Kapitel 183

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Ich laufe mit meinem Handy durch das Haus, was endlich fertig ist...außer, dass die Möbel aus der Wohnung in Herford noch fehlen. Aber die Wände sind gestrichen. Das, was neu aufgebaut werden musste steht...nach einen kleinen Akt der Verzweiflung...und das Haus nimmt endlich Form an. Diejenige, die das nur über Facetime sehen kann, ist dabei Julia, die noch nie in diesem Haus war, seitdem wir es umbauen. Sie kennt es daher nur als Bruchbude, wie wir es gekauft hatten.

Als ich oben im Büro bin, lasse ich mich auf meinen Stuhl fallen, immerhin hatte ich bei ihr keinen in der Wohnung. Mein Handy halte ich fest und es ist der Moment, wo ich lächeln muss, weil sie es muss. Weil es abgeschlossen ist. In drei Wochen wohne ich hier, dann ist das hier mein zu Hause und bald wird sie auch hier sein.
C: Und? Was sagt Frau Reinelt zum Haus der Familie Reinelt?"
Julia muss lachen und würde sie neben mir sitzen, dann würde sie mir vermutlich leicht gegen die Schulter schlagen. Sie hatte mir immer wieder noch gesagt, dass sie sich auf Unterlagen und Papieren verschreibt, da sie sich an den Nachnamen noch immer nicht gewöhnt hat. Sie ist gerade in ihrem Büro, hat sich dort eingeschlossen, damit wir beide miteinander reden können. Ich wollte das unbedingt, da ich gerade noch hier bin.
J: Du hast sehr viel Arbeit darein gesteckt Chrissy. Es ist wirklich so, wie wir uns das vorgestellt haben."
Auch wenn ich es nicht zugeben will, sie ist von uns beiden vermutlich diejenige, die nicht derartig tollpatschig hierbei gewesen wäre. Handwerklich war ich besser, aber eher beim Bauen und Konstruieren. Bei zu alltäglichen Dingen stellte ich mich immer schon ziemlich ungeschickt und dumm an. Aber ja, ich habe es geschafft, das ist unser Haus und es ist genauso, wie wir es haben wollten.

Julia lächelt schwach. Ich habe in den letzten Tagen schon mitbekommen, dass sie immer etwas erschöpft und müde wirkt. Was sie dort in der Klinik leisten muss, kann ich mir auch gar nicht vorstellen und ich kann mir aber denken, dass es sie sehr viel Kraft, Zeit und Energie kosten mag.
C: Du siehst müde aus Maus."
Ich stehe wieder von meinem Platz auf und lasse den Raum hinter mir, damit ich auf der Treppe wieder nach unten laufen kann ins Wohnzimmer. Dort oben ist es zu kalt, als dass ich eine längere Zeit dort bleiben kann und will. Unten im Wohnzimmer habe ich nur eine Decke, auf die ich mich setzen kann, wovor mein Mac auf einen kleinen Beistelltisch steht. Dagegen lehne ich mein Handy und nehme mir meinen Teller. Bevor wir angefangen hatten zu telefonieren, habe ich mir was zum Essen gemacht. Küche einmal testen und ja, es funktioniert hier alles.
J: Es gibt hier gerade so viel zu tun und die Nächte werden auch immer kürzer, da ich in den letzten zwei Wochen so viele Operationen begleitet habe...ich brauche echt eine Auszeit."
C: Versuchen sie dir diese zu geben?"
Julia nickt leicht und lässt sich etwas in ihren Stuhl fallen. Danach geht sie mit ihren Händen durch ihre Haare und reibt sich einen Moment die Augen, bevor sie wieder zu mir schaut.
J: Sie versuchen es, aber hier steht so viel einfach noch an..."

Ich rede mich immer drum herum sie zu fragen, was bei ihr los ist, wie es voran geht und was noch so ansteht. Einfach aufgrund der Angst, ich müsste etwas zu hören bekommen, was ich nicht hören will, aber ich kann nicht immer nur von zu Hause reden, als würde sie mich nicht interessieren. Außerdem geht es nicht, wenn sie mir derartig gegenüber sitzt.
C: Was gibt es denn neues aus der Klinik Maus?"
J: Die ganzen Ärzte sind jetzt endlich hier, die auch hier später arbeiten sollen, wenn wir als Team weg sind. Daher muss ich bei den ganzen Operationen dabei sein, aushelfen und schauen, dass alles den Normen entspricht."
C: Und wie machen sie sich?"
Ich trinke zwischendurch etwas und stelle meinen Teller bei Seite, als ich fertig bin. Julia schaut zuerst zu mir in die Kamera, bevor sie sich etwas in ihren Raum umschaut, nachdenkt und ich glaube, dass sie mir die Antwort und die Wahrheit auch nicht sagen will.
J: Ganz okay, denke ich. Aber das alles dauert länger und verzögert sich. Materialien sind nicht da oder können nicht geliefert werden. Die Bauarbeiten dauern, da hier gerade Sommer ist und man kann hier nicht am Nachmittag arbeiten. Fristen werden nicht eingehalten, die die Organisation stellt."
Sie muss seufzen, schließt ihre Augen und lässt den Kopf einen Moment in den Nacken fallen.
J: Es dauert alles so viel länger, als es sollte und als wir dachten..."

Das war es wohl, was sie mir nicht sagen wollte. Ich kam schon nicht mit den Gedanken klar, als ich wusste, dass ich sie erst im Februar wiedersehen werde und so wie das klingt, wird es noch länger als das dauern. Sie meinte, es kann sich um ein bis drei Monate verzögern und wenn ich daran denke, verkrampft sich wieder etwas in mir. Ich halte diese Wochen gerade so aus und überlebe manche Tage nur. Manche gehen besser als andere. Manche laufen ganz gut, andere muss ich überstehen und ich sehne nach dem Aufstehen den Abend schon entgegen, da ich es einfach nicht aushalte. Meine Freunde und Familie fangen mich auf, aber gerade bräuchte ich einfach nur sie. Einfach nur Julia.

Julia bekommt meine Blicke mit, die ich immer wieder von ihr abwende, wenn sich unsere Blicke treffen. Sie kann sich denken, dass ich diese Sachen wieder kaputt denke, wie so viele Augenblicke in meinem Leben schon.
J: Ich vermisse dich Chrissy."
Dieser kurze Satz bringt mich aber zu einem verlegen Lächeln, was ich ihr auch wieder zeige, sodass wir uns wieder anschauen.
C: Ich vermisse dich auch Mäuschen. Das Haus ist so leer ohne dich, die Wohnung so einsam."
J: Was soll ich sagen? Die Unterkunft hier...ohne dich ist das niemals ein zu Hause. Ich wünschte du wärst bei mir."
Ich greife nach meinem Glas und will etwas trinken, schaue sie aber vorher an und fangen an zu lächeln, sodass sie es auch wieder muss.
C: Ja, das wäre schön."

Ich trinke etwas und lasse meinen Blick hinter meinen Mac schweifen, wo meine gepackte Tasche bereits steht. Gerade ist es 14 Uhr und ich habe Julia angerufen, da ich heute Abend nicht mit ihr sprechen kann. Andreas wird mich gleich abholen und fährt mich zum Flughafen nach Hannover. Julia weiß das nicht, aber morgen früh bin ich wieder bei ihr in Südafrika...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt