Kapitel 180

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Keine Farbe auf den Klamotten, im Haar oder im Gesicht. Andere Schuhe musste ich aber anziehe, da die Sohle noch immer Farbe von sich gibt. Ich habe deswegen gestern den Abend damit verbracht die Wohnung in Herford sauber zu machen. Gestern Abend hatte ich mit Julia noch geredet und sie gefragt, oder fast schon gebeten, dass wir heute morgen zusammen frühstücken. Ich mache das immer, wenn ich merke, dass mir alles zu viel wird und dass ansonsten meine Gedanken die Überhand gewinnen würden, bis ich wieder zusammenbreche. Außerdem ist es für uns beide ein angenehmer Start in den Tag.

Jetzt sitze ich aber an dem Tisch meines Bruder in seinem Haus in Bünde. Steffi holt gerade mir eine Tasse aus der Küche. Neben mir sitzen noch Andreas und unsere Mutter mit am Tisch. Auch sie habe ich in den letzten Wochen weniger gesehen. Wie sprechen sehr viel miteinander, da ich sie immerhin auch aus dem Haus anrufen kann, aber ich habe es bisher nicht geschafft mal wieder zu ihr zu fahren. Sylvia ist arbeiten, was man ihr als Lehrerin auch nicht übel nehmen kann. Für sie ist es schwer in der Woche sich Zeit zu nehmen. Am Wochenende geht es oftmals, aber auch nur, wenn es nicht dermaßen spontan ist, da sie auch dort Korrekturen oder Vorbereitungen treffen muss.

Steffi kommt wieder zu uns und reicht mir meine Tasse mit Kaffee. Ich lächle sie kurz an, bevor sie sich zu meinem Bruder setzt.
S: Ihr wart gestern noch lange im Haus, oder?"
A: Ich glaube, dass mein Bruder sogar noch etwas länger dort geblieben ist, oder?"
Ich nicke und trinke schnell noch etwas, bevor ich ordentlich antworten kann.
C: Ich habe am Abend noch mit Julia über Facetime gesprochen. Ich zeige ihr da immer, was alles erledigt ist und was ich noch machen sollte. Zudem kann sie dann auch immer wieder noch einbringe, was erledigt werden muss, was so nicht geht und was sie noch haben wollen würde."
H: Wäre es keine Option gewesen damit zu warten, bis sie wieder hier ist?"
C: Wäre es, aber..."
Ich habe Zeit, zu viel Zeit und auch zu viele Gedanken, die oft noch in meinem Kopf los sind. Gedanken, die mich um den Verstand bringen, wenn ich sie zulassen und zu lange daran denke. Was sie macht. Was aus uns wird. Wie lange es noch dauert. Wann ich sie wieder bei mir haben werde. Alles. Laut. Immer wieder. Bis in die Nacht. Arbeit lenkt mich ab und bringt sie zum Schweigen, aber das will ich meiner Mama nicht sagen. Als sie erfahren hatte, dass ich mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus eingeliefert wurde, hatte sie sich solche Sorgen gemacht, dass sie nicht schlafen konnte, bis ich mich bei ihr gemeldet hatte. Ihr habe ich auch nicht gesagt, was war, auch wenn sie es sich denken konnte. Bis heute versuche ich dabei aber zu verstecken, wie es mir geht und was diese Zeit mit mir angestellt hat.

Mama schaut mich mit einen erwartenden Blick an, da ich immerhin mitten im Satz leiser geworden bin, bis ich sie nur noch schweigend anschaue.
A: Du weiß es doch Mama. Wenn man etwas will, dann soll es nicht noch länger dauern als es muss. Außerdem beginnt die Tour bald wieder und Julia muss ja auch viel Arbeiten. Jetzt hat er noch Zeit und kann sie daher nutzen."
H: Das ist natürlich verständlich."
Mama trinkt etwas, sodass ich zu meinem Bruder schauen und ihn dankbar anlächeln kann. Er erwidert das kurz, bevor er auch einen Schluck aus seiner Tasse nimmt. Auf ihn war in den letzten Woch immer Verlass gewesen. Steffi rappelt sich auf, damit sie und allen ein Stück Kuchen auf den Teller legen kann.
H: Dann ist das Haus soweit fertig?"
Andreas fängt gleich an zu lachen und ich schauen ihn danach nur patzig an. Unsere Mutter kann sich gleich denken, dass es das noch lange nicht ist, auch wenn ich schon sehr viel Zeit darin gesteckt habe. Auch zu Hause, als ich noch jünger war, war ich nicht der geschickteste, wenn es um alltägliche Arbeiten geht.
H: Ich denke, dass das ein nein sein soll, wenn Andreas derartig reagiert."
C: Ich bin mit dem Streichen fast fertig und dann fehlen nur die neuen Möbel. Die Spedition wird Ende November alles rüberbringen."
H: Das klingt gut Christian."

Ich lächle meine Mutter an, da es mich auch freut, dass ich so weit schon gekommen bin. Als ich gerade wieder etwas vom Kuchen nehmen will, reißt sie mich allerdings mit der nächsten Frage wieder aus den Moment, wo alles gut schien, raus.
H: Wie geht es mit der Planung der Trauung voran Christian?"
Ich habe meinen Blick auf meinen Kuchen gerichtet, wobei ich meine Gabel dazu auch langsam daneben wieder ablege, auch wenn ich noch nicht fertig bin. Im Augenwinkel sehe ich, dass Andreas eine Geste zu unserer Mutter macht, damit sie das Thema nicht anfängt, wofür es aber einfach schon zu spät ist und auch ich weiß, dass ich davor nicht weglaufen kann, atme nochmal durch und nehme meine Gabel wieder in die Hand.
C: Ort, Location, Essen und Musik ist alles schon fertig. Die Karten, wie sie aussehen sollten, sind auch schon designt und alles im Ordner dafür, aber...ich plane nicht mehr..."
Weil ich nicht kann...aber das kann ich Mama in den Moment nicht sagen.
A: Was war mit dem Jungesselenabschied."
Es war klar, dass er das Anspricht, da ich damals für seinen verantwortlich war und ich habe ihn richtig einen ausgewischt. Aber was dort passiert, bleibt auch dort und wird nicht weitererzählt. Mich bringt es aber wieder zum Lachen.
C: Weiß ich gar nicht. Ich wollte nichts großes. Nur eventuell mit dir und Manu, aber so recht weiß ich das gar nicht. Der Typ dafür war ich noch nie. Ich mag diesen ganzen Trubel gar nicht und würde am liebsten einfach nur einen ruhigen Abend mit euch haben."
Ich esse wieder etwas vom Kuchen und die anderen merken gleich, dass sie das Thema jetzt ruhen lassen sollten, damit ich mich nicht weiter runterziehe damit.

Als Steffi und Mama die Sachen wegräumen, will ich mich auch auf den Weg machen, wobei mein Bruder noch bei mir ist.
A: Du bist morgen mit Manu bei einer Ausstellung, oder? Ich habe ein paar Sachen, auf die ihr achten solltet."
C: Ja. Es geht morgen früh gleich los und wir kommen erst in der Nacht wieder, da wir bis nach Stuttgart müssen. Gar keine Lust, aber es muss ja sein."
Als ich meine Jacke anziehe, merke ich, dass er noch etwas sagen will und daher warte ich mit dem Gehen auch noch, schaue zu ihm.
A: Ich habe wieder Unterlagen verloren, die ich morgen brauche. Es würde nicht lange dauern, aber..."
C: Ich setze mich zu Hause gleich daran Bruder."
Andreas lächelt mich glücklich und erleichtert an, wobei ich ihm gleich ansehen kann, dass es ihm unangenehm ist.
C: Ich kann die Sachen aber nicht Scannen oder zur Halle bringen. Du könntest sie aber aus Herford holen...aber das wäre ein kleiner Umweg."
A: Ich muss sowieso meine Söhne zum Training bringen, dann kann ich auch schnell bei deiner Wohnung vorbeifahren. Danke dir, ich mache das wieder gut."
Er öffnet mit gerade die Tür und schaut nochmal zu mir, wobei ich wieder leicht lächle und eine Hand auf seine Schulter lege.
C: Du hast in den letzten Monaten so viel für mich getan, da musst du nichts wieder gut machen Bruder...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt