Meine beste Freundin

Kapitel 146

Damals hatte ich nicht mal nach all den Jahren so über Alex geredet. Als ich hier in Erlangen zu Besuch war und sie mich über ihn ausfragten, habe ich dürftig geantwortet. „Js, alles gut bei uns" – „Nein, wir planen nichts" – „Kinder auf keinen Fall" – „Jeder hat doch mal solche Phasen, oder". Ich wollte mit Alex nicht viel zu tun habe und habe dadurch nur Jahre meines Lebens verschwendet. Aber...wär ich dann jetzt hier, mit ihm?

Während ich mit Lina rede und Chris bei den anderen Männer steht und etwas trinkt, schauen wir uns immer wieder an. Sein verlegenes und zugleich zufriedenes Lächeln jedes Mal bringt mich auch immer wieder zu einem. Lina und ich trinken einen Wein, wobei sie auch immer wieder von den anderen Gästen unterbrochen wird, da jemand mit ihr reden will. Irgendwann redet mein Onkel und ihr Vater mit uns, sodass wir uns eine Zeit in dem Gespräch verfangen und als ich wieder zu Chris schauen will, steht er dort nicht mehr. Einen Moment schaue ich mich um und obwohl er hier rausstechen sollte, ich sehe ihn nicht mehr. Sorgen muss ich mir nicht machen, das weiß ich, aber ich bin doch etwas erleichtert als er seine Hände auf meine Schultern legt und zu mir runter schaut.
C: Hast du mich gesucht?"
Meinen panisch suchenden Blick muss er also auch noch mitbekommen haben, klasse. Ich versuche mein Grinsen zu unterdrücken, bringe ihn dadurch aber nur zum Lachen.
Lina: Willst du dich setzen Chris?"
C: Alles gut, aber danke."
Vielleicht zeigt ihm dieser Abend aber auch, dass meine Familie nicht so ist, wie meine Mutter sie immer präsentiert. Vielleicht kann er nach diesen einen Nachmittag am Donnerstag aber auch endlich für sich einstehen. Das würde ich mir wünschen, da er perfekt ist, wie er eben ist.

Lina spricht noch kurz mit ihrem Vater, während ich versuche dem Gespräch zu folgen, aber immer wieder zu Chris schauen muss. Sein Jackett hatte er vor längeren schon abgelegt und am Platz hängenlassen. Seine Krawatte hatte er etwas gelockert, sodass das auch nicht mehr derartig streng aussieht. Wenn ich zu ihm schaue, lächelt er leicht und zugleich so...als würde er etwas wollen. Er kommt mir so seltsam vor und zugleich wieder typisch Chris. Lina bekommt zwischendurch auch unsere Blicke mit, da ihr Vater wieder gegangen ist und mir ist das in den Moment unangenehm. Chris lacht darüber einzig.

Als ich gerade mein Glas ausgetrunken habe und das wieder auf den Tisch stelle, greift Chris danach sofort nach meiner Hand und zieht meine Aufmerksamkeit zu sich.
C: Dürfte ich dich um einen Tanz bitten Maus?"
Nicht nur, dass er mich hier mein Spitznamen nennt macht mich verlegen, sondern auch diese Frage, da ich dafür nie der Mensch war und Chris eigentlich auch nicht.
J: Bist du angetrunken Chris?"
Darüber kann er nur lachen und bringt mich kurz darauf dazu, dass ich aufstehe. Meine Hand hält er noch immer fest. Da schaue ich einen Moment hin und danach wieder zu ihm rauf.
C: Kann zwar sein, aber trotzdem möchte ich einen Moment mit meiner Freundin haben. Wenn ich mich jetzt denn endlich traue.
Zuerst lache ich etwas, bevor er dann mit mir von den Tischen weggeht und zur Tanzfläche. Ich bin in sowas unfassbar schlecht und in den Moment sehr froh, dass Chris früher Unterricht hatte, sodass er führen kann.

Währenddessen schaue ich zu ihm rauf und sehe ihr wieder zufrieden lächeln.
J: Du hast eine lange Zeit mit meiner Familie gesprochen. Mit Kai, Thore...mit den Ehemännern meiner Cousinen."
C: Es hatte sich am Ende so ergeben Maus. Ich wollte mir eigentlich nur etwas zu trinken holen und sie hielten mich danach auf. Wir haben uns etwas unterhalten. Wie ich erfahren hatte, hatten Thore und Mirja hier auch damals geheiratet, da warst du aber allein hier."
J: Ja...da war ich noch Single Chrissy, falls du dich daran erinnern kannst."
Er lacht, legt seine Arme enger um mich und drückt mich leicht gegen seinen Körper. Gut, verliebt in ihn war ich da schon längst...
C: Ich war lange auf keiner Hochzeit mehr. Meine Freunde und Verwandte sind alle schon vergeben und verheiratet. Das ist hier eine sehr schöne Hochzeit, muss ich aber zugeben."
J: Die beiden haben das auch lange geplant. Immerhin kennen sie sich schon 15 Jahre und als Kai Lina dann endlich gefragt hatte, war alles auch perfekt. Sie hatte natürlich sofort „Ja" gesagt, da Kai die Liebe ihres Lebens ist. Beide waren in der Schulzeit schon ineinander verliebt. Hatte am Ende nur etwas gedauert."
Ich schaue zu den beiden, die jetzt wieder zusammen am Tisch sitzen und einfach glücklich aussehen. Sowas wollte ich auch immer haben.
C: Was wäre, wenn ich dich jetzt fragen würde?"

Ich würde in den Moment gerne erstarren und stehenbleiben, mich nicht mehr regen, aber das geht hier gerade nicht. Mein Kopf allerdings ist wie leergefegt, da nur noch dieser eine Satz von Chris in meinem Kopf los ist.
J: Was? Was hast du gesagt Chris?"
C: Was wäre, wenn ich dich jetzt fragen würde? Wenn ich dich jetzt fragen würde, ob du mich heiraten willst?"
Ich dachte immer, ich hätte auf alles eine Antwort und würde mit jeder Situation zurechtkommen, aber das ist der Moment, der mir das Gegenteil beweist.
J: Wir sind gerade mal zehn Monate zusammen Chris..."
C: Und? Ich liebe dich schon so viel länger Julia. Ich liebe dich seit unserem ersten Kuss."
Das er sich daran erinnern kann. Ich will meinen Blick gerade von ihn abwenden, als er einen Hand unter meinen Kopf legt und seinen Blick wieder zu sich richtet.
J: Der 31. Oktober 2000..."
C: Die Party unseres Abi Jahrgangs damals. Es war nur ein dummes Spiel...aber ich konnte den Moment niemals vergessen. Ich habe mich deswegen von Anna getrennt, denn...ich habe gemerkt, dass ich sie nicht liebe...sondern meine beste Freundin."
Auch wenn Ben mich damals verlassen hatte, es war wegen Chris und ja, ich war seitdem in ihn verliebt und wollte es mir nur nicht eingestehen oder glauben.
C: Ich liebe dich seit über 20 Jahren Julia und ich weiß, dass sich daran nichts mehr ändern wird. Du bist alles, was ich jemals haben wollte."
J: Und du bist alles, was ich im Leben brauche..."
Chris lächelt wird wieder breiter, als er auch noch seine zweite Hand an meinen Kopf legt und mich anschaut.
C: Also?"
Gott...ich muss betrunken sein, dass ich das jetzt wirklich sage.
J: Okay...lass uns heiraten..."

Bevor ich auf meine eigenen Worte reagieren kann, legt er vorsichtig seine Lippen auf meine. Ich greife in den Moment nach seinen Armen, nach dem Hemd und hole ihn noch etwas näher zu mir. Während des Kusses merke ich, dass er anfängt zu lächeln und diesen Blickt zeigt er mir auch, als wir beide uns wieder anschauen.
J: Wir haben dann aber viel zu organisieren und zu planen. Vielleicht sollten wir..."
Chris unterbricht mich, weil er mir wieder einen kurzen Kuss gibt. Danach schaue ich still zu ihm rauf.
C: Ich möchte dir wenn noch einen richtigen Antrag machen und nicht eine halbe Sache."
Zuerst bin ich still, dann muss ich aber anfangen zu lachen und Chris kurz darauf auch.
J: Du bist seltsam Chrissy. Warum fragst du mich hier dann überhaupt?"
C: Weil ich wissen wollte, ob ich allein mit dem Gedanken bin oder nicht und außerdem..."
Er schaut zuerst zu meiner Cousine zurück, bevor auch ich zu ihr schaue. Wie sie glücklich mit ihrem Ehemann am Tisch sitzt, lacht und etwas trinkt.
C: Das heute ist deren Tag und den sollten wir hier jetzt nicht ruinieren."
Ich nicke und richte meinen Blick wieder zu Chris rauf.
J: Hast recht...mach aber bitte nichts großes daraus Chris...du weißt, dass ich sowas hasse..."
Er lacht, legt seine Arme um mich und drückt mich an sich, sodass er mir kurz darauf einen Kuss aufs Haar drücken kann. Ich muss betrunken und bescheuert sein, dass ich da zugestimmt habe...oder einfach hoffnungslos verliebt...

Da ich wieder zu meiner Cousine gehen wollte, hat auch Chris seine Sachen genommen und sich zu uns gesetzt. Dabei hatte er für sich und für mich nochmal etwas zu trinken besorgt und sitzt am Tisch jetzt neben mir. Unter dem Tisch greift er nach meiner Hand, wobei er meine Aufmerksamkeit auch gleich zu sich zieht.
Kai: Hatten wir uns vorher schonmal gesehen Christian?"
Erst lässt er seinen Blick noch bei mir, wobei ich gleich sehen kann, dass ihm diese Frage Angst macht und ihn nervös erscheinen lässt.
C: Ich denke nicht...wir beide sind noch nicht allzu lange zusammen. Nicht mal ganz ein Jahr, daher können wir uns nicht kennen."
Wir beide bemerken, dass Kai nachdenkt, bis seine Frau eine Hand auf seine Schulter legt.
Lina: Ich habe zu Hause einige Fotoalben und die beiden sind seit frühster Kindheit schon beste Freunde. Dort hattest du ihn vermutlich mal gesehen Kai."
Auch wenn man ihn ansieht, dass er mit dieser Antwort nicht komplett zufrieden ist, Kai nimmt diese Antwort hin und Chris wirkt sichtlich entspannter danach.

Wir beide blieben eine Zeit noch auf der Feier meiner Cousine. Gegen zwei am Morgen wollten Chris und ich dann aber auch gehen. Wir beide verabschiedeten uns, versprachen, dass wir nochmal zu Besuch kommen und gingen danach. Das Hotel ist in der Nähe, daher gingen wir zu Fuß. Auf den Weg zog Chris irgendwann sein Jackett aus, damit er es mir über die Schultern legen kann. Ich friere auch einfach immer und das bekommt er auch immer mit. Danach nahm er meine Hand, gab mir einen kurzen Kuss auf den Handrücken und hielt sie danach auch den ganzen Weg fest. Ich kann irgendwie noch nicht so ganz begreifen oder verstehen, dass ich diesen Mann wohl heiraten werde...