gar nicht getraut hätte.
J: Du kannst das viel besser als ich Christian."
Julia zeigte mir lachend das, was sie gemalt hatte. Danach erklärte sie, was das sein sollte. Das damals war Absicht, da ich sie heute schon um das beneiden würde, was sie kann. Aber natürlich konnten wir beide damals noch nicht so viel, aber sie bewies mir dadurch einfach, dass ich mich nicht so zurückhalten müsste.
C: Meine Schwester hatte mir da viel gezeigt. Wir malen zusammen oft am Nachmittag."
Frau Schlegel: Hast du nicht auch noch einen Bruder Christian?"
Ich nicke zuerst, den hatte ich damals noch nicht gemalt, fing damit an.
C: Andreas. Er geht aber schon auf die große Schule, hat da viel zu tun. Nachmittags übt er dann immer."
Frau Schlegel: Was macht dein Bruder denn? Hat er Hobbies?"
Ich nickte zuerst wieder nur und schaute sie daraufhin wieder an. Julia wusste es zu diesen Zeitpunkt. Andreas hatte ihr mal einen Trick gezeigt, sie fand das damals schon unfassbar faszinierend, war aber da noch mehr daran interessiert herauszufinden, wie es geht.
C: Mein Bruder spielt Klavier und zaubert."

Das Klavierspielen lernten wir alle, hatte ich ja schon gesagt. Sylvia war sportlich aktiv, ich hatte mit dem Klavierspielen aufgehört und auch wenn es mir gefallen hatte, ich war zu klein. Meine Hände waren dafür zu klein, ich konnte fast nichts greifen. Andreas spielte damals schon gut. Das Zaubern, das verheimlichte auch er lange vor seiner Klasse. Als er kleinere Auftritte hatte, auch bei den Freunden im Garten oder ähnliches, fanden das auch die anderen heraus. Er wäre ein Spinner und Träumer, ich hielt mich da raus und wollte nicht daran denken. Für mich war Zauberei an diesen Zeitpunkt im Leben gar nicht interessant.

Frau Schlegel lächelte uns beide an. Sie wusste damals, dass ich nur in der Nähe von Julia halbwegs aus mir rauskommen konnte. Sie kannte meine Geschwister und wusste, dass ich eben der Ruhige Reinelt bin. Ich fiel nie auf, machte keine Probleme, außer Julia zog mich irgendwo mit rein, machte meine Aufgaben, passte auf, war aber eben unauffällig und still. Sie meinte immer, ich könnte mehr, aber sie zwang mich nie.
Frau Schlegel: Ich muss mal zu den anderen schauen. Macht ihr beide mal weiter."
Danach ging sie zu den anderen Jungs, die eher die Zeit nutzten, um miteinander Quatsch zu machen. Julia schaute zu mir, lächelte leicht und das machte mich damals schon verlegen und unsicher.
J: Ich mag dein Bild Christian."
Wenn ich meine Mutter fragen würde, dann hätte sie das bestimmt noch. Allgemein hebt sie viel auf und als ich ihr das damals gegeben hatte, war sie wirklich etwas überrascht. Immerhin hatte sie vorher nie etwas von mir zu sehen bekommen.
C: Ich finde deines aber auch schon Julia."
Sie lächelte, schaut auf ihr Blatt, danach wurde sie aber ruhiger.

Julias Familie war immer etwas spezieller, anstrengender. Niemals im Leben hätten sie ihrer Tochter etwas angetan, aber Julia fühlte sich immer etwas verloren und allein gelassen. Wenn wir uns trafen, dann waren wir immer bei mir.
C: Was ist los Julia?"
Sie nahm sich einen meiner Stifte und fügte etwas auf ihren Bild hinzu, schaute mich in der Zeit nicht mehr an. Das tat sie immer schon, wenn sie etwas bedrückte.
J: Du hast deine Geschwister, mit denen du immer etwas machen kannst. Ich hätte auch gerne eine Schwester oder einen Bruder."
Julia blieb bis heute Einzelkind. Mir tat sie damals leid, ich hätte gerne etwas für sie getan. Ohne, dass sie damals etwas tun konnte, nahm ich ihr das Blatt weg und malte mich dazu.
C: Ich werde immer für dich da sein. Versprochen."
Julia lächelte breit. Ihr lächeln war damals schon unfassbar niedlich. Die Zahnlücke aus der ersten Klasse hatte sie natürlich nicht mehr, aber trotzdem musste ich immer selbst lachen und lächeln, wenn sie es tat.
J: Danke Christian."
C: Du bist meine beste Freundin. Ich würde alles für dich tun...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt