Kapitel 36

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Sie stand damals still und ruhig vor mir, hatte zwar vereinzelte Tränen in den Augen, nahm das ganze aber gefasster hin, als ich es hätte denken können. Ich dachte, sie würde mit mir diskutieren, mir eine Szene machen, mir irgendwas vorhalten, aber wir standen uns schweigend gegenüber und schauten uns an. Sie schaute mich an und ich konnte ihren Blick damals schon nicht mehr standhalten. Ich wollt hier raus. Raus aus dieser Situation. Raus aus den verwirrenden Moment. Raus aus meinen Gedanken. Raus aus meinen Gefühlen. Raus aus all dem.

Ich ging mir vorsichtig über meinen Arm, versuchte zu lächeln, wieder ruhig zu sein, senkte meinen Kopf und suchte nach irgendwas, was gerade angebracht wäre. Aber alles kam mir einfach nur falsch und fehl am Platz vor.
Anna: Du...machst Schluss?"
Sie hatte es dann ausgesprochen. Eigentlich war ich der erste an den Tag, der es gesagt hatte. Ich hatte gesagt, dass ich mich trennen möchte. In sowas war ich schon immer schlecht. Ich stand vor ihr, versuchte sie anzuschauen, spielte aus Nervosität mit den Füßen am Boden rum und wusste nichts. Ich wusste nur, dass das jetzt hier enden muss.
C: Ja...es tut mir leid..."
Ich hatte es die Weihnachtstage schon mit mir rumgeschleppt, aber konnte es ihr nicht sagen. Ich konnte ihr das nicht sagen, aber schweigen war keine Option. Ich konnte nicht so tun, als wäre alles perfekt. Als wäre unsere Beziehung Perfekt. Das war sie nicht...zumindest nicht mehr für mich.

Wir schwiegen, schauten beide hilflos im Raum umher. Ich glaube, dass ich damals ihr erster Freund war, den sie hatte. Ich war vieles ihrer ersten Male und sowas vergisst man nicht mehr. Ich wollte sie nicht verletzen, da sie sich an diese Moment erinnern würde, so wie ich mich an die mit Nadine erinnerte.
C: Anna...unsere Beziehung sie...war so eingefahren. Wir kamen nicht voran und treten auf der Stelle. Ich..."
Anna: Es gab einfach keine Zukunft mit uns."
Ich schaute sie erst dann wieder an, als sie das gesagt hatte. Ich nickte nur leicht, da sie es ausgesprochen hatte. Sie hatte das ausgesprochen, was ich seit Wochen schon dachte. Sie wischte sich mit ihren Ärmel ihre Tränen weg und nickte danach auch.
Anna: Du hast ja irgendwo recht...von einem zum anderen Tag, zum nächsten Treffen hin, zum nächsten besonderen Moment...aber mehr war es eben nicht. Vielleicht sollte es einfach nicht sein...du hast ja recht..."
C: Ich wollte dich nicht verletzen..."

Anna lachte ganz schwach damals. Sie sagte immer, ich sorge mich zu viel und denke zu viel nach. Dieses Bild werde ich wohl nie verlieren oder ablegen können.
C: Ich hoffe, du bereust nichts, was wir zusammen getan oder erlebt hatten. Ich jedenfalls nicht. Ich habe jeden Moment mit dir geliebt und auch genossen, aber...es reicht nicht."
Es reicht nicht...auch wenn wir es versuchten, es reichte nicht. Vielleicht waren wir verliebt, aber nicht füreinander bestimmt. Zu verschieden in dem, was wir wollten.
Anna: Ich bereue keinen Moment mit dir Chris. Ich hätte keinen besseren ersten Freund haben können als dich."
Ich war ihr erster Freund, meine Gedanken waren also berechtigt und auch richtig. Es freute mich etwas, dass sie zumindest so über mich dachte. Dass ich ihr ein guter erster Freund war. Dass sie keinen Moment bereut. Das war mir wichtig.

Ich schaute damals schon zur Tür hin, da ich wusste, dass ich gleich gehen werde. Auch sie konnte es ahnen, wusste es damals.
C: Es tut mir leid Anna..."
Anna: Das muss es nicht...wenn du nicht glücklich werden würdest, dann hat es keinen Sinn. Und...vielleicht standen wir uns beide im Weg, haben andere Ansichten und vielleicht stand uns immer etwas im Weg..."
Julia. Sie meinte damals mit absoluter Sicherheit meine beste Freundin Julia.
Anna. Es ist besser so...aber...danke für die Zeit Chris."
C: Dafür nicht...du hättest etwas Besseres verdient als diese sinnlose Entschuldigung, die ich dir auch noch an einen ungünstigen Tag gebe."
Anna: Es gibt für sowas niemals einen günstigen Tag."
Sie ging danach vor zur Tür und ich folgte ihr still. Das letzte Mal war ich damals bei ihr zu Hause und ein letztes Mal brachte sie mich zur Tür, bis ich wieder draußen war.
Anna: Komm gut ins neue Jahr Chris."
C: Danke..."

Danach fiel die Tür langsam zu. Ich wusste, dass ich diesen Schritt gehen musste. Nach dem 31.10.2000 habe ich jeden Tag an dem gezweifelt, was ich mit Anna hatte, bis ich am Ende so weit war, dass ich glaubte, dass ich sie nicht mehr liebte oder gar nicht geliebt habe. Ich musste es beenden, ihr zuliebe. Sie hatte etwas Besseres verdient als jemanden, der nur mit halben Herz bei der Sache ist.

Sie wohnte in einen Komplex, daher ging ich vor zur Straße zu meinem Auto. Ich wollte nach Hause, in mein Zimmer, in mein Bett und wollte dort wieder für Stunden an die Decke starren, wie in den letzten Tagen so oft.
J: Chris!"
Julia packte meine Schulter und drehte mich damals zu sich. Gefühle konnte ich nie verheimlichen, daher merkte sie auch sofort, dass etwas mit mir los ist.
J: Was hast du getan? Warum siehst du so niedergeschlagen aus?"
C: Ich habe mit Anna Schluss gemacht."
Ihre Miene wurde auch sofort trauriger und dann nahm Julia mich fest in Arm. Das hatte ich gerade wohl gebraucht. Vielleicht war es damals ein Fehler und ein dummes Spiel meiner Gedanken. Denn gerade stand ich einfach nur in den Armen meiner besten Freundin und mehr sah ich nicht. Sie war meine beste Freundin...glaubte ich...
C: Es hat nicht mehr funktioniert...es war besser so..."
Julia ließ mich wieder los und schaute mich an, nickte nur ganz leicht.
J: Und was machst du jetzt?"
C: Ich wollte gerade nach Hause fahren und...vermutlich im Bett liegen und nichts tun."
J: Auf keinen Fall! Ich lasse dich jetzt nicht allein Chris."
Sie griff nach meiner Hand und ging mit mir den Weg runter. Ich informierte noch meine Eltern und blieb den Tag bei ihr. Wir verbrachten eine ruhigen Tag am See und beobachteten um Mitternacht das Feuerwerk. Ich mit Julia. Mit der Frau, die ich vor zwei Monaten geküsst habe...die eine Person, in die ich mich nie verlieben wollte und würde...vor allem sollte. In die ich mich nie verlieben sollte...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt