Kapitel 86

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Hätte ich den Samstag dafür nutzen sollen, dass ich wirklich Mal auf andere Gedanken komme? Vielleicht hätte ich mich mit Freunden treffen sollen. Eine Liste anlegen, was für und gegen die Wahrheit spricht. Meine Gefühle mir selbst definieren. Eventuell ein Gespräch mit meinem Papa halten, der immer für mich da ist. Rauskommen. Ich hätte für einen Tag wegfahren können. Raus aus Herford und raus aus dem, was mich gerade einengt. Ja, das alles hätte ich machen können und vermutlich wäre es auch die bessere Entscheidung gewesen...aber jetzt sitze ich in meinem Auto vor der Arena in Halle, Westfalen, und lasse mich in den Sitz fallen.

Mein Pass liegt die ganze Fahrt bereits schon neben mir. Ich habe den seit über zwei Jahren. Chris gab ihn mir damals fürs Stadion. Chris...von dem hätte ich wegkommen müssen, einen Tag raus aus dem, was er mit mir macht, aber trotzdem sitze ich wieder hier und musste nicht lange nachdenken, dass ich an meinen freien Tag zu meinem besten Freund will, der sich gewünscht hat, dass ich heute hier bin.
J: Ich bin ein hoffnungsloser Fall..."
Ich greife nach dem Pass und steige im Anschluss aus meinem Auto aus. Das schließe ich ab und gehe dann zum Seiteneingang. Jedes Mal muss ich ewig danach suchen, bis ich den richtigen gefunden habe.
Security: Was wollen Sie hier?"
Wenn man aber von einem großen Mann in Schwarz angesprochen wird, ist man zumeist an der richtigen Tür.
J: Ich will zu Chris und Andreas. Ich bin eine Freundin."
Ich zeige ihm meinen Pass vor, den er sich anschaut. „Begleitung von Chris Ehrlich", darunter seine Unterschrift und der Stempel der Firma. Der Mann schaut mich dann wieder an und nickt mir zu, danach öffnet er mir die Tür, sodass ich reingehen kann.
J: Dankeschön."

Ich werde mich in solchen Gängen nie zurechtfinden, das wusste ich schon vor vielen Jahren. Die Gänge im Krankenhaus erscheinen mir entgegen den Arenen immer logisch. Hier suche ich immer eine Ewigkeit, bis ich fündig werde. An einen der Gänge hängt zum Glück ein Hinweis, dass das der Gang zur Bühne ist. Dort gehe ich auch lang. Die Arbeiter ignorieren mich, haben ihre Aufgaben und laufen strickt an mir vorbei. Ich sehe die Kabinen von Andreas und Chris. Beide leer. Dann komme ich aber endlich bei der Bühne an, sehe Chris und stocke zugleich.

Er steht dort mit einer anderen Frau. Chris hält sie an den Schultern fest, beide schauen sich an, haben mich noch nicht bemerkt. Ich weiß, dass Chris früher vieles getan hätte, um so jemanden wie sie zu bekommen...oder hat er viel dafür getan? Hat er mir das einfach nur noch nicht gesagt? Er selbst redet ungerne über seine Freundinnen, aber er hätte mir doch gesagt, wenn er verliebt ist...oder? Es hat mich eigentlich auch nicht zu interessieren. Zwischen uns existiert nichts. Er kann machen, was immer er will und auch mit wem er will...aber ich will das nicht.
C: Julia..."
Als er mich dann doch mitbekommt, lässt er sie sofort los, geht ein paar Schritte von ihr weg. Wir beide schauen uns so starr an, als wäre zwischen uns gerade irgendwas passiert. Dabei ist zwischen uns nichts.
J: Hey Chrissy."
Bevor irgendwas anderes passieren würde, kommt er sofort zu mir und nimmt mich fest in Arm. Chris drückt mich fest an sich, als würde er versuchen sich für das, was ich eben gesehen hatte, zu entschuldigen, zu erklären.
C: Ich dachte, dass du arbeiten musst."
Er lässt mich zwar los, hält meine Hände allerdings noch fest. Ich schaue einen Moment wieder zur Frau hin, die neben der Bühne steht und uns anschaut.
J: Ich habe frei bekommen vom Leiter, daher bin ich gekommen."
Chis bemerkt auch meine Blicke und schaut wieder zu ihr hin. Kurz darauf geht er mit mir etwas näher zu ihr hin.
C: Julia, das ist meine Arbeiterin Alina. Sie führt mit mir eine Illusion auf. Wir hatten eben gesprochen, daher habe ich dich nicht bemerkt."
Er erklärt sich panisch, dass ich ihm glauben muss. Es ist nur eine Arbeiterin.

Es wird nach Chris gerufen. Daher schaut er mich nochmal an und geht danach einen Moment zu einem Arbeiter.
Al: Ich bin nur eine Arbeiterin, eine Angestellte."
Ich schaue wieder zu Alina hin. Sie mustert mich einen Moment. Kennt sie mich? Ich habe sie vorher noch nie gesehen...aktiv noch nie gesehen. Also die Illusion habe ich damals im Stadion schon mitbekommen, aber mit ihr habe ich zuvor noch kein Wort gewechselt.
Al: Ich bin verlobt und würde niemals im Leben etwas mit Chris anfangen. Er ist mir dafür zu kompliziert."
J: Chris ist nicht kompliziert."
Diejenigen, die Chris als „kompliziert" ansehen, kennen ihn einfach nur nicht gut genug.
Al: Wir hatten uns eben gestritten, daher stand er vor mir. Ich bin ihm oftmals zu direkt, daher existieren wir nur auf Arbeit."
J: Chris war immer schon so. Chris kommt mit strenger Direktheit nicht klar. Chris war immer schon sensible."
Warum muss ich mich wieder für ihn erklären? Warum verteidige ich ihn wieder, auch wenn ich das überhaupt nicht müsste? Alina schaut mich lange an, bevor sie weggeht. Ich bleibe dort stehen, bis Chris wieder zu mir kommt.
C: Tut mir leid...hätte ich gewusst, dass du kommst, dann..."
J: Ich möchte nicht, dass du wegen mir irgendwas verlegst Chrissy."
Er lächelt mich danach leicht verlegen an, schaut im nächsten Moment aber hinter der Bühne umher. Sucht er jemanden? Alina?

Bevor ich mir darüber den Kopf zerbrechen könnte, greift er plötzlich nach meiner Hand und geht mit mir die Flure runter.
J: Hast du keine Probe mehr?"
C: Die Probe mit Alina ist immer die letzte am Tag, danach habe ich Schluss. Ich habe eben gesagt, dass ich über den Sender erreichbar bin, aber Besuch habe."
J: Ich mache alles wieder nur komplizierter."
C: Sag sowas nicht."
Er schaut zu mir nach hinten und zeigt mir einen etwas ernsteren Blick. Immer noch so, dass er es als Spaß meint, aber damit ich weiß, dass es nicht einfach daher gesagt ist.
C: Du machst niemals irgendwas komplizierter. Ich freue mich, dass du hier bist, wirklich. Das bedeutet mir viel Maus...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt