Kapitel 89

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Ich nippe an meinem Wein, stütze mich mit einem Arm auf dem Tisch ab und schaue dabei genervt auf den Tisch runter. Chris sitzt mir gegenüber mit seinem Drink, ist schon den Abend über leise gewesen, lacht aber etwas, da ich mich noch immer aufrege.

Chris trinkt sein Glas aus und bestellt sich ein neues, was ich auch mache, obwohl meines noch nicht ganz aus ist. Ich bestelle dabei aber das gleiche wie Chris...wird schon.
C: Okay Julia, was versuchen wir uns wegzutrinken?"
Ich muss lachen. Er kennt mich eben besser als irgendjemand anderes. Mein Glas schwenke ich hin und her, schaue auch darauf, da ich Chris gerade nicht ansehen kann und will.
J: Es ist mir so unfassbar unangenehm, was meine Mutter vorhin gebracht hat. Wieso kann sie sich nicht einmal zurückhalten. Aber nein! Sie muss die Chance ergreifen und meinen besten Freund bloßstellen."
Ich seufze genervt und trinke danach mein Glas aus. Die Schicht morgen kann nur eine einzige Katastrophe werden, das sehe ich jetzt schon kommen. Ich hätte mir das früher überlegen sollen, aber jetzt ist es sowieso schon zu spät dafür.
C: Du denkst da länger drüber nach als ich Maus."
J: Ich merke aber, dass es dir nicht egal ist Chris."
Ich schaue ihn ernst an und sehe sofort seinen Blick, den er mir gibt. Meinen Kopf lasse ich kurz hängen. Ich sollte seine sensible Seite kennen und dass er darüber nicht mehr reden will. Ich sollte das Thema einfach sein lassen. Es ist passiert und ich kann dagegen nichts mehr machen.
C: Haben wir morgen schon etwas vor?"

Wir beide lachen leicht und ich schaue auch wieder auf. Chris hat geschickt davon abgelenkt, worüber wir beide nicht mehr reden wollen. Kurz darauf werden unsere Gläser ausgetauscht, ich trinke gleich etwas und verziehe leicht mein Gesicht.
J: Chris! Das geht ja mal gar nicht..."
Er lacht nur gefällig und trinkt etwas aus seinem Glas. Das hatten früher unsere Kurskammeraden in der Oberstufe getrunken und ich kann mich daran noch erinnern, dass Chris das niemals trinken wollte. Und jetzt sitzt er hier und trinkt das genüsslich.
C: Du hättest vorher ja auch gucken können, was ich bestellt habe. Denkst du, ich trinke den ganzen Abend einfach Cola, oder was?"
Zuerst schaue ich ihn an, bevor ich nochmal was aus meinem Glas trinke. Das wird mir später noch das letzte geben, aber mir auch egal.
J: Ja...morgen...gute Frage. Ich würde gleich nach der Schicht zu dir kommen."
C: Das klingt perfekt Maus."
Chris lächelt zufrieden und trinkt wieder etwas. Einen Abend, wo wir alles vergessen konnten. Er die Arbeit und seinen Bruder, ich die Arbeit und Kathy. Und zudem war meine Verwirrung und meine Gefühle einmal still für ein paar Stunden. Ein Ruhiger Abend mit meinem besten Freund, der nicht zu Ende gehen sollte, aber gegen eins am Morgen, müssen wir gehen. Meine Schicht will ich noch überleben.

Als wir die Bar verlassen, stehen davor einige Männer, die mich anschauen. Aus Reflex gehe ich gleich näher an Chris ran, der sofort einen Arm um mich legt. Auch er bekommt die Blicke mit und eigentlich lassen uns alle auch in Ruhe, immerhin ist er bei mir, aber einer von denen schreckt das nicht ab. Chris will mit mir gerade an denen vorbeigehen, als dieser nach meinem Arm greifen will.
J: Chris!"
Bevor ich oder dieser Mann reagieren können, packt Chris seinen Arm, schiebt mich hinter sich und steht somit zwischen mir und diesen Mann. Chris ist schmächtig gebaut und sieht nicht wirklich sportlich oder kräftig aus, aber anhand des Blicks des Mannes kann ich erkennen, dass sein Griff ihm Schmerzen bereitet.
C: Wag es dir niemals sie anzufassen..."
Chris hat auch keine tiefe Stimme, aber wie kann der bitte gegenüber diesen Mann, der sportlich ist und gefühlt eine Oktave unter Chris spricht, sich Respekt verschaffen.
Mann: Ist ja gut Mann...alles gut..."
Chris lässt den wieder los und greift sofort nach meiner Hand, geht mit mir dann den Weg runter. Ich schweige zuerst.
J: Danke..."
C: Nicht dafür...ich werde schon dafür sorgen, dass dir niemals etwas passiert..."

Chris bringt mich noch nach Hause und hat sich zu meinem Wohnblock ein Taxi bestellt. Für ihn ist das kein Umweg und er kann es nicht leiden, wenn ich allein gehen würde oder gar allein im Taxi sitze. Vor dem Block steht auch das Taxi.
C: Wir sehen uns dann morgen Maus."
Chris dreht mich nochmal zu sich und lächelt mich danach an. Ich würde in den Moment gerade andere Dinge mit diesen Mann machen, anstatt ihn nur zu umarmen. Ich weiß aber nicht, ob das mein tatsächliches Empfinden ist, oder einfach der Alkohol.
J: Bis morgen Chrissy. Schreib mir bitte, wenn du zu Hause bist."
C: Mache ich Maus. Schlaf gut."
J: Du auch Chrissy und bis morgen."

Ich gehe zur Tür und er steigt ins Taxi ein. Er fährt und ich gehe. Ich laufe die Treppe hoch und schließe oben meine Wohnungstür auf. Ich schließe diese leise hinter mir, da meine Nachbarn mich nicht mitten in der Nacht hören müssen. Alles ältere Herrschaften und die will ich nach den ganzen Jahren nicht verärgern.
J: Und was hat dieser Abend dir gebracht? Noch mehr Verwirrung!"
Ich hänge meine Jacke über den Stuhl in der Küche und meine Schuhe lasse ich im Flur stehen. Aus meinem Schlafzimmer nehme ich mir meine Sachen für die Nacht und mit denen gehe ich ins Badezimmer.

Ich kämme mir nochmal meine Haare, putze meine Zähne und wechsle meine Klamotten. Als ich meine Hose ausziehe und zur Seite lege, fällt ein Zettel auf den Boden. Ich hebe ihn auf – der Zettel von Kathy, den ich vorhin nur in die Tasche gesteckt hatte.
J: The 5 types of love language..."
Mein ganzes Leben verwirrt mich einfach nur. Mama hatte ja auch irgendwo recht...Beziehungen, Frauen, Liebe...das ist nichts für Chris. Chris verliebt sich in keine Frau, sondern nutzt die Lust beider Personen zur eigenen Befriedigung. Mehr muss man sich bei ihm eben nicht erhoffen.
J: Ich kann das aber nicht mehr..."
Ich halte es nicht mehr aus, dass er mich so behandelt und mich in ein gefühlstechnisches Chaos treibt...ich halte diese Nähe nicht mehr aus...nicht diese Art der Nähe...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt