Kapitel 145

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Sicht Julia...

Am Freitag mussten wir über vier Stunden nach Erlangen fahren, da wird zwar relativ gut durchkamen, aber zum Wochenende hin sind wir natürlich in einen Stau gekommen. Meine Cousine hatte mir vorher noch die Adresse vom Hotel geschickt, was sie für ihre Gäste gebucht hatte. Sie bestand darauf, dass alle die Möglichkeit haben und auch wenn wir beide nicht darauf angewiesen sind, dass sie es für uns organisieren, Lina bestand darauf.

Am Samstagnachmittag müssen wir uns beide für die Trauung und die anschließende Feier fertig machen. Ich habe mir keine wirkliche Mühe mit den Haaren gemacht, trage sie schlicht offen und warte gerade auf Chris, der mir mit meinen Kleid helfen muss. Eine Zeit warte ich, bevor ich zu ihm ins Badezimmer gehe, wo Chris vor dem Spiegle steht und dann zu mir schaut. Geduscht ist er, sein Hemd und die Hose hat er auch bereits angezogen. Untypisch für ihn sonst, jetzt hat er einen 5-Tage-bart. Ich denke, dass er so wenig nach...Chris...aussehen will, wie es ihm möglich ist.
J: Was machst du hier so lange?"
Leicht unsicher lacht er, bevor er wieder nach vorne in den Spiegel schaut.
C: Ich weiß nicht, was ich mit meinen verdammten Haare anfangen sol. Ich meine...mein Bruder hat locken, meine Schwester komplett glatte Haare und ich...nichts Halbes und nichts Ganzes..."
Er atmet kurz genervt aus, lässt seinen Kopf in den Nacken fallen und ich muss ein wenig lachen, bevor ich zu ihm gehe. Als ich vor ihm stehe, lege ich eine Hand an seinen Kopf und richte seinen Blick zu mir runter. Wir beide schweigen, auch, als ich eine Hand in sein Haar lege und es in einen Seitenscheitel lege.
J: Ich finde es so süß Chris, wirklich. Dich kennt man sonst nur mit komplett glatten Haaren. Sie werden keine Ahnung haben, wer du bist."
Dann endlich zeigt er mir sein übliches verlegenes Lächeln und schaut zum Boden.
J: Komm, du musst mir gleich auch noch helfen und wir kommen ansonsten zu spät zur Kirche. Hier müssen wir nicht auch immer zu spät kommen.

Chris Kam kurz darauf auch zu mir und half mir als erstes mit dem Reißverschluss am Kleid, bevor er sich noch seine Weste anziehen musste. Danach steckte er sich in diese Brusttasche das Einstecktuch in Lila und die Krawatte hatte ich ihn vorher gebunden. Ich wollte ihn nicht wieder daran erinnern. Als ich mir meine Schuhe noch anziehe, wo er deutlich schneller war als ich, zieht er sich nur noch das Jackett über. Danach verlassen auch wir beide endlich unser Zimmer. Vor dem Hotel wartet meine Cousine Mirja, die vor vier Jahren bereits geheiratet hatte. Damals war ich mit meinen Eltern hier...jetzt bin ich mit Chris, meinem Partner, hier. Ich sprach mit ihr die ganze Fahrt über, während Chris schweigend aus dem Fenster schaute. Deswegen hielt ich irgendwann seine Hand, wo ich auch ein leichtes Lächeln bei ihm sehen konnte. In der Kirche saßen wir bei meiner Cousine. Die ganze Zeit über hielt ich seine Hand und schaute immer wieder zu ihm, bis die Zeremonie auch begann. Lina und Kai kennen sich schon Ewigkeiten, bald 15 Jahre und jetzt heiraten sie endlich. Währenddessen bekomme ich Chris' Blicke mit, die er mir immer wieder gibt. Immer wieder schaut er zu mir, streicht über meinen Handrücken und irgendwie benimmt er sich seltsam...vielleicht aber auch gerade so typisch Chris.

Die Location, wo meine Cousine feiert, ist in der Nähe der Kirche, sodass wir dort im Anschluss hingehen. Chris und ich sitzen bei meiner Cousine Mirja und ihrem Mann Thore, sowie einigen weiteren aus meiner Familie. Während des Essen reden wir viel und auch Chris kommt endlich etwas aus sich raus, wobei jeder fragt, was er hier macht, wer er ist und was er allgemein macht. Er redet drum herum und scheinbar stört es meine Familie auch überhaupt nicht. Später am Abend steht er mit Thore, Kai und deren Freunden an der Bar und trinkt etwas. Ich denke, dass es wieder irgendeine Mische mit Cola ist und mich freut es einfach, dass er scheinbar auch Spaß hat.

Ich bekomme mit, dass mich meine Cousine zu sich an den Tisch winkt, wo sie gerade allein sitzt. Natürlich stehe ich auf, nehme mein Glas noch mit und gehe zu ihren Tisch, setze mich neben ihr hin.
Lina: Ich freue mich wirklich, dass ihr beide gekommen seid Julia."
J: Ich würde das hier niemals verpassen wollen. Das nächste Mal aber gerne etwas früher, dann könnten wir beide das auch etwas besser einplanen."
Lina: Ich konnte es kaum glauben, als Thomas mir sagte, dass ich dich schon mit deinen Freund einplanen müsste, wenn ich dich einlade. Du warst lange Single Julia."
J: Tja..."
Ich schaue von Lina weg und zu Chris an die Bar. Er bekommt in den Moment auch meinen Blick mit, lächelt zufrieden, was mich auch wieder zum Lächeln bringt.
J: Manchmal dauert es eben, bis man den richtigen trifft."
Lina: Ist das nicht der kleine Christian von damals?"

Als Chris und ich sieben Jahre alt waren, war meine Cousine bei uns zu Besuch und sie haben sich zwangsmäßig kennengelernt. Lina war damals 13 Jahre alt, einen guten Kopf größer als Chris, der erst spät in die Pubertät kam und...eben Chris war. Schüchtern und zurückhaltend, komplett überfordert mit dieser fremden Person. Als ich vorhin mit Chris unsere Geschenken abgegeben habe an Lina und Kai, haben sie sich das erste Mal wiedergesehen. In der Familie Rose sind alle recht klein. Kaum eine Frau über 1.65 Meter. Chris ist hier derjenige, der auffällt.

Daher nicke ich, als ich wieder zu Lina schaue.
J: Ja...das ist der kleine Christian von damals."
Lina: Es...er ist derjenige, was ich denke, der er ist, oder? Familie Reinelt? Er und sein Bruder?"
Ich nicke und bin froh, dass sie es nicht ausspricht. Einen Abend, wo er unter den ganzen Menschen hier normal ist. Wo keiner weiß, wer er ist und was er macht oder wenn, dann sprechen sie ihn darauf nicht an. Auch einen Moment, den er mal braucht.
Lina: Er sieht heute so anders aus. Aus ihm ist wirklich ein ordentlicher und anständiger erwachsener Mann geworden, der dich scheinbar sehr glücklich macht."
Gott ist mir das unangenehm. Lina bekommt das natürlich auch mit, da ich ihre Blicke danach meide und das bringt sie nur wieder zum Lachen. Damals, als Alex noch mein Freund war, war er nie mit bei irgendwelchen Familienangelegenheiten. Ihn hatte sowas nie interessiert. Für Chris war es sofort klar, dass er mitkommen wollte, auch wenn er sich unsicher mit seiner eigenen Person war. So wie es scheint, ist das jetzt aber auch wieder vergessen, wen ich ihn dort mit den anderen an der Bar sehen.
J: Ja...er macht mich sehr glücklich. Für mich ist er der eine...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt