Kapitel 101

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Von Bünde aus fahre ich nach Enger, damit ich in meiner Wohnung ein paar Sachen packen kann. Da Julia und ich in absehbarer Zeit sowieso mehr Zeit zusammen verbringen werden, wären ein paar Sachen mehr bei ihr schon gar nicht so verkehrt. In der Zeit, wo ich mich darum kümmere, bekomme ich auch immer wieder Anrufe von meinem Bruder, aber die lasse ich einfach klingeln. Morgen, da kann er damit hoffen, dass ich mich melde oder rangehe, heute soll der mich in Ruhe lassen. Auch esse ich noch etwas in meiner Wohnung, da Julia sowieso nicht zu Hause ist zu dieser Zeit.

Am Ende verpeile ich das aber wieder, da ich noch ein paar Dinge im Haushalt erledigen wollte und dann kann ich mich auch auf den Weg machen, da sie schon längst Schluss hat. Meine kleine Tasche nehme ich mit als ich die Wohnung verlasse und gehe damit zu meinem Auto. Die stelle ich auf den Beifahrersitz, stiege selbst ein und fahre nach Herford. Vor dem Wohnblock halte ich und sehe auch gleich schon Julias Auto. Hoffentlich machts sie sich keine Sorgen, warum ich so lange gebraucht habe. Bevor ich aussteige, greife ich nach der Tasche und nehme die gleich mit. Mit dem Schlüssel kann ich die erste Tür aufschließen, in den dritten Stock laufen, damit ich dort wieder die Tür aufschließen kann.
C: Entschuldige die Verspätung!"
Ich schließe diese gleich wieder hinter mir und stelle die Tasche kurz auf den Boden ab. Als keine Antwort von ihr kommt, schaue ich nochmal auf, sehe aber, dass die Tür zur Dachterrasse auf ist, sie dort ist und mich daher nicht hören kann.
C: Was hatte ich anderes auch erwartet..."
Damit die Tasche nicht einfach im Flur rumsteht, lege ich die noch ins Schlafzimmer und gehe danach durchs Wohnzimmer zur Tür der Dachterrasse, wo ich einen Moment später draufstehe.
C: Hey..."
Julia sitzt dort und schaut mich mitgenommen an. Kurz darauf lasse ich meine Schultern hängen, da ich hier diese Fassade fallenlassen kann.
J: Komm..."

Sie deutet neben sich. Ich gehe mit dahin und lasse mich neben Julia auf die Garnitur fallen und lege meinen Kopf auch gleich in den Nacken.
J: So schlimm?"
C: Ich bin einfach nur müde und geschaffen von all dem, was jetzt war...das ist alles. Jetzt habe ich morgen zumindest mal frei von dem Ganzen."
J: Was hat Andreas gesagt?"
Als Julia mir diese Frage stellt, legt sie eine Hand auf mein Bein, sodass mein Blick zuerst dahin geht, bevor ich meinen Kopf wieder aufrichte und Julia anschaue.
C: Ich habe ihn meine Meinung gesagt und dann schweigend zurückgelassen. Wenn er mit mir in Ruhe reden will, dann soll er sich melden, aber für das, was er gerade mit mir macht, habe ich keine Nerven mehr."
Julia lächelt zufrieden und gibt mir danach einen kurzen Kuss auf die Wange, weswegen ich verlegen lächeln muss.
C: Ich habe dich in den letzten Tagen vermisst Maus..."
Zuerst ist mir diese Aussage unangenehm. Ich konnte das sonst nicht sagen, immerhin wäre mir das seltsam rübergekommen, wenn ich das zu meiner besten Freundin gesagt hätte. Jetzt aber sitzt sie neben mir und lächelt lieblich, was mir sehr viel Sicherheit und Geborgenheit gibt.
J: Ich habe dich auch vermisst Chrissy..."

Auch wenn ich lächle, Julia schaut mich genauer an und weiß, auch wenn ich es versuche zu überspielen, wie es mir geht.
J: Du bist wirklich fertig mit den Nerven Chrissy...das sehe ich dir an. Der Stress und der Druck tun dir gerade nicht gut..."
C: Nein das...bringt mich wirklich bis an meine Grenzen..."
J: Kann ich irgendwas für dich tun?"
Wir beide haben unsere Blicke zueinander gerichtet. Ich versinke etwas in meinen Gedanken, während Julia auf meine Antwort wartet. Mein Blick wird etwas unsicherer, was sie zum Teil auch bemerkt.
C: Kann ich mich hinlegen?"
Julia schaut mich perplex an, mustert mich einen kurzen Moment, richtet ihren Blick danach wieder zu mir.
J: Du musst doch nicht fragen, ob du dich hinlegen kannst Chris."
C: Nein das...ich meine...du..."
Meine versuchten Erklärungen verfangen sich nur in ungewisses und unsicheres Stottern. Da Julia aus meinen nicht funktionierenden oder beendeten Erklärungen nicht schlau wird und da ich keinen ordentlichen Satz zustande bekomme, mache ich das einfach. Ich setze mich etwas weiter von ihr weg, damit ich mich neben ihr hinlegen kann, sodass ich meinen Kopf allerdings auf ihren Schoß legen kann. Ich schaue zu ihr rauf und sehe ihren Blick.
C: Ist das okay..."
Während ich jetzt nervös auf ihre Antwort warte, fängt sie an zu lachen und geht danach mit ihrer Hand durch mein Haar.
J: Mehr als okay Chrissy..."
Ich atme erleichtert aus und schließe danach meine Augen.

Wir beide sind still, vor allem ich genieße die Stille, die ich hier gerade habe. Zudem liebe ich jetzt schon diese kleinen Berührungen von Julia. Wie sie mit ihrer kleinen und zierlichen Hand durch mein Haar streicht, sodass ich einen Moment mal alles vergessen kann. Einen Moment gibt es nur uns beide und keine Sorgen, keine Probleme und keinen Stress in meinem Leben. Ich entspanne, während sie durch die kurzen Haare an meinen Nacken streicht. Als sie das ein weiteres Mal macht, gebe ich einen unterdrücken Ton, ein kurzen Brummen von mir, was mich erschreckt. Meine Augen öffne ich auch wieder, schaffe es aber nicht, sie anzuschauen. Ich wende meinen Blick sofort von Julia ab und setze mich im nächsten Moment wieder normal neben sie hin.
J: Ist dir das unangenehm Chris?"
Julia legt eine Hand an meinem Kopf und dreht den wieder zu sich.
J: Ich habe dich noch nie zuvor derartig rot gesehen Chrissy."
Ich will meinen Blick zwar von ihr abwenden, das lässt sie aber nicht zu. Sie will eine Antwort.
C: Ja, das...ist mir schon unangenehm..."
J: Warum?"

Meinen Kopf lässt sie wieder los, setzt sich im nächsten Moment aber wieder näher an mich ran. Ich schaue noch weg von ihr und zucke mit den Schultern.
C: Ich habe Angst, dass du das falsch aufnehmen könntest..."
J: Ach Chrissy..."
Als Julia wieder so typisch leicht lacht, schaue ich auch wieder zu ihr hin und sehe dann auch wieder ihr Lächeln.
J: Für mich bedeutet das, dass du dich entspannen konntest und ja, es auch irgendwo genossen hast. Wenn du dich hier aber derartig wohl fühlst, gibst du mir definitiv keinen Grund, das falsch aufzunehmen."
Ich lächle noch verlegen, während sie wieder näher zu mir kommt, mich dazu bringt, dass ich mich an der Ecke anlehne, sodass sie sich halb auf mich legen und ich sie im Arm halten kann. Julia schaut mich bedacht an und geht mir danach wieder einen Moment durchs Haar.
J: Du magst allgemein Nähe, oder? Zumindest kommt es mir so vor, wenn du bei mir bist."
Einen Moment überlege ich und fange danach leicht an zu nicken.
C: Wenn du ein halbes Jahr auf Tour bist, dann fehlt dir am Ende nicht am meisten die Wohnung, dein Bett oder die gewohnte Umgebung...die Nähe zu der Person, die einem am Wichtigsten ist, die fehlt irgendwann sehr...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt