Kapitel 43

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Am Abend schleppte er mich, wie er es auch meinte, in eine kleine Bar in Herford. Ich hatte zu Beginn ein paar Sorgen, dass er mal wieder er ist, aber Chris blieb den Abend über neben mir sitzen und schenkte mir die komplette Aufmerksamkeit. Eigentlich kann ich mich auch an keinen Moment erinnern, wo wir beide weg waren und wo er dann mit einer anderen Frau sprach. Das machte er immer nur dann, wenn er allein unterwegs war.

Da Chris schon etwas Geld verdiente und ich fast alles fürs Studium ausgeben musste, zahlte er an den Abend. Ich fühlte mich dann immer schlecht und versprach ihn, sobald ich etwas verdiene, würde ich es genauso machen, aber davon wollte er nichts hören. Für Chris war Geld noch nie so wichtig, als dass er es für irgendwelche sinnlose Dinge ausgab. Ich liebte seine Sicht auf diese Dinge, dass er dadurch nie abgehoben wirkte. Er liebte die kleinen Momente, die, die man nicht kaufen oder bezahlen konnte, die man nie wiederbekommen könnte.

Chris stellte mir ein Glas Wein auf den Tisch und setze sich wieder zu mir.
C: Du siehst müde aus Maus."
Ich nickte nur leicht. Ich war heute morgen unfassbar früh wach, bin die Nächte wach gewesen und komme nicht zur Ruhe. Das zieht alles an meinen Kräften und ich war zu den Zeitpunkt einfach nur noch müde und erschöpft.
J: Ich glaube, ich brauche morgen noch eine Auszeit, damit ich den Schlaf nachholen kann."
Er lächelte mich damals so ruhig und zugleich besorgt an. Chris hatte so verschiedene Seiten an sich. Bei mir machte er sich immer Sorgen. Mich hatte er immer beschützt. Meine Freunde, oder die, mit denen ich theoretisch in eine Beziehung kommen könnte, betrachtete er immer genaustens. Er blieb irgendwie der Mann, der sich wie mein großer Bruder verhielt. Ich konnte ihm daher nie lange böse sein, egal, was er auch machte.
C: Ich werde dich morgen dann in Ruhe lassen, gehe in die Werkstatt arbeiten und mache uns abends etwas zum Essen."
Ich lächelte ihn verlegen an. Wie konnte er damals schon so liebenswert und süß sein und zugleich zu den anderen Frauen so abweisend und gleichgültig?
J: Danke Chris...du rettest mich damit sehr..."

Während wir dort beide saßen und uns über das unterhielten, was in den letzten Wochen in den Hintergrund geriet, da ich immer unter Stress stand, merkte ich, dass mich die ganze Zeit ein Mann von einem anderen Tisch anschaute. Ich sah ihn zwischendurch mal an, aber wendete den Blick immer dann ab, wenn er zu mir schaute.
C: Und?"
Ich erschreckte mich, als Chris mich grinsend anschaute. Er hatte das gemerkt, was der Mann und ich hier taten. In meinem Studium, in der Vorklinik, hatte ich noch einen Freund, aber wir trennten uns, als er weggezogen ist. Danach den ein oder anderen für die Nacht, aber dann blieb ich einfach allein für mich.
C: Sollte ich dich mal allein lassen?"
J: Wag es dir nicht Chrissy."
Er wusste schon immer, wie er mich aufziehen kann und nutze das aus. Immer auf eine humorvolle Weise.
C: Ach, da hinten stehen ein paar meine Freunde aus dem Verein. Ich schaue mal zu denen hin."
J: Chris!"
Er nahm trotzdem sein Glas, stand auf und ging zu seinen Freunden. Dieser Mann macht mich manchmal auch verrückt.

Chris schaute mich einen Moment noch an, verwickelte sich dann aber in irgendwelche Gespräche und verlor mich aus den Augen.
Alex: Hey..."
Ich musste mich in den Moment wirklich zusammenreißen, damit ich hier irgendwie etwas logisch sage und man mir die Müdigkeit nicht anmerkte.
J: Hey. Setz dich gerne."
Er lächelte, stellte sein Glas mit ab und setze sich zu mir. Er lächelte mich freundlich, aber etwas nervös an. Scheinbar ging es ihm nicht besser als mir.
J: ich heiße übrigens Julia."
Alex: Das ist ein sehr schöner Name. Ich bin Alex. Der Mann, mit dem du hier bist..."
Ich lachte etwas. Eigentlich war es kein Wunder, dass keiner von uns jemals angesprochen wurde, wenn wir zusammen unterwegs waren.
J: Er ist nur mein Mittbewohner und bester Freund. Nicht mein Partner."
Alex atmete damals erleichtert aus und es war ihm sichtlich unangenehm, als er sah, dass ich das mitbekam.
Alex: Entschuldige, aber ich bin nicht sonderlich gut bei sowas...was machst du denn hier? Ausbildung, Studium?"
J: Ich studiere noch, zehntes Semester Medizin."
Alex: Eine angehende Ärztin, sehr beeindruckend. Ich bin im achten Semester für Lehramt. Mathematik und Sport.
J: Dann bist du vermutlich ein Jahr jünger als ich. Studierst du auch in Bielefeld?"

Wir haben uns eine lange Zeit am Abend unterhalten, etwas getrunken und kamen ins Gespräch, lernten uns etwas besser kennen. Im Hintergrund sah ich noch immer Chris, der zwar mit seinen Freunden sprach, aber er schaute dort vermehrt zu mir. Seine stumme Frage, ob wir langsam nach Hause wollten, verstand ich und bereit fürs Bett wäre ich definitiv.
Alex: vermutlich bist du gerade sehr im Stress, oder?"
Ich wendete mich wieder zu Alex hin und nickte beiläufig, während ich mein Glas austrank.
J: Ich lerne gerade sehr viel und das nimmt mir eine Menge Schlaf. Ich hoffe du verübelst es mir nicht, dass ich deswegen nach Hause würde. Es liegt nicht an dir...ich...würde dich gerne nochmal treffen...wenn du das auch willst."
Er lächelte, nickte sofort und fragte danach den Barkeeper nach einem Zettel und einen Stift.
Alex: Nachmittags bin ich immer erreichbar, aber...wollten wir und für Samstag hier treffen?"
J: Um 20 Uhr dann wieder hier?"
Er gab mir den Zettel und nickte dann.
J: Sehr gerne. Wir sehen uns dann am Samstag um 20 Uhr wieder hier."
Alex: Ich freue mich drauf. Viel Erfolg dir noch Julia und...bis Samstag."
Ich lächelte ihn nochmal verlegen an, stand danach auf und ging zu Chris, mit dem ich die Bar dann auch verließ...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt