Kapitel 172

52 5 0
                                    

Julia und ich haben die Zeit zusammen, wie sie in den letzten Tagen auch immer aussah, zusammen genutzt und genossen. Wir waren zusammen noch viel unterwegs. Jede Stunde, die sie Zeit hatte, waren wir zusammen und wir haben jeden Moment genutzt, damit wir die Dinge erledigen und planen können, die gerade bei uns anstehen.

Am Montag stehen wir beide früh am Morgen, eigentlich mitten in der Nacht, wieder am Flughafen in Kapstadt, da es für mich wieder nach Hause geht. Mein Gepäck konnte ich bereits aufgeben und jetzt stehe ich vor dem letzten Check, bevor ich zum Flug gehen kann. Einen Moment schaue ich zur Kontrolle, wo gerade schon einige anstehen und dann schaue ich wieder zu Julia runter. Ja, wir beide hätten gerne mehr Zeit zusammen und es wäre für uns mehr als schön, würden wir uns nicht wieder voneinander verabschieden müssen. Aber dieses Mal ist es nicht derartig traurig, wie vor knapp drei Monaten. Die Hälfte der Zeit ist jetzt geschafft, wir hatten eine schöne Zeit zusammen und jetzt muss ich wieder gehen. Als ich Julia anschaue, lächelt sie ganz leicht und ich muss das dann sowieso.

Zuvor hatte ich meine Tasche auf den Boden gestellt, diese hänge ich mir jetzt wieder über die Schulter, sodass ich bald gehen kann.
J: Melde dich bitte, wenn du gelandet bist Chrissy."
C: Das werde ich machen Maus, versprochen."
Julia merkt, dass ich unruhig und nervös bin. Liegt nicht am Abschied, sondern an diesem Ort, den ich niemals leiden werde. Um mich etwas zu beruhigen, nimmt sie mich in Arm, sodass ich meinen Kopf noch einen Moment auf ihren ablegen kann.
J: Du wolltest als kleiner Junge Pilot werden Chrissy...das könnte ich niemals vergessen."
Ich muss darüber lachen, da ich mich daran natürlich auch erinnern kann. Hätte damals doch nicht wissen können, dass das Fliegen mal etwas derartig schlimmes für mich sein würde. Mit sieben Jahren habe ich noch nicht mal ein Flugzeug von innen gesehen und nachdem ich das erste Mal geflogen bin, konnte ich auch gleich wieder darauf verzichten. Für sie würde ich aber alles auf mich nehmen. Selbst einen zwölf Stunden langen Flug.
J: Pass auf dich auf...und wenn etwas sein sollte, dann rede bitte mit mir oder mit jemand anderen Chris. Wir wollen nur helfen."
Wir lösen uns aus der Umarmung, sodass wir uns beide wieder anschauen können. Auf ihre Aussagen nicke ich wieder und verspreche ihr auch das.
C: Ich muss jetzt los Maus, mein Flug geht bald und ich muss noch durch den Sicherheitscheck. So wie ich mich kenne, werde ich auch wieder rausgezogen."
Julia lacht zuerst, bis ich eine Hand unter ihren Kopf lege und sie noch ein letztes Mal küsse, bevor ich gleich gehen muss und dann wird das wieder nicht möglich sein.

Wir schauen uns danach wieder an. Dieses Mal ohne die größten Gefühlsausbrüche. Nein, wir beide lächeln ganz verlegen, da das hier immerhin ein öffentlicher Ort ist und sonderlich sicher und gut in all dem waren wir beide noch nie.
C: Ich liebe dich Julia...bis bald."
Danach, als sie nichts mehr sagt, sondern nur ihren Blick verlegen abwendet, mache ich mich auf den Weg zur Kontrolle.
J: Bis bald Chrissy!"
Ich muss lachen, wende meinen Blick von den anderen ab, da mir das dezent unangenehm ist, drehe mich aber dennoch nochmal zu ihr um, damit ich ihr winken kann, bevor ich bei der Kontrolle ankomme. Wer wurde am Ende wieder rausgezogen und einzeln kontrolliert? Kann man sich da irgendwo beschweren, denn so oft kann das wirklich keinem passieren. Warum immer ich?

Ich habe bis heute nicht rausgefunden, wo ich am liebsten im Flugzeug sitze, da jeder Platz für mich die einzige Katastrophe ist. Ich treffe auch immer die falsche Entscheidung, egal, was ich am Ende mache. Ich sitze dieses Mal am Gang, habe etwas Beinfreiheit und versuche die Ruhe zu bewahren. Als wir in Turbulenzen kommen und meine Angst mich wieder einnimmt, spricht die Frau neben mir zu mir. Sie kommt aus Frankreich und hatte hier ihre Familie besucht. Auch sie sehen sich selten und diese Tage, wo sie herkommen kann, sind sehr selten, aber sie ist für jede Minuten, die sie haben, dankbar. Sie lenkt mich vom Flug ab, von dem Umständen, sodass ich den auch irgendwie überlebe. Ich habe in den ganzen Stunden kein Auge zubekommen, dafür war die Panik dann doch zu groß, aber immerhin bin ich jetzt wieder auf sicheren Boden und bald auch wieder zu Hause.

Am Flughafen Hannover muss ich einen Moment auf mein Gepäck warten. In Südafrika war es mir heute morgen viel zu warm, als ich mich angezogen habe. Hier friere ich, da es beinahe Oktober ist. Ich warte und bekomme meinen Koffer, mit dem ich diese Halle endlich verlassen kann. Hier habe ich auch nicht das Problem, dass ich meinen Bruder nicht finden kann, ihn würde ich immer sehen. Er geht so schnell nicht unter und selbst wenn, dann würde er sich bemerkbar machen.
A: Hey Bruder!"
In etwa so. Ich lache, als ich ihn sehe, wie er zu mir kommt und mich zuerst einmal umarmt. Ja, ich habe meine Frau vermisst, als ich hier allein zu Hause war. Jetzt, wo ich so lange von zu Hause weg war, habe ich aber auch meine restliche Familie sehr vermisst und bin froh, dass ich sie jetzt wieder für mich habe.
C: Ich habe dich vermisst Bruder."
Wir schauen uns an und normal würde Andreas darüber wohl lachen. Dieses Mal aber nicht, jetzt nickt er nur und bestätigt, dass es ihm ähnlich ging. Danach nimmt er meinen Koffer, wir verlassen endlich dieses Gebäude und gehen zu seinem Auto.
A: Ich hoffe, dass ich dir nicht zu nahe trete, aber...du siehst deutlich besser aus."
C: Mir geht es auch deutlich besser Andreas. Entschuldige, dass ich dir so viele Probleme gemacht habe. Ich werde mich bessern."
Er lächelt, nickt und verstaut mit mir mein Gepäck, als wir beim Auto sind.

Nach etwas über einer Stunde lässt er mich in Herford vorm Wohngebäude raus. Es ist irgendwas mit zehn am Abend, aber ich bin komplett fertig. Oben angekommen, lege ich alle Sachen einfach ins Wohnzimmer, schreibe Julia schnell, dass ich gut angekommen bin und dass ich ihr eine gute Nacht wünsche, bevor ich selbst ins Schlafzimmer gehe. Vors Bett lege ich fast meine gesamten Klamotten, bevor ich mich wieder auf die linke Seite lege. Einen kurzen Moment schaue ich zur rechten Seite, habe dann ein schwaches Lächeln auf den Lippen, bevor ich mich zur Seite lege und mich zudecke. Hier ist es kalt und nicht mehr fast dreißig Grad war. Aus Erschöpfung vom Tag schlafe ich recht schnell ein, aber der letzte Gedanke, den ich noch habe, ist Julia. Dass sie wohl bei sich zu Hause auf der rechten Seite liegen und an mich denken wird...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt